Kampf ums Personal: Unternehmen bewerben sich beim Mitarbeiter
Die Suche nach Personal wird immer mehr zur Kunst, und Extras wie der Obstkorb oder das Jobrad punkten nur bedingt. Wie Unternehmen noch gutes Personal finden können.
Der Personalmangel ist ein drängendes Problem, das Firmenchefs bei Umfragen der IHK immer wieder als eines der größten Risiken einstufen. Der demografische Wandel lässt die Zahl möglicher Bewerber schrumpfen, aus diesem kleiner werdenden Pool die Mitarbeiter von morgen zu gewinnen, wird zur Herausforderung. Denn aktuell muss sich das Unternehmen erst einmal beim Beschäftigten bewerben, ehe es umgekehrt passiert. Das erfordert neue Strategien, die teils schon vor der eigentlichen Suche ihren Anfang nehmen, wie Augsburger Unternehmen berichten.
Lange waren es ein Jobrad, der täglich frische Obstkorb oder ein Einkaufsgutschein – alles Dinge, die Mitarbeiter in die Unternehmen locken sollten. Schnee von gestern, wissen heute immer mehr Personalverantwortliche. Weil diese Angebote in immer mehr Betrieben Standard seien, könne man sich damit kaum noch positiv absetzen. Es müssen andere Faktoren gesucht werden, mit denen man bei Beschäftigten überzeugt. Das weiß auch Barbara Mayr vom Augsburger IT-Unternehmen Baramundi. Denn in der IT-Branche ist der Kampf ums Personal besonders hart: "Bei uns können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter via Homeoffice von überall aus Deutschland, ja sogar aus ganz Europa oder weltweit arbeiten", erklärt sie. Man stehe bei der Personalsuche also nicht mehr nur in Konkurrenz mit Unternehmen aus der Region. Mit gutem Gehalt und attraktiven Stellen allein punkte man auch nicht mehr vollends.
Um beim Bewerber zu punkten, brauchen Unternehmen eine Kultur
Immer mehr Menschen legten dafür bei der Wahl des Arbeitgebers Wert auf eine gelebte Unternehmenskultur, auf einen wertschätzenden Umgang mit den Mitarbeitern sowie eine angenehme Arbeitsumgebung. Diese Werte müssten in einigen Unternehmen aber erst noch herausgearbeitet werden, der Betrieb zur Marke und damit bekannt werden, weiß Mayr. Sei dies gelungen, gelte es, dies zu kommunizieren – und zwar maßgeschneidert für den Bewerber, der davon wissen muss.
Die klassische Stellenanzeige allein reicht dabei oft nicht mehr. Die Chefin der Arbeitsagentur Augsburg, Elsa-Koller Knedlik, hatte schon vor Längerem ein Umdenken bei Betrieben angeregt. Jüngst sagte sie, Beschäftigte würden andere Ansprüche an einen Job stellen als früher. Es bewerbe sich demnach nicht mehr der Mitarbeiter beim Unternehmen, sondern die Firma beim Beschäftigten, sagen Experten wie Oliver Nowotny, Geschäftsführer der Augsburger Recruting-Agentur Hi.Re (von Englisch "to hire", anwerben). "Firmen müssen herausfinden, welchen Typ Mitarbeiter sie brauchen, wie dieser tickt, welche Kanäle er für die Jobsuche nutzt und welches Angebot des Unternehmens überzeugt", ordnet Nowotny ein. Darauf ausgelegt müsse dann die Suche gestartet werden – mit einem Post in sozialen Netzwerken, mit dem Imagevideo auf der firmeneigenen Homepage oder persönlich beim Netzwerktreffen. Bei Baramundi kümmern sich mittlerweile sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die Personalgewinnung – bei 300 Angestellten insgesamt. Mit Erfolg: Jährlich erhalte man inzwischen 2000 bis 3000 Bewerbungen – ein Vielfaches zu den Anfangszeiten.
Personalsuche: Soziale Netzwerke werden für Unternehmen immer wichtiger
Personalsuche sei keine Aufgabe für Nebenher, sondern müsse gezielt und planvoll gemanagt werden, so Nowotny. Ein Post in sozialen Netzwerken mit dem Slogan "Wir suchen dich" mache noch kein modernes Recruiting. Dass die Personalsuche heute anderen Gesetzen folgt, hat man auch bei der Stadtsparkasse Augsburg erkannt und die Personalabteilung mit der Unternehmenskommunikation verzahnt. "Uns haben Azubis erzählt, dass sie sich für uns entschieden haben, weil wir den besseren Auftritt bei Social Media hatten", erzählt Marcus Hupfauer, Leiter beider Einheiten. Social Media sei allerdings nicht das Kerngeschäft der Personalabteilung, deshalb erfolgte die Zusammenarbeit der Abteilungen. Mit Erfolg: Im Januar und Februar hatte die Stadtsparkasse Augsburg mit ihrer Neuausrichtung so viele Bewerber wie in den vergangenen zehn Jahren nicht in diesen Monaten. "Junge Leute sind heute auf mehr Kanälen unterwegs, und dort müssen wir sie finden", so Hupfauer. Das geschehe auch an Orten, wo potenzielle Beschäftigte dies nicht erwarten – wie bei Sportevents oder auf Festivals. Wer gut ist, müsse sich heute auch nicht mehr bewerben, er werde von Recruitern der Unternehmen gezielt gesucht. "Das ist deutlich mehr Aufwand als früher und dieser wird sicherlich nicht weniger werden", schätzt Hupfauer ein.
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