Thema sickerte durch: Polizeischüler müssen Prüfung wiederholen
Hunderte Polizeischüler in Bayern müssen eine Aufgabe wiederholen. Ausbilder hatten mitbekommen, dass Schüler vorher über eine der Aufgaben diskutierten – die noch geheim war.
Herzrasen kennt Stephanie Pietsch von ihrer Ausbildung bei der Königsbrunner Bereitschaftspolizei gut. Sie erinnert sich noch lebhaft an die Angst bei einem ihrer ersten Einsätze, als sie in einer Tiefgarage nach einem Einbrecher gesucht hat. Auch bei der schriftlichen Abschlussprüfung im Mai klopfte ihr Herz vor Nervosität schneller – eine Erfahrung, die sie wider Erwarten noch ein zweites Mal durchlebte. Denn die 26-Jährige gehört zu den 555 Polizeischülern in Bayern, die nun unverschuldet alle eine Aufgabe der Prüfung wiederholen mussten.
Schüler diskutierten Aufgaben, die noch geheim waren
Ausbilder hatten nämlich mitbekommen, dass Schüler vor der Prüfung über eine der geplanten Aufgaben diskutierten – die zu diesem Zeitpunkt noch geheim war. „Spekuliert wird über die Themen immer viel – das ist beim Abitur ja nicht anders“, sagt Gerd Enkling, Chefausbilder der Bayerischen Bereitschaftspolizei.
Doch hatte jemand nur richtig spekuliert oder waren Details durchgesickert? Die Bereitschaftspolizei beschloss, sicherheitshalber die betreffende Aufgabe mit einem neuen Thema wiederholen zu lassen. Außerdem wurde ein kleiner Unterbereich einer anderen Aufgabe nicht gewertet.
Landeskriminalamt ermittelt
Das Landeskriminalamt ermittelt noch, ob jemand die Aufgabe bewusst veröffentlicht hat. „Bisher haben sich dafür aber keine Anzeichen gefunden“, sagt Enkling. Alles spreche für einen harmlosen Grund: Wahrscheinlich lag jemand beim Spekulieren zufällig richtig. Wenn Hunderte von Schülern vor den Prüfungen über mögliche Themen diskutieren, könne das schon einmal vorkommen.
Die Wiederholung der Aufgabe sei aber in jedem Fall richtig gewesen. „Gerade als Polizei müssen wir sichergehen, dass sauber gearbeitet wird“, sagt Enkling. Niemand dürfe bei den Prüfungen einen Vorteil haben. Aus diesem Grund musste der aktuelle Polizeischüler-Jahrgang in ganz Bayern noch einmal drei Stunden schriftlich Fragen zur Kriminalitätsbekämpfung beantworten.
Beim zweiten Mal war der Ablauf bekannt
In Königsbrunn waren etwa 140 Schüler von der bayernweiten Aufgaben-Wiederholung betroffen. Der zusätzliche Prüfungstag hat die Zeitpläne dennoch nicht durcheinandergeworfen. Zwar war es das erste Mal, dass der Polizei-Nachwuchs in Bayern ein zweites Mal antreten musste. „Aber regulär stehen zwei Prüfungen im Jahr an – daher haben wir Routine“, sagt Johannes Daxbacher, Sprecher des Gebiets Ausbildung in Königsbrunn.
Polizeischülerin Stephanie Pietsch war erst einmal verärgert darüber, ein zweites Mal zur Prüfung zu müssen. Doch sie konnte dem auch etwas Gutes abgewinnen. „Bei der Wiederholung war ich viel gefasster, da ich den Ablauf schon kannte“, sagt sie. In einigen Wochen kann die 28-Jährige wohl ihren Dienst beginnen. Nur die mündlichen Prüfungen muss sie noch überstehen – inklusive Herzklopfen.
Die Diskussion ist geschlossen.