Eltern wollen das G8 kippen
München (lb). Die Gruppe ist klein, aber sie hat sich Großes vorgenommen: Eltern aus dem Landkreis Kitzingen wollen das umstrittene achtjährige Gymnasium (G8) mit einem Volksbegehren landesweit kippen. Am Dienstag (14. Juni) beginnt die zweiwöchige Eintragungsfrist, überall in den Rathäusern liegen die Unterschriftenlisten aus. Mehr als 900.000 Bürger müssten das Volksbegehren "G9" unterschreiben, damit es Erfolg hat.
München (lb). Die Gruppe ist klein, aber sie hat sich Großes vorgenommen: Eltern aus dem Landkreis Kitzingen wollen das umstrittene achtjährige Gymnasium (G8) mit einem Volksbegehren landesweit kippen. An diesem Dienstag (14. Juni) beginnt die zweiwöchige Eintragungsfrist, überall in den Rathäusern liegen die Unterschriftenlisten aus. "Das achtjährige Gymnasium ist eine verkappte Ganztagsschule und geht auf Kosten unserer Kinder", sagt Michael Steinbacher, der Initiator der Aktion. "Wir wollen eine familien- und kindgerechte Schule."
Mehr als 900.000 Bürger - zehn Prozent der Wahlberechtigten - müssten das Volksbegehren "G9" unterschreiben, damit es Erfolg hat. Das ist eine riesige Hürde. Denn die Initiative hat bis auf die kleine Umweltpartei ÖDP keine organisierten Mitstreiter. SPD und Grüne, Lehrer- und Elternverbände lehnten eine Unterstützung ab. "Wir sind eine echte Graswurzelbewegung", sagt Steinbacher.
Gleichwohl haben die Eltern aus Unterfranken schon in der ersten Phase des Volksbegehrens großen Zuspruch erfahren. Mit ihrem Verein "Bündnis für Bildung in Bayern" sammelten sie in weniger als drei Monaten 32 000 Unterschriften - 7000 mehr, als für den Antrag auf Zulassung nötig. Inzwischen haben sie über das Internet eine rege Diskussion angestoßen, 30.000 Euro Spendengelder gesammelt und landesweit Plakate geklebt.
Die Eltern wehren sich vor allem gegen die ihrer Meinung nach überstürzte Einführung des G8, die Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) nach der Landtagswahl 2003 überraschend verkündet hatte. "Eine völlig unausgegorene Sache", kritisiert die Beauftragte des Volksbegehrens und Dettelbacher Tierärztin Bärbel Hannemann. "Das ist, als würde ich eine Katze auf den Operationstisch legen und aufschneiden - und mir erst dann das Buch holen, um nachzuschauen, was ich tun muss."
Zudem halten die Initiatoren die Verkürzung der gymnasialen Schulzeit von neun auf acht Jahre für eine Überforderung der Kinder. "Man kann doch nicht mit dem Feuerwehrschlauch unter Hochdruck Wissen in die Köpfe spritzen", sagt Steinbacher, der selbst Lehrer ist und zwei Kinder am Gymnasium hat. "Kinder haben ein Recht, Kinder zu sein. Sie dürfen nicht einen Arbeitstag haben wie Erwachsene."
Den neuen Kultusminister Siegfried Schneider bringt das Volksbegehren in eine heikle Situation. "Ich nehme die Sorgen der Eltern sehr ernst" versichert der CSU-Politiker und stellt eine kritische Überprüfung des G8 in Aussicht. Zumindest in der Mittelstufe soll die Stundentafel möglicherweise wieder entschlackt werden. Eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium lehnt Schneider aber ab: "Das würde nicht nur Schüler, Lehrer und Eltern verunsichern, sondern auch zu einem organisatorischen Chaos führen."
Die CSU hält das achtjährige Gymnasium für das Gymnasium der Zukunft. Fast alle Bundesländer hätten sich für die kürzere Schulzeit entschieden, sie sei internationaler Standard. Auch SPD und Grüne, Lehrer- und Elternverbände halten eine Rückkehr zu den alten Verhältnissen nicht für sinnvoll. "Die Schlacht um das neunjährige Gymnasium ist schon im vergangenen Jahr verloren worden", heißt es etwa beim Bayerischen Philologenverband mit Blick auf die landesweite Einführung des G8 im Schuljahr 2004/2005.
Nach Ansicht der Opposition sind jetzt praktische Nachbesserungen nötig - kleinere Klassen, mehr Lehrer, bessere Förderung. Die Initiatoren des Volksbegehrens werten die Zusagen des neuen Schulministers bereits als einen ersten Erfolg, wollen aber mit möglichst vielen Bürgerstimmen weiter Druck machen. "Es müssen schon substanzielle Veränderungen her", sagt Steinbacher. "Ein bisschen Kosmetik nützt nichts."
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