Mit dem TGV von Augsburg nach Paris
Der französische Schnellzug TGV verkehrt zwischen Augsburg und Paris. Ab 2016 dauert die Fahrt nicht einmal mehr sechseinhalb Stunden.
Zwischen Koffern und Taschen lagern Tüten von Pariser Delikatessen-Läden wie Fauchon oder La Durée, berühmt für ihre Gebäck-Spezialitäten, aber auch Tüten mit zerbrechlichem Inhalt. „Vorsicht, da isch Wein drin“, ruft eine Frau in gepflegtem Schwäbisch, als weitere Fahrgäste ihr Gepäck verstauen.
Manche der Personenfahrzüge von Paris nach Deutschland werden zu Fracht-Waggons, um all die kulinarischen Souvenirs zu transportieren, und besonders viele während der Feiertage.
Zugbegleiter im TGV ist ein Job mit viel Bewegung
Die Gepäckfächer sind vollgestopft, dabei verspricht der neue französische TGV den Gästen mehr Platz – aber vor allem für diese selbst und ihre Beine, mit 950 Millimetern in der ersten und 920 Millimetern in der zweiten Klasse. „Für die Leute ist das sehr angenehm“, sagt Helena Sarrach. „Aber für uns bedeutet das Sport.“
Sie trägt T-Shirt, hat das Jackett ihrer Schaffner-Uniform abgelegt. Bewegung ist ihr gewiss: Anders als ICE-Züge sind viele französische Schnellzüge („Trains à grande vitesse“, kurz TGV) doppelstöckig. Die Fahrkartenkontrolleure wechseln ständig zwischen zwei Etagen, auch die Toiletten auf den Gängen überprüfen sie auf Mitfahrer hin.
50 000 Personen seit Juni 2007 mit dem Zug von Augsburg nach Paris gereist
„Wegen Schwarzfahrern“ – die Französin Sarrach spricht das Wort auf Deutsch aus. Als Zugbegleiterin auf internationalen Strecken muss sie beide Sprachen beherrschen, ebenso wie der deutsche Kollege an ihrer Seite, Tobias Glatt.
Rund 30 deutsche und französische Kollegen begleiten jeweils in Zweier-Teams die Fahrt vom Pariser Ostbahnhof nach München mit Halten in Straßburg, Karlsruhe, Stuttgart, Ulm und Augsburg. Knapp 50 000 Personen sind seit dem Strecken-Start im Juni 2007 von Augsburg nach Paris gereist. Insgesamt waren es auf dem „Südast“ von Paris nach München und auf dem „Nordast“ nach Frankfurt am Main über Saarbrücken mehr als sieben Millionen Fahrgäste.
Nachfrage steigt, das Wachstum lag 2012 bei 8,8 Prozent
„Die Nachfrage steigt immer noch: 2012 hatten wir ein Wachstum von 8,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum“, sagt Frank Hoffmann, Vorsitzender der Geschäftsführung von Alleo, des 2007 gegründeten gemeinsamen Tochterunternehmens der Deutschen Bahn und der französischen SNCF, zuständig für das Marketing der internationalen Züge über Paris nach Frankfurt und Stuttgart, sowie die im März 2012 eingeweihte Rhein-Rhône-Verbindung von Frankfurt über Mannheim und Karlsruhe nach Marseille.
Zwei Drittel der Gäste sind Deutsche, häufig Frankreich-Urlauber nach Paris. In weniger als sieben Stunden sind sie von Frankfurt in Südfrankreich.
Seit Anfang Dezember modernerer TGV mit mehr Sitzplätzen
Seit 9. Dezember werden nun auch für die einmal täglich verkehrende direkte Verbindung von Paris nach München die modernen „TGV Euroduplex“ der dritten Generation eingesetzt. Statt der bisherigen 361 Sitzplätze bieten sie 509, rund die Hälfte im ersten Stock.
„Bei den Leuten kommt das gut an“, sagt Sarrach. Es herrsche beste Stimmung in diesen Zügen, oft packen die Leute ihr in Frankreich gekauftes Baguette, Käse und Wein aus, bieten ihr sogar einen Schluck an – „ich muss natürlich ablehnen“.
Für diejenigen, die das Bord-Bistro vorziehen, gibt es ein Angebot für deutsche und französische Gaumen, sagt Barmann Xavier Banse: „Wir haben das Bier- und Wein-Sortiment erweitert, aber auch regionale Spezialitäten.“ Die Speisekarte listet Mousse au Chocolat und Quiche auf, aber auch eine „Schwarzwaldschinkenlaugensemmel“.
Ab 2016 verkürzt sich die Fahrzeit um weitere 30 Minuten
Zwischen Stuttgart und Paris ist die Bahn mit einem Marktanteil von 59 Prozent bereits Marktführer, zwischen Frankfurt und Paris, wo viele Geschäftsleute reisen, nimmt jeder Vierte den Zug. Mit einer Fahrtzeit von 3:40 Stunden bis Stuttgart und 6:12 nach Augsburg, Preisen für Frühbucher ab 39 Euro in der zweiten Klasse und kostenfreie Mitreise von Kindern bis 15 Jahren suche man bewusst die Konkurrenz mit den Fluglinien, sagt Hoffmann.
Wenn im Frühjahr 2016 eine neue Ausbaustufe fertiggestellt wird, bringt das nochmals eine Zeitersparnis von einer halben Stunde. Auf der Strecke zwischen Paris und dem französischen Boutecourt rast der TGV mit einer Spitzengeschwindigkeit von bis zu 320 Stundenkilometern über die Gleise.
Zugführer braucht spezielle Ausbildung für den TGV
Doch Richard Wolf im Führerstand bedient mit ruhiger Hand die Knöpfe vor ihm. Er hat eine spezielle Ausbildung, um die französischen TGV fahren zu dürfen. Hat er einen Lieblings-Zug? „Ich mache das seit 40 Jahren und bin alles gefahren: TGV, ICE, Regionalzüge. Da stellt man sich die Frage nicht mehr.“ Leicht zu beeindrucken ist der gebürtige Regensburger längst nicht mehr. Nicht einmal von den modernen Euroduplex-Zügen? „Naja. Ein toller Zug ist das schon.“
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