Bayern nutzt verstärkt Kasernen für Flüchtlinge
Bayern geht bei der Unterbringung von Flüchtlingen neue Wege, um Städte, Kreise und Gemeinden so weit wie möglich zu entlasten.
Zum einen sollen die Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen deutlich erhöht werden – von aktuell 16 000 Plätzen auf 45 000 Plätze Mitte kommenden Jahres. Zum anderen sollen mehr Möglichkeiten geschaffen werden, um Flüchtlinge in Privatwohnungen unterzubringen. Gleichzeitig soll der Wohnungsbau beschleunigt werden. Entsprechende Pläne des Sozialministeriums hat die Staatsregierung gestern vorgestellt.
Für kurzfristige Erleichterung soll vor allem die verstärkte Nutzung von Kasernen und anderen Liegenschaften des Bundes für die Erstaufnahme sorgen. „Diese Nutzung“, so Sozialministerin Emilia Müller (CSU), „hat für uns oberste Priorität, denn niemand würde es verstehen, wenn unsere Kasernen leer stehen und wir die Menschen in Zelten unterbringen.“ Bereits Ende des Jahres sollen nach Aussage von Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) 25 000, bis Ende März schon 36 000 Plätze zur Verfügung stehen.
In Verbindung mit beschleunigten Asylverfahren soll diese Maßnahme den Druck von den Kommunen nehmen, die für die so genannte Anschlussunterbringung zuständig sind. Abgelehnte Asylbewerber könnten direkt aus den Erstaufnahmeeinrichtungen in ihre Heimat zurückgeschickt, Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive direkt auf den Wohnungsmarkt entlassen werden. Obendrein soll es Flüchtlingen mit guter Bleibeperspektive künftig gestattet werden, zu Verwandten zu ziehen. Auch dies soll zu einer Entlastung der Kommunen beitragen. Die Grünen im Landtag fordern dies schon seit langem.
Landräte sollen Gemeinden Asylbewerber zuweisen können
Kurzfristig stärker belastet als bisher werden durch den Beschluss des Kabinetts Städte mit Erstaufnahmeeinrichtungen. So sollen nach Informationen unserer Zeitung in der Alfred-Delp-Kaserne in Donauwörth künftig 1000 statt bisher 600 Flüchtlinge untergebracht werden. Auch in der Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm bei Ingolstadt könnte die Zahl der Bewohner deutlich steigen. Die Kaserne, die bald in ein Registrierzentrum umgewandelt wird, beherbergt aktuell 550 Asylbewerber. Zurzeit laufen Verhandlungen die Einrichtung um rund 950 auf 1500 Plätze aufzustocken. Die Staatsregierung verspricht allerdings, die betroffenen Regionen im Gegenzug bei der Anschlussunterbringung zu entlasten.
Um eine gleichmäßigere Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Landkreise möglich zu machen, will die Staatsregierung die Landräte ermächtigen, einzelnen Gemeinden bei Bedarf Asylbewerber zuweisen zu können. Feste Quoten soll es aber auch künftig nicht geben.
Mittelfristig setzt die Staatsregierung auf eine deutliche Beschleunigung im Wohnungsbau. „Bis zum Jahr 2019“, so kündigte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) an, „sollen mit verschiedenen Programmen insgesamt 28 000 neue staatlich finanzierte oder geförderte Mietwohnungen entstehen.“
Aktuell hilft das den Städten und Gemeinden nicht. Sie müssen kurzfristig Wohnraum finden. In unserer Region sehen sich viele Kommunen am Limit. Nach Auskunft von Karl-Heinz Meyer, Sprecher der Regierung von Schwaben, wohnen im ganzen Regierungsbezirk derzeit etwa 3400 Flüchtlinge in 51 staatlichen Unterkünften. Hinzu kommen etwa 12 200 Personen, die dezentral untergebracht sind. Für sie haben die Landkreise und die kreisfreien Städte zumeist Häuser, Wohnungen und Pensionen angemietet. Vielerorts werden auch neue Unterkünfte geschaffen oder Gewerbeimmobilien umgebaut. Der Pressesprecher des Landratsamts Aichach-Friedberg, Wolfgang Müller, sagt: „Die Kapazitäten sind eigentlich ständig erschöpft und irgendwie kriegen wir es doch immer wieder hin – mit Tricks und Zaubereien.“ Seit Mitte Oktober kommen dort jede Woche etwa 60 Personen an. Allerdings sei damit zu rechnen, dass die Zahl der zugeteilten Flüchtlinge nächste Woche deutlich steigen wird.
Baumärkte und Turnhallen sind schon umfunktioniert worden
Dem Landkreis Landsberg werden pro Woche 44 Personen zugeteilt. Sollte es so weitergehen, werden die Kapazitäten bis Ende des Jahres erschöpft sein, heißt es dort aus dem Landratsamt. Ähnliche Signale kommen aus dem Landratsamt Augsburg.
Im Landkreis Neu-Ulm dienen seit Wochen drei Turnhallen als Flüchtlingsunterkünfte. Eigentlich wollte man solche Zustände vermeiden, um Schul- und Vereinssport nicht einzuschränken. Ein ehemaliger Baumarkt in Neu-Ulm mit Platz für 500 Personen könnte der Notlösung ein Ende setzen. Doch der Umbau wird wohl erst Anfang 2016 fertig sein. Auch im Oberallgäu müssen jetzt zwei Turnhallen als Notunterkünfte dienen.
„Die Flüchtlingsströme lassen eine vernünftige Planung gar nicht zu“, sagt Kemptens Sozialreferent Benedikt Mayer. 760 Flüchtlinge leben dort. Mayer rechnet damit, dass es bis Jahresende 1000 sein werden. Kempten hat eine Firma mit der Suche nach Immobilien beauftragt. „Wir kommen damit relativ gut zurecht“, so Mayer.
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