Erwin Huber kämpft an vielen Fronten
"50 Prozent plus X" - dieser Anspruch der CSU für Landtagswahlen in Bayern ist in Stein gemeißelt. Doch innerhalb der Partei kursiert derzeit eine Formel, die CSU-Chef Erwin Huber ganz und gar nicht gefällt. Von Uli Bachmeier
Von Uli Bachmeier
München. "50 Prozent plus X" - dieser Anspruch der CSU für Landtagswahlen in Bayern ist in Stein gemeißelt. Doch innerhalb der Partei kursiert derzeit eine Formel, die CSU-Chef Erwin Huber ganz und gar nicht gefällt.
Sie lautet: "55 Prozent minus Eltern von G8-Schülern minus Raucher minus Hausärzte samt treuer Patienten minus Sparkassen- und Landesbankmitarbeiter". Der SPD und den Grünen fallen noch weitere Problemgruppen ein: Eltern, die keine Krippen- oder Kindergartenplätze finden, Kommunalpolitiker, die um ihre Hauptschulstandorte bangen, oder Lehrer, denen das eiserne Festhalten der CSU am dreigliedrigen Schulsystem nicht passt.
Huber hat an vielen Fronten zu kämpfen. Die Kommunalwahlen stehen vor der Tür. Die Landtagswahl folgt im Herbst. Und erstmals seit der Krise um den früheren Parteichef Edmund Stoiber sackte die CSU in einer Umfrage wieder auf 50 Prozent ab. SPD-Chef Kurt Beck spottete schon: "Die CSU hat momentan die Hosen voll."
Doch nichts von alledem scheint Huber zu beeindrucken. Konfrontiert mit der "Minus-Formel" und der Liste der Problemgruppen kontert er: "Das halte ich für einen Witz vom Nockherberg." Und dann legt er los. Die CSU, so Huber, habe "sehr viel mehr die Hand am Puls der Bevölkerung als jede andere Partei." Die jüngste Umfrage habe "eine starke München-Lastigkeit" und gebe nicht die Stimmung im Land wieder. Bei den vielen Wahlkampfveranstaltungen erlebe er "Abend für Abend Zuspruch und Ermunterung". "Mit uns reden die Leute", sagt Huber gegenüber unserer Zeitung und betont, dass er "in keiner Weise besorgt" sei, auch wenn es "da und dort Ärger und Probleme" gebe. "Aber Politik", so der CSU-Chef, "ist nun mal keine Schönwetter-Veranstaltung."
Im Kabinett in München hat er offenbar Rückhalt. Das "Spektakel", das die Opposition derzeit in der Diskussion um die Landesbank veranstalte, sei "maßlos überzogen", sagt ein Minister. Zwar sei die Information der Öffentlichkeit über Verluste und Wertberichtigungen bei der BayernLB "ungut gelaufen". Dafür aber trage der Vorstand der Bank die Verantwortung. Für Kritik am Finanzminister gebe es "nicht den geringsten Anlass".
Auch im Parteivorstand überwiegen offenbar die Stimmen, die Huber "eine gute Arbeit" bescheinigen. "Er ist vollkommen unumstritten", sagt ein Vorstandsmitglied. Beim Thema Landesbank sei man sich einig, dass ihm nichts vorzuwerfen sei. Alles übrige seien "Themen, die nicht mit Erwin Huber verknüpft werden."
Diese Linie gilt offenkundig auch in der CSU-Landtagsfraktion. Es sei allen klar gewesen, dass Huber in der Nachfolge von Stoiber als Parteichef "keinen leichten Stand" haben werde. Insofern komme der "ärgerliche Vorgang" um die Landesbank zu einem "denkbar schechten Zeitpunkt". Alle anderen Probleme, so die Marschroute, habe die CSU als Ganzes, nicht der Vorsitzende allein.
Dass sich die Gesprächsbereitschaft über die "offenen Baustellen" der CSU intern zur Zeit in Grenzen hält, hat einen simplen Grund. "Jeder von uns steckt im Wahlkampf, keiner will Unruhe in der Partei", lautet die gängige Antwort. Dies gelte auch für die Rolle des CSU-Chefs in Berlin, wo SPD und CDU dominieren. "Klar könnte der Huber jeden Tag in der Zeitung stehen, wenn er die Kanzlerin kritisiert. Unsere Basis aber würde das im Moment gar nicht lustig finden", sagt einer aus der Führungsriege.
Im Landtagswahlkampf aber, so heißt es in der Strategie-Abteilung der CSU, werde wieder ein Kurs gefahren, der das Profil schärfer hervortreten lasse. Die Sorge, dass die "Minus-Formel" einen realen Hintergrund haben könnte, ist allerdings da. Darauf müsse man Antworten finden - "mit Huber, wir haben keinen andern."
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