CSU: Energiewende kommt vor Naturschutz
Entwicklungsprogramm wird vom Naturschutz abgelehnt. Aber auch Streit in Koalition.
Mitten in der Sommerpause ist in der CSU-FDP-Koalition ein Streit über das Landesentwicklungsprogramm (LEP) entbrannt. Die Landtags-CSU forderte gestern teils massive Korrekturen an dem von Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) vorgelegten Entwurf – was die FDP postwendend zurückwies. Die Grünen riefen die schwarz-gelbe Koalition auf, den Entwurf zurückzuziehen und zu überarbeiten. Der Bund Naturschutz (BN) warf der CSU vor, mit ihren Korrekturwünschen das Gesicht Bayerns zerstören zu wollen. Das Kabinett hatte den überfälligen Entwurf für das neue LEP im Mai beschlossen. Nun berät der Landtag darüber.
Nach Worten des CSU-Wirtschaftsexperten Erwin Huber will seine Partei im Landesentwicklungsprogramm unter anderem festschreiben lassen, dass der Energiewende Vorrang vor Belangen des Natur- und Umweltschutzes eingeräumt wird. „Entweder man will die Energiewende oder nicht“, sagte Huber. Ihn habe schon gewundert, dass dieses Thema in Zeils Entwurf nur geringen Raum einnehme.
Nutzung der Wasserkraft
Konkret will die CSU unter anderem eine maximale Nutzung der Wasserkraft als Ziel bei der Landesentwicklung festschreiben. Auch neue Querbauten in Flüssen soll es demnach geben – wobei der Energieerzeugung klar Vorrang vor dem Naturschutz eingeräumt werden soll. Für mögliche neue Gaskraftwerke sollen Flächen reserviert werden, und es sollen zusätzliche Standorte für Pumpspeicherkraftwerke geprüft werden. Zudem soll der Ausbau der Stromnetze klar Vorrang vor Belangen des Landschaftsschutzes haben.
Insgesamt lässt Zeils Entwurf nach Ansicht der Landtags-CSU zu wünschen übrig. Die Christsozialen vermissen konkrete Weichenstellungen. Aus unverbindlichen Absichtserklärungen müssten deshalb in den Parlamentsberatungen „verbindliche Prioritäten“ gemacht werden, verlangte Huber, der einst selbst Wirtschaftsminister war und heute Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses ist. Auch bei überregional wichtigen Schienen- und Straßenbauprojekten will die CSU Natur- und Umweltschutzbelange künftig weniger stark berücksichtigen.
Zeil erklärte, ursprünglich hätten wesentliche Teile der CSU das neue LEP als leeres Blatt ausgestalten wollten. „Jetzt soll plötzlich wieder alles und jedes geregelt werden. Hier erscheint mir erforderlich, dass die CSU zunächst einmal intern ihre Positionen klärt. Zudem wäre es auch schon sehr viel früher möglich gewesen, sich einzubringen.“ Im Übrigen sei nicht zuletzt das CSU-geführte Umweltministerium bei seinen bisherigen Initiativen im Bereich Energieversorgung auf die Bremse getreten, fügte Zeil hinzu.
FDP-Fraktionschef Thomas Hacker sagte, das vom Wirtschaftsministerium erarbeitete Programm umfasse deutlich weniger Vorgaben als bisher. „Es ist eben gerade unser Ziel, zum Beispiel bei der Energiewende den Kommunen vor Ort möglichst große Entscheidungsfreiheit für ihr Handeln zu lassen.“
Der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner warnte, wenn Hubers Vorschläge verwirklicht würden, dann stehe er „für die Zerstörung der bayerischen Flüsse, den Verlust der für die bayerische Identität so wichtigen Orts- und Landschaftsbilder und eine neuerliche Straßenbauorgie ohne Grenzen“. „Das Gesicht Bayerns ist in Gefahr.“ (dpa)
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