Klinik in Aichach: Wenn sich ein Chef wie Sisyphos fühlt
Mit dem Neubau in Aichach wollen die Klinken an der Paar im Landkreis Aichach-Friedberg eigentlich durchstarten. Aber sie fürchten, dass sie ausgebremst werden
Der Vergleich mit Sisyphos trifft’s nicht ganz, aber ganz abwegig ist er nicht. Und Griechenland ist derzeit eh in aller Munde: Der König aus Korinth muss laut Mythologie zur Strafe auf ewig einen Felsblock einen Berg hinaufwälzen, der, kurz vor dem Gipfel, jedes Mal wieder hinunter ins Tal rollt. Die Kliniken an der Paar wissen nicht, warum sie „bestraft“ werden. Aber nach jedem hart erkämpften Erfolg gibt’s fast regelmäßig einen Rückschlag.
Der aktuelle Knüppel, der den zwei Krankenhäusern des Kreises Aichach-Friedberg zwischen die Beine geworfen wird, nennt sich Krankenhausstrukturreform. Die hat die Bundesregierung vor Kurzem auf den Weg gebracht. Und diese Reform könnte die jahrelangen Anstrengungen, die Kliniken dauerhaft aus dem Defizit zu bringen, gefährden.
Hochmoderner Neubau in Aichach
Direkt neben dem Aichacher Krankenhaus wird gebaut. Über 50 Millionen Euro fließen in eine hochmoderne neue Klinik – mindestens die Hälfte davon, also 25 Millionen Euro, übernimmt der Freistaat. Bis November soll der Rohbau stehen und für Mitte 2017 ist der Umzug geplant. Von da ab soll der Betrieb dieses Krankenhaus die restlichen Investitionskosten für den Kreis selbst erwirtschaften. Finanzielles Ziel für die nahe Zukunft: unterm Strich eine schwarze Null für beide Häuser. Der Neubau in Aichach ist nach der Schließung in Mering und der Modernisierung in Friedberg der dritte Schritt, um die Kliniken an der Paar fit zu machen. In Friedberg sind seit dem Ausbau bereits Gewinne erzielt worden.
Mit dem Baufortschritt in Aichach ist Klinikchef Dr. Krzysztof Kazmierczak hochzufrieden. Mit der Politik in Berlin weniger: In den vergangenen Jahren sei in beiden Häusern viel geleistet, die Qualität erhöht und investiert worden. Man habe gutes Personal, einen guten Ruf, so der Klinikchef. Das Gesetz werde Patienten und Personal schlechter stellen. Seit Jahren würden die steigenden Kosten, zum Beispiel für Personal und Energie, nur teilweise erstattet, kritisiert Kazmierczak. „Die Kliniken sind seit Jahren unterfinanziert.“
Das neue Gesetz löse dieses Problem nicht nur nicht, es verschärfe die Situation sogar weiter, ist er überzeugt. Schon jetzt wanderten Mitarbeiter ab, sei es schwierig, Nachwuchs zu finden. „Die Leute merken, dass sie verheizt werden“, erklärt Kazmierczak. Das neue Gesetz aber werde die Kliniken eher dazu zwingen, wieder Stellen zu streichen.
Größere Konkurrenz zwischen den Kliniken?
In Gefahr sieht er auch die ambulante Notfallversorgung. Das Gesetz, fürchtet er, werde den Wettbewerb unter den Kliniken über die Finanzschiene verschärfen, obwohl man eigentlich mehr zusammenarbeiten müsste. Beinahe die Hälfte aller Kliniken in Deutschland weist Defizite aus. Das hat eine aktuelle Umfrage des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) ergeben. Tendenz steigend. Vor allem Allgemeinversorger, kleinere und kommunal geführte Häuser sind stark von der finanziellen Misere betroffen.
Eine nahezu schwarze Null haben die Kliniken im Landkreis in über vier Jahrzehnten trotz scharfer Einschnitte (drei von ehemals fünf Häusern wurden geschlossen) nur im Jahr 2010 geschrieben. Zuvor hatte sich das Defizit aber auch auf über fünf Millionen Euro im Jahr 2002 hochgeschaukelt. Seit 2010 schließen Aichach und Friedberg zusammen mit einem Minus von meist über einer Million ab. Der Verlustausgleich für 2014 ist noch nicht veröffentlicht, er soll aber deutlich unter einer Million liegen.
Im Frühjahr herrschte noch beste Stimmung im Kreistag. Das erste Vergabepaket für den Neubau lag vier Millionen unter der Kalkulation. Von diesem Vorsprung will der Kreis möglichst viel über die gesamte Bauzeit bringen. Das für das Gebäude eingesparte Geld soll in die medizinische Ausstattung investiert werden. Aber schon damals warnte Kazmierczak: Vor Überraschungen sei man nie gefeit. Die Details des neuen Krankenhausgesetzes lagen da noch nicht auf seinem Schreibtisch. (mit bac)
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