"Ich will es einfach"
Fußball spielte Valentin Braun nur, wenn er dazu gezwungen wurde, denn schon ziemlich früh stand für ihn fest: Pirouetten, Sprünge, vierte und fünfte Position sind mehr seine Sache als Fallrückzieher und Dribbeln mit dem Ball. So muss es wohl sein, wenn man Tänzer werden will, und ein erfolgreicher dazu.
Im Fall von Valentin Braun, der in Augsburg geboren wurde und in Mering aufgewachsen ist, ist dies trotzdem ein wenig anders. Tanz ist für ihn eine Leidenschaft, aber nicht die einzige Perspektive im Leben, auch wenn er seit seinem vierten Lebensjahr an der Stange steht. Zuerst in einer kleinen Ballettschule in Mering, dann in den Sälen der Heinz-Bosl-Stiftung in München, schließlich in der Tanzschule Otevrel in Augsburg. Seinen letzten Schliff holte sich Valentin Braun durch ein Hochbegabtenstudium mit Diplomabschluss an der Hochschule für Musik und Theater in Zürich. Ein Weg, der ihm im vergangenen Jahr den Kunstförderpreis der Stadt Augsburg und nun sein erstes Engagement als Eleve am Theater Augsburg einbrachte.
Tanzen ist Valentin Braun ein tiefes Bedürfnis. "Ich will es einfach", antwortet er unpathetisch, wenn er danach gefragt wird, was ihm das Tanzen gibt. Und nun findet er es erstaunlich, für etwas bezahlt zu werden, das er doch einfach nur aus Spaß tut.
Und doch hört man von dem 21-Jährigen auch den Satz: "Es kann schon sein, dass ich irgendwann keine Lust mehr auf das Tanzen habe und etwas ganz anderes mache." Vielleicht als Architekt oder als Designer. Denn obwohl sich Valentin Braun in den letzten drei Jahren nur noch auf das Ballett konzentriert hat, gab es für ihn in der Zeit zuvor durchaus auch andere Interessen: Kunst, Literatur, Musik.
Es fiel ihm nicht leicht, sich für den Schulabbruch zu entscheiden
Bis zur 12. Klasse besuchte er das Gymnasium bei St. Stephan und war eigentlich überzeugt davon, sein Abitur zu machen. "Erst mit 18 habe ich dann wirklich den Weg als Tänzer eingeschlagen", sagt er und erzählt, dass die Entscheidung, so kurz vor dem Schulabschluss aufzuhören, natürlich nicht leicht gefallen ist. Ihm nicht, sie zu treffen, seinen Eltern nicht, sie zu akzeptieren. Aber Braun konnte sie überzeugen, dass diese Chance, in Zürich zu studieren, ein Jahr später nicht wieder vor der Türe stehen würde.
Die bestandene Aufnahmeprüfung war auch der Lohn dafür, dass er als Jugendlicher auf einiges verzichtet hat: "Man macht einfach nicht die Entwicklung wie andere Altersgenossen." Wenn die Klassenkameraden sich nachmittags zum Kinobesuch verabredeten, ging Valentin in den Ballettsaal. Auch abendliche Discobesuche waren schwierig, denn für Schule und Training mussten die Kräfte gebündelt werden. Überhaupt dieser Umgang mit dem eigenen Körper: Kein Besuch im Fast-Food-Restaurant, weder Alkohol noch Nikotin, dafür eiweißhaltige Kost und Nahrungsergänzungsmittel, das kann einen 17-Jährigen schon zum Außenseiter machen. "Aber das war ein Teil von mir, und wer es mochte, den mochte ich auch", denkt Braun darüber.
Diese unverkrampfte Haltung zu seiner Leidenschaft für den Tanz vermittelt Braun auch jetzt, wo er auf der ersten Stufe der Leiter zu einer Tänzerkarriere steht. Und die Gewissheit, Alternativen zum Tänzerberuf zu haben, lässt ihn gelassen mit den Unwägbarkeiten des Metiers umgehen. "Ich kann mich durchschlagen", sagt er, wenn man ihn auf das unausweichliche Alter oder Verletzungen anspricht, die die Perspektiven von Tänzern einschränken.
Wer Braun gegenübersitzt, hat bei all dem nicht den Eindruck, dass die für den Beruf so nötige Disziplin in Verbissenheit umgeschlagen ist, auch wenn er täglich viele Stunden trainiert und dabei immer wieder gegen seine physischen Grenzen ankämpfen muss. "Ich freue mich über meine erste Spielzeit und hoffe auf viele interessante Erfahrungen, die mich weiterbringen."
Premiere Valentin Braun ist als Mitglied des Ballettensembles das erste Mal am Samstag, 30. Oktober, in "Orpheus - Saitenschlag" im Großen Haus zu sehen.
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