Ein hartes Nein mit komfortabler Hintertür
Bei ihrem Parteitag üben sich die bayerischen Grünen im Flughafenstreit in Realpolitik und feiern Winfried Kretschmann.
Bayerns Grüne haben einen neuen Star. Er ist groß, hat graues Haar, zitiert Franz Josef Strauß und Konfuzius und kommt aus Baden-Württemberg: Winfried Kretschmann, der erste grüne Ministerpräsident, wurde beim Landesparteitag der bayerischen Grünen in Bad Windsheim mit stehenden Ovationen empfangen und – nach einer sehr realpolitischen Rede – ebenso herzlich verabschiedet. So viel Personenkult passt zwar eigentlich nicht zur grünen Tradition. Doch Kretschmann ist längst ein Vorbild. Er hat eine Wahl gewonnen. Jetzt regiert er. Das wollen Bayerns Grüne auch.
Auf dem Weg zu ihrem großen Ziel, 2013 die CSU aus der Regierung zu jagen und eine Koalition mit SPD und Freien Wählern zu bilden, wollten die Grünen bei dem Parteitag ein realpolitisches Kunststück meistern: Sie wollten ihr Nein zur dritten Startbahn am Münchner Flughafen bekräftigen – in eindeutiger Gegnerschaft zum designierten SPD-Spitzenkandidaten Christian Ude. Zugleich aber wollten sie sich nicht in eine Zwangslage manövrieren, die eine Regierungsbildung mit der Ude-SPD unmöglich macht.
Das beinahe einstimmige Ergebnis liest sich so: Die Ablehnung der dritten Startbahn ist für die Grünen „in möglichen Koalitionsverhandlungen in Bayern nicht verhandelbar“. Und sie beteiligen sich „an keiner Regierungskoalition, die eine dritte Startbahn beschließt“. Damit halten sich die Grünen zugleich eine komfortable Hintertür offen: Sollten bis 2013 am Flughafen bereits Fakten geschaffen sein, dann gibt es weder etwas zu verhandeln noch etwas zu beschließen.
Der Lektion in Realpolitik durch Kretschmann hätte es so gesehen also gar nicht bedurft. Doch der Ministerpräsident Baden-Württembergs sprach nicht nur über den Umgang mit umstrittenen Großprojekten. Kretschmann bereitete die bayerischen Grünen auch schon mal auf den Ernstfall, auf die unangenehmen Seiten des Regierens vor.
Er berichtete, dass in der Regierung manches „leider nicht so schnell geht, wie wir es vorhatten“. Er rief dazu auf, in der Bildungspolitik die Ziele (beste individuelle Förderung der Kinder) hervorzuheben, statt nur über die Mittel (Gemeinschaftsschule) zu reden, mit denen man die Ziele erreichen will. Er appellierte an die Partei, auf die Menschen zu hören: „Wenn andere bessere Ideen haben als wir, dann erschrecken wir nicht, sondern freuen uns darüber.“ Und dass er selbst nicht davor zurückschreckt, sich auf Weisheiten der konservativen Konkurrenz zu beziehen, zeigte er in Bad Windsheim gleich zweimal. Auf dem Podium zitierte er CSU-Übervater Franz Josef Strauß: „Man kann Generäle anschreien, Zahlen nicht.“ Vor dem Saal bemühte er dann noch den chinesischen Philosophen Konfuzius: „Der Mensch stürzt nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel.“ Beides war gemeint als Appell, die Realität anzuerkennen.
Landeschef Janecek warnt vor Überheblichkeit
Das Tandem an der Spitze der bayerischen Grünen, Theresa Schopper und Dieter Janecek, nahm diesen Ball auf. Janecek warnte vor Überheblichkeit: „Die Landtagswahlen 2013 sind wahrlich kein Selbstläufer.“ Er erinnerte an die „große Verantwortung“ der Grünen in der Energiewende. Und er forderte eine Änderung des politischen Stils: „Die Zeit der Testosteron-gesteuerten Basta-Männer ist nun endgültig vorbei, auch in Bayern.“
Schopper, die in Bad Windsheim mit knapp 83 Prozent der Stimmen als Landeschefin bestätigt wurde, warnte davor, die Gegner zu unterschätzen: „Die FDP liegt schon auf der Palliativstation. Aber die CSU ist wahrlich noch keine Splitterpartei. Da dürfen wir uns nichts vormachen.“ Schopper sagte: „Der Wind wird rauer. Das Klima gegen uns wird härter.“ Damit waren nicht nur CSU und FDP gemeint, sondern auch SPD. Christian Ude wirke für die bayerischen Sozis wie „Antidepressiva“. Das sei zu begrüßen. Wenn es aber etwas werden soll mit der Ablösung der CSU, dann „müssen die Bösartigkeiten aus der SPD aufhören“, sagte Schopper.
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