Erst K&L, jetzt Gerry Weber: Modehandel startet in ein Krisenjahr
Traditionelle Textilhändler haben es immer schwerer, sich in den Fußgängerzonen zu behaupten. In den nächsten Monaten könnte es noch dramatischer werden.
Am Ende ließen sich die Probleme von Gerry Weber nicht mehr kleinreden: Mitte Januar vermeldete das Unternehmen, dass der Gewinn für 2018 deutlich geringer ausfallen dürfte als geplant. In dieser Woche dann sackte der Aktienkurs des Textilhändlers ab – ohne Grund, wie es zunächst schien. Denn dramatische Nachrichten gab es in den vergangenen Tagen nicht. Am Freitag wurde jedoch klar, dass es schlechter um Gerry Weber steht als gedacht. Der Modehersteller, dessen Läden es in fast jeder Fußgängerzone gibt, ist pleite. Gerry Weber International hat nach eigenen Angaben beim Amtsgericht Bielefeld einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Konzerntöchter wie das Unternehmen Hallhuber sind davon nicht betroffen.
Nun will sich das Unternehmen aus eigener Kraft sanieren. Branchenkenner sind allerdings skeptisch. „Gerry Weber hat viele hausgemachte Probleme“, sagt Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Wie viele andere Händler leidet der Modeverkäufer unter der Konkurrenz aus dem Internet – und hat sich nicht schnell genug darauf eingestellt. Er habe nicht erkannt, dass der Kunde heute anders einkauft, sagt der Handelsexperte. Außerdem sei das Sortiment mit der Kundschaft gealtert und für eine neue, jüngere Zielgruppe damit kaum noch interessant.
Zara, H&M und Primark machen Händlern wie Gerry Weber Konkurrenz
Dazu kommen laut Heinemann Probleme, die die ganze Branche zu spüren bekommen hat: Traditionelle Modefirmen würden zerrieben zwischen Online-Anbietern und Unternehmen wie Zara, H&M und Primark, die schnell auf neue Trends reagieren können. Der lange Sommer habe diese Entwicklung beschleunigt. Viele Händler hätten überfüllte Lager. Die Folgen seien zum Teil dramatisch: Ganze Kollektionen hätten abgeschrieben und vernichtet werden müssen. Von diesen Mehrkosten, vermutet Heinemann, werden sich einige Unternehmen nicht mehr erholen. „Das war der Genickschlag“, sagt er. Der Experte glaubt, dass dieses Jahr jeder fünfte Händler ins Schlingern kommen könnte. Schon jetzt kämpfen etwa Esprit, Tom Tailor oder Adler mit immer schlechteren Zahlen.
Ein Unternehmen, bei dem dieser Prozess schon einige Monate früher eingesetzt hat, ist K&L Ruppert. Das Modehaus hatte im Oktober eine Insolvenz in Eigenregie beantragt, zum 1. Januar wurde das Verfahren eröffnet. Bis Ende April, teilte das Unternehmen nun mit, sollen 14 von insgesamt 54 Filialen geschlossen werden, darunter Läden in Ingolstadt und Neu-Ulm. In Ulm werden gleich zwei Geschäfte zumachen. Insgesamt sind 200 Mitarbeiter von den Schließungen betroffen. Allen bietet das Unternehmen an, an einen anderen Standort zu wechseln. Auch in der Region gibt es mehrere K&L-Filialen, zum Beispiel in Gersthofen, Landsberg und Kempten. In Augsburg hatte der Händler erst 2017 seine Filiale am Königsplatz geschlossen.
K&L will das Insolvenzverfahren bald abschließen
Die Firma soll nun weiter saniert werden, die Filialen würden nach und nach umgebaut und modernisiert, betont Geschäftsführer Jens Bächle. Das Geld dafür sei da, sagt der vom Amtsgericht Weilheim bestellte Sachwalter Oliver Schartl. „K&L ist bis Ende 2019 durchfinanziert.“ Er sei optimistisch, dass das Insolvenzverfahren bald abgeschlossen werden könne.
Am Ende wird der Modehändler sich deutlich verkleinert haben. Auch Gerry Weber hatte zuletzt immer mehr Filialen geschlossen. Die Insolvenz konnte der Händler damit aber auch nicht abwenden.
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"Ganze Kollektionen hätten abgeschrieben und vernichtet werden müssen." Das sind die Sätze, die mir bestätigen, warum es sich nicht nur finanziell lohnt, sondern auch aus Nachhaltigkeitsgründen, dem ganzen Modezirkus - Herstellung in Billigländern, Transport mit anschließender Warenvernichtung - den Rücken zu kehren. Das ist nachhaltiger als am Freitag die Schule zu schwänzen.