Bayerns Wirtschaft lässt viele Chancen ungenutzt
Bereits vor fünf Jahren hat der Zukunftsrat zehn zentrale Innovationsfelder identifiziert. Die Erwartungen erfüllten sich aber bisher nur zur Hälfte.
Kann der Roboter ein Freund werden? Spitzenvertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und Staatsregierung in Bayern sind der Meinung, dass das geht. Gerade jetzt, in Zeiten von Vollbeschäftigung und Fachkräftemangel, so sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gestern bei einer Pressekonferenz des Zukunftsrats der bayerischen Wirtschaft in München, solle die Gelegenheit für technische Innovationen genutzt werden: „Es war in der Geschichte immer so: Wenn der Mensch knapp war, hat die Technik wieder angeschoben.“
Seit mittlerweile fünf Jahren geht der Zukunftsrat der Frage nach, welche technologischen Entwicklungen den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort herausfordern und wo besonderer Handlungsbedarf besteht, damit Bayern weiter erfolgreich bleibt. Gestern zogen die beiden Vorsitzenden, der Ehrenpräsident der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Alfred Gaffal, und der Präsident der Technischen Universität München, Wolfgang A. Herrmann, eine ziemlich durchwachsene Zwischenbilanz. „Die Ausgangslage in den Zukunftsfeldern ist nach wie vor gut, aber wir lassen immer noch zu viele Chancen ungenutzt“, sagte Gaffal. Herrmann warnte vor Selbstzufriedenheit: „Wer wohlhabend ist, der neigt dazu, sich daran zu gewöhnen.“
Bayern in einigen Bereichen hinter den Erwartungen zurückgeblieben
Zehn Zukunftsfelder hat das Gremium bereits vor fünf Jahren identifiziert. Die Erwartungen hätten sich laut der jüngsten Studie allerdings nur in fünf dieser Felder erfüllt: Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Digitalisierung, Ernährungs- und Lebensmitteltechnologien, Luft und Raumfahrt, neue Werkstoffe und Materialien sowie intelligente Verkehrssysteme und zukünftige Mobilität. In den anderen fünf Bereichen – Biotechnologie, Nanotechnologie, Energiesystemtechnologie, Gesundheitswesen und Industrieproduktion – sei die Entwicklung in Bayern hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
„Erfolgsfaktor Mensch“ soll stärker im Mittelpunkt stehen
Um in Zukunft besser zu werden, fordert der Zukunftsrat Unternehmer, Wissenschaft und Politik auf, den „Erfolgsfaktor Mensch“ in den Mittelpunkt zu rücken. Das gelte, so sagte Gaffal, „für die kulturelle Weiterentwicklung von Unternehmen, bei der die Mitarbeiter notwendige Neuerungen auch emotional mittragen müssen.“ Das gelte aber ebenso für die technologische Forschung. „Ihr Zweck muss es sein, dem Menschen zu dienen.“ Es gehe darum, so Herrmann, „dass uns der Roboter nicht fremd vorkommt, sondern am Ende als Freund erscheint.“
Mehr Risikobereitschaft in der Forschungsförderung
Wie die Vorsitzenden des Zukunftsrats so plädierte auch Wirtschaftsminister Aiwanger für mehr Aufgeschlossenheit gegenüber neuen technologischen Entwicklungen: „Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass wir wieder Lust auf Fortschritt bekommen.“ Dazu müssten Wirtschaft, Politik und Gesellschaft eine „Aktionsgemeinschaft“ bilden. „Wir können uns künftig Umweltschutz, soziale Wohltaten und dergleichen mehr nur leisten, wenn wir im internationalen Vergleich nicht zurückfallen“, sagte Aiwanger.
Weitere Handlungsempfehlungen des Zukunftsrats zielen auf mehr Risikobereitschaft zum Beispiel in der Forschungsförderung sowie auf eine beschleunigte Digitalisierung von Bildung, Verwaltung und Infrastruktur.
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