Christian Ude: "Es wird ein Höllenritt"
Münchens Oberbürgermeister Christian Ude wird mit einer Gegenstimme zum Spitzenkandidaten gekürt. Die Bayern-SPD gibt sich aber dennochkeiner Illusion hin.
Dass die SPD selbst etwas anders klingen will als die jahrzehntelange Regierungspartei CSU, zeigt sich bei der Musikvorführung auf ihrem Nominierungsparteitag in Nürnberg: Eine recht schräge Version des bei der „schwarzen“ Konkurrenz unvermeidlichen bayerischen „Defiliermarsches“ gibt dort die ebenfalls recht schräge Aschaffenburger Jazz-Combo „March Mellows Streetband“ gleich zur Einstimmung zum Besten.
Ude will ganz anders sein als Horst Seehofer
Auch Christian Ude, der einige Stunden und ein paar Lobreden später im nebeligen Nürnberg mit nur einer Gegenstimme zum offiziellen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2013 gekürt wird, möchte als Ministerpräsident ganz anders sein als sein CSU-Konkurrent Horst Seehofer: „Ehrlich währt am längsten. Das ist meine feste Überzeugung“, sagte er deshalb in seiner gut einstündigen Bewerbungsrede.
Scharfe Attacken auf die CSU („Die Kehrtwende ist in den letzten Jahren zu ihrer bevorzugten Fortbewegungsart geworden“) kombinierte Ude deshalb mit bewusst zurückhaltenden Wahlversprechen: Er werde anders als sein inhaltlich flexibler CSU-Konkurrent „kein Schlaraffenland versprechen“, sagte Ude. Ob neue Unikliniken für Augsburg oder neue Konzertsäle für München: „Sorry, damit kann ich nicht dienen.“ Er wisse zwar, „dass dies ein wenig karg klingt“, gibt Ude zu. Zumal für einen Wahlkampf, der aus Sicht vieler Spitzengenossen extrem hart werden wird. Aber: „Es lebe dieser Unterschied.“
Ude: „Umfragen kann man kaufen. Wahlen nicht.“
Zuletzt war Udes Kampagne etwas ins Stocken geraten. In jüngsten Umfragen schien eine Regierung unter SPD-Führung in immer weitere Ferne zu rücken – was Ude mit Blick auf vermeintlich CSU-nahe Umfrageinstitute mit dem griffigen Satz beantwortet: „Umfragen kann man kaufen. Wahlen nicht.“
Die „Krönungsmesse“ in Nürnberg soll nun neuen Schwung bringen: „Die Signale müssen schon besonders sein, die von diesem Tag ausgehen“, sagte Münchens Oberbürgermeister vor Beginn des Parteitags und hakte seine Frau Edith von Welser-Ude unter – die später bei einer lockeren Talk-Einlage mit der Information überrascht, sie halte ihren Gatten seit dem ersten Kennenlernen für meist schlecht gekleidet.
Die fast einstimmige Wahl als "starkes Signal" gewertet
Immerhin kann Ude nach wie vor auf großes Interesse bauen: Zu den rund 350 Delegierten kamen noch einmal rund 700 Gäste in die Nürnberger Messehallen. Illusionen über die kommenden elf Monate macht sich die Parteispitze allerdings nicht: „Das, was vor uns liegt, wird ein Höllenritt“, sagte Bayern-SPD-Chef Florian Pronold. Der „gesamte Staatsapparat“ sei „die Klaviatur, auf der die CSU spielen kann“, warnte Ude.
Die fast einstimmige Wahl sei aber „ein starkes Signal“, lobte Ude, der auf neue inhaltliche Schwerpunkte verzichtete. Er wolle „die Themen nicht vorgeben“, erklärte er. Das sei sein „Verständnis von innerparteilicher Demokratie“. Die Chance zum Wechsel sei aber weiter da – auch wenn „noch nichts in trockenen Tüchern ist“, findet Ude.
Seine Partei könne ohnehin nichts mehr erschüttern, bekannte Nürnbergs SPD-Oberbürgermeister Ulrich Maly: „Jeder bayerische Sozialdemokrat hat in seinem Herzen einen kleinen Vorrat an nicht verbrauchter Verzweiflung.“
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