Der Staat will Hebammen nach Bayern locken - mit 1000 Euro Bonus
Gesundheitsministerin Melanie Huml setzt im Kampf gegen die Personalnot bei Hebammen auf Geld. Ob man damit das Problem lösen kann, ist fraglich.
Werdende Eltern mit Geburtstermin um die Weihnachtsfeiertage brauchen gute Nerven. Denn einige Kreißsäle in Bayern müssen vorübergehend schließen, wie in Eichstätt oder Schweinfurt. Der Grund: akuter Personalmangel. Andere Häuser, etwa die Wertachklinik in Schwabmünchen, müssen Schwangere sogar grundsätzlich abweisen. Dort ist die Geburtsstation schon seit Frühjahr 2018 zu. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml will im Kampf gegen den Fachkräftemangel nun Hebammen aus anderen Bundesländern in den Freistaat locken. Mit Geld.
Bonus von 1000 Euro auch für Nicht-Bayern
Wer als Hebamme oder Entbindungspfleger mindestens vier Geburten pro Jahr betreut, kann einen Bonus von 1000 Euro pro Jahr beantragen. „Ab dem 1. Januar können auch Hebammen den Bonus beantragen, die in Bayern arbeiten, aber nicht in Bayern wohnen“, kündigte die CSU-Politikerin am Donnerstag an. Das gelte auch rückwirkend für heuer betreute Geburten. Seit der Einführung im September vergangenen Jahres sind knapp 1800 Anträge eingegangen. Das Ministerium hofft mit der Ausweitung auf „zahlreiche“ zusätzliche Hebammen für Bayern, etwa aus Sachsen und Thüringen. Der Bonus setze zudem einen Anreiz für einen Verbleib in der Geburtshilfe, sagte Huml. Tatsächlich arbeiten nicht wenige Hebammen in anderen Berufen – auch aus finanziellen Gründen.
Kommen deswegen mehr Hebammen nach Bayern?
Ob dieses Problem mit 1000 Euro im Jahr zu lösen ist, bleibt allerdings fraglich. Es sei verständlich, dass sich einzelne Bundesländer überlegen, wie sie die Hebammen unterstützen können, sagt Susanne Weyherter. Die zweite Vorsitzende des Bayerischen Hebammen Landesverbandes ist aber skeptisch, ob der Personalmangel mit dem ausgeweiteten Bonus beseitigt werden kann. „Ich glaube nicht, dass deswegen mehr Kolleginnen nach Bayern kommen“, sagt Weyherter.
Auch Christine Schack ist nicht sicher, ob der Bonus für Geburtshelfer aus anderen Ländern der richtige Weg ist. Schack arbeitet als Beleghebamme am Friedberger Krankenhaus – dort war die Geburtshilfe zwischen März und Mai komplett geschlossen, weil die Belegärzte die Rufbereitschaft nicht mehr sicherstellen konnten. Die erfahrene Hebamme sagt: „In anderen Bundesländern gibt es ja auch einen Mangel. Dass Hebammen fehlen, ist in ganz Deutschland ein Problem.“ Und das werde durch die Pläne der bayerischen Staatsregierung ja nur verlagert. Hinzu kommt: Längst gehe es nicht nur darum, dass Hebammen fehlen. „Der ganze Geburtshilfe-Bereich hat ein Problem, es gibt auch zu wenige Gynäkologen, die in der Geburtshilfe arbeiten“, sagt Schack.
Auch in Schwabmünchen fehlen Hebammen
In der Wertachklinik in Schwabmünchen fehlen nach wie vor Hebammen. Der Bonus sei zunächst einmal eine sehr gute Sache, findet Klinik-Chef Martin Gösele. „Ich weiß auch von unseren Hebammen, dass sie über diesen Bonus sehr glücklich sind und er einen Baustein der ,Gesamtfinanzierung‘ in einem kleineren Haus darstellt.“ Die Ausweitung helfe seiner Klinik aber eher nicht. Sie komme Hebammen zugute, die etwa in Baden-Württemberg nahe der Grenze wohnen und im Freistaat arbeiten.
Gesundheitsministerin Huml ist zuversichtlicher. „Damit erhalten wir auch künftig das flächendeckende Angebot an geburtshilflichen Leistungen in ganz Bayern“, sagt sie und ergänzt: „Alle Schwangeren und Mütter in Bayern sollen die Betreuung durch Hebammen bekommen, die sie benötigen.“
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