Haushalt: FDP kommt Seehofer zuvor
Zum Unmut von CSU-Chef Seehofer hat der Koalitionspartner FDP schon jetzt angefangen, über das Milliardenloch im Staatshaushalt zu reden.
Es gibt Dinge, die mag Horst Seehofer gar nicht. Zum Beispiel, wenn es nicht nach seinem Willen geht. Meistens ist dann die FDP im Spiel. So auch hier: Anders als es der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident vorzugeben versuchte, hat der Koalitionspartner schon jetzt angefangen, über das Milliardenloch im Staatshaushalt zu reden. Seehofer wollte das ärgerliche Thema am liebsten erst nach der nächsten Steuerschätzung im November auf dem Tisch haben und dann - wie schon vor zwei Jahren praktiziert - im Schnellverfahren einen Doppelhaushalt durch den Landtag bringen.
Die Landtagsabgeordneten der FDP aber haben bei ihrer Klausurtagung im mittelfränkischen Herzogenaurach nicht nur übers Geld geredet. Sie haben gleich Sparvorschläge unterbreitet, Forderungen gestellt und - was für die CSU am ärgerlichsten ist - auch noch offen behauptet, dass dringend nötige Investitionen in Familie, Bildung und Innovationen ohne neue Schulden in den kommenden zwei Jahren nicht machbar seien.
Heftiger Widerspruch aus der CSU, die in einem ausgeglichenen Haushalt ein "Markenzeichen" ihrer Politik sieht, ließ nicht lange auf sich warten. Die Stimmung in der schwarz-gelben Koalition in Bayern ist seit der "Umfrage-Affäre" ohnehin an einem Tiefpunkt. Gut zwei Stunden debattierten die Liberalen in Herzogenaurach über den "Affront", dass die CSU-geführte Staatskanzlei sich von Meinungsforschern darüber hat beraten lassen, wie in der politischen Auseinandersetzung mit der FDP umzugehen sei. "Es herrscht offener Dissens", hieß es hinterher. Klein beigeben will die FDP auf keinen Fall. Fraktionschef Thomas Hacker und Wirtschaftsminister Martin Zeil sehen eine "Bringschuld" der CSU, um den Streit beizulegen und gegenseitiges Misstrauen abzubauen.
Nun mischt sich die Vertrauenskrise mit dem Konflikt ums Geld. Der Plan für den Haushalt, den die FDP-Fraktion mit erklärter Rückendeckung der FDP-Landesvorsitzenden, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, vorlegte, hat mehrere Bestandteile und eine raffinierte Pointe. Zunächst soll, um auf der Ausgabenseite für Entlastung zu sorgen, eine Milliarde pro Jahr eingespart werden - nach einem festgelegten Schlüssel quer durch alle Ressorts. Damit ließe sich das erwartete Defizit von rund drei auf rund zwei Milliarden verringern. Gleichzeitig setzt die FDP auf wieder stärker steigende Steuereinnahmen schon im nächsten Jahr. Die verbleibende Lücke soll in den kommenden beiden Jahren durch Neuverschuldung ausgeglichen werden - bis Einnahmen und Ausgaben mittelfristig wieder deckungsgleich sind.
Um aber dennoch die Investitionen in das Programm "Aufbruch Bayern" finanzieren zu können, will die FDP die letzten Eon-Aktien im Wert von angeblich knapp einer Milliarde Euro verkaufen, die noch im Besitz des Freistaats sind. Hier steckt die heimliche Pointe des Vorstoßes der Liberalen: Der Löwenanteil dieses Geldes nämlich würde entsprechend der bisherigen Schwerpunktsetzungen der Staatsregierung in die beiden FDP-Ministerien Wirtschaft und Wissenschaft fließen. Die FDP-Minister Martin Zeil und Wolfgang Heubisch könnten sich als Sieger in der Haushaltsdebatte fühlen.
Die Reaktion der CSU am Wochenende kam prompt. CSU-Fraktionschef Georg Schmid erklärte gegenüber unserer Zeitung: "Es bleibt dabei: Unser Ziel ist ein ausgeglichener Haushalt für 2011 und 2012." Er sei sich darüber mit Ministerpräsident Horst Seehofer, Finanzminister Georg Fahrenschon und dem Chef des Haushaltsausschusses Georg Winter (alle CSU) einig und werde der CSU-Fraktion bei ihrer Klausur kommende Woche in Kloster Banz einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Schmid geht dabei davon aus, dass das ursprünglich auf 3,4 Milliarden Euro geschätzte Defizit tatsächlich nur bei 2,6 Milliarden Euro liegen wird.
Diese Lücke will er durch Einsparungen bei den Ministerien (drei Prozent in jedem Ressort entsprechen 1,3 Milliarden Euro) sowie durch weitere Reserven im Haushalt schließen. Das werde zwar sehr schwer, müsse aber möglich sein bei einem Haushaltsvolumen, das in den vergangenen drei Jahren um rund 16 Prozent auf 42,3 Milliarden Euro angewachsen ist. Dass Seehofer und Schmid sich so klar festlegen, dürfte die FDP überraschen. Seit Monaten nämlich gab es aus der CSU Signale in Richtung Neuverschuldung. Nun soll es nach dem Willen Seehofers doch andersrum laufen.
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