„Lug und Trug“
SPD-Fraktionschef Rinderspacher empört sich über Seehofers Versprechen, die Schulden bis 2030 zu tilgen
München Schulden tilgen oder Geld für vorhersehbare Milliardenbelastungen ansparen? Das ist die Frage, die Regierungsmehrheit und Opposition im Landtag derzeit gleichermaßen beschäftigt.
Die gut 32 Milliarden Euro Altschulden des Freistaats will Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bekanntlich bis 2030 tilgen. Und dafür offenbar auch das in den letzten Jahren für die Absicherung der Altersversorgung der bayerischen Beamten angesparte Geld angreifen: Rund 1,4 Milliarden Euro liegen dafür derzeit in einem Fonds und einer Rücklage. Geld, mit dem an sich die stark steigenden Versorgungslasten in den nächsten Jahrzehnten abgefedert werden sollen.
SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher treibt Seehofers Coup deshalb die Zornesröte ins Gesicht: „Es geht hier um Milliardenbeträge, die aus billigen wahltaktischen Gründen vernichtet werden würden“, schimpft der Oppositionsführer. „Die CSU verschiebt damit Milliardenlasten in die Zukunft“, assistiert SPD-Haushaltsexperte Volkmar Halbleib: „Das ist politisch unredlich und ökonomischer Unsinn.“
In der Tat steigen die Versorgungslasten des Freistaats laut dem aktuellen Entwurf eines „Versorgungsberichts“ des Finanzministeriums, der dieser Zeitung vorliegt, in den nächsten Jahren massiv: Von derzeit rund 3,7 Milliarden Euro auf bis zu 15,3 Milliarden Euro im Jahr 2050. Ohne entsprechende Vorsorge könnte dann jeder zweite Steuer-Euro für Bezüge und Pensionen der Staatsdiener gebunden sein.
„Es kann nicht sein, dass nachfolgende Generationen für Seehofers Wahlkampf-Gag bezahlen müssen“, schimpft Rinderspacher deshalb. Dies gelte umso mehr, da die Verzinsung der Rücklagen mit bis zu 7,7 Prozent mehr als doppelt so hoch ist, wie die aktuellen Schuldzinsen des Freistaats von 3,26 Prozent.
Schulden zu tilgen sei auch für die SPD ein wichtiges Ziel, beteuert Rinderspacher. Seehofers Versprechen sei jedoch „Lug und Trug“, „Hokuspokus“, gar eine „Sauerei“, erregt sich der SPD-Politiker. Auch sei es typisch für Seehofer, seinen durchsichtigen Plan offenbar erst „auf dem Pissoir“ vor seiner Rede in Wildbad Kreuth auszuhecken: „Das ist ein Niedergang der politischen Kultur, das empört mich persönlich.“ CSU-Fraktionschef Georg Schmid schoss jedoch postwendend zurück: Dass Rinderspacher mit seinen Beleidigungen auch sprachlich völlig entgleise, zeige nur, „wie konzeptlos und irritiert die SPD den Fragen der Zukunft und Nachhaltigkeit gegenübersteht.“
Die Diskussion ist geschlossen.