Olympische Spiele haben die Welt noch nie friedlicher gemacht
Nordkoreas Diktator Kim Jong Un nähert sich vor den Olympischen Spielen dem verfeindeten Nachbarn Südkorea an. Doch das hat keine Bedeutung. Olympia hat noch nie Frieden gebracht.
Wenn sich im alten Griechenland zwei Boxkämpfer gegenüberstanden, ging das gerne tödlich aus. Das Streben nach dem Sieg war ein absolutes. In der Antike endeten Olympische Spiele deshalb selten mit der gleichen Anzahl an Athleten, mit der sie begonnen hatten. Das ist heute zwar auch nicht anders, hat aber weniger mit Todes-, als mit Dopingfällen zu tun.
Olympische Spiele heute: Der Mammon hat Zeus verdrängt
Bis zu fünf Tage dauerte das Spektakel in Olympia damals und war in erster Linie ein religiöses Fest zu Ehren des Göttervaters Zeus. Dem gefiel es offenbar, wenn es eher grob zur Sache ging. Als die Römer in Griechenland einmarschierten, war das Ende der Olympischen Spiele besiegelt.
Pierre de Coubertin erweckte rund 1500 Jahre später die alte Idee zu neuem Leben. Die ersten Spiele der Neuzeit fanden 1896 in Athen statt. Seitdem ist aus dem kleinen Sportfest ein weltumspannendes Ereignis geworden. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) verdient Milliarden Dollar mit dem Verkauf von Übertragungsrechten und Werbung. Mammon hat Zeus verdrängt.
Die Olympischen Spiele der alten Griechen haben mit den Olympischen Spielen der Moderne nicht mehr viel gemeinsam. Und doch haftet dem sportlichen Wettstreit eine zeitlose Faszination an. Es ist dessen archaische Schönheit und Schlichtheit. Um diese entspannt genießen zu können, hatten sich die Mächtigen in den Tagen der griechischen Hochkultur eine Friedenspflicht auferlegt. Während die Athleten durch das Stadion rannten, schwiegen die Waffen.
Eine derartige Pflicht zum friedlichen Miteinander während der Spiele gibt es heute nicht mehr. Denn auch wenn sich das IOC in maßloser Selbstüberschätzung als Förderer des Friedens versteht, geht es Konflikten mit den Mächtigen der Welt am liebsten aus dem Weg – und wird so zu deren Spielball.
Und auf einmal sind alle Provokationen weggewischt?
Das ist auch jetzt nicht anders, wenn sich Nordkoreas Diktator Kim Jong Un dem verfeindeten Südkorea annähert. Nur 80 Kilometer liegt Pyeongchang, die Gastgeberstadt der Olympischen Winterspiele, von der mit Mauern, Stacheldraht und Soldaten gesicherten Grenze zu Nordkorea entfernt. Kim Jong Un will sich einen Auftritt auf der größten Bühne der Welt, die direkt vor seiner Haustüre steht, nicht entgehen lassen.
All die Provokationen der jüngeren Vergangenheit wischt er vom Tisch. Der ins Pubertäre abgeglittene Atomknopf-Streit mit US-Präsident Donald Trump – vergessen. Urplötzlich setzt der Diktator mal wieder auf politisches Tauwetter. Südkorea nimmt diesen lässig hingeworfenen Brocken der Annäherung dankbar auf. Besser als nichts. Ob daraus aber ein dauerhafter Friedensprozess wird?
Noch selten haben Olympische Spiele die Welt zu einem friedlicheren Ort gemacht. Ganz im Gegenteil, allzu oft schon wurden sie für dunkle Zwecke missbraucht. 1936 sonnte sich Nazi-Deutschland im Glanz der Ringe. 1972 griffen palästinensische Terroristen in München die Mannschaft Israels an. 1980 artete in Moskau der Kalte Krieg in einen Boykott plus Gegenboykott aus. 2014 präsentierte sich Russland als perfekter Gastgeber, während in der Ukraine das Sterben begann.
Der olympische Friede ist eine Illusion. Er kann gar nichts anderes sein. Sport ist keine Wunscherfüllungsmaschine, die politische Gegebenheiten hoppla hopp hinwegfegt. Kein Boxer wechselt mitten im Kampf seine Handschuhe gegen Wattebäuschchen.
Da macht der Streit zwischen Nord- und Südkorea keine Ausnahme. Die Spiele werden weiter ziehen, die Fronten werden bleiben.
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