Naturschützer befürchten Verwässerung der Umweltschutz-Ziele
Landesbund für Vogelschutz und der Bund Naturschutz hadern mit der Umsetzung des Volksbegehrens "Rettet die Bienen". Man sei "ein Stück weit am Verzweifeln".
Die großen Naturschutzverbände in Bayern wollen nach dem erfolgreichen Volksbegehren zum Artenschutz auch im kommenden Jahr treibende politische Kraft in der Landespolitik sein. Sowohl der Bund Naturschutz (BN) als auch der Landesbund für Vogelschutz (LBV) kündigten am Montag an, den politischen Druck auf die Staatsregierung aufrecht zu erhalten, damit das Gesetzespaket zum Artenschutz auch praktisch umgesetzt wird. Dies sei, so sagte der LBV-Landesvorsitzende Norbert Schäffer im Gespräch mit unserer Redaktion, "beileibe kein Selbstläufer". Der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner sagte, die Naturschützer seien "ein Stück weit am Verzweifeln, weil vieles eben noch nicht passiert."
Insbesondere Mergner und der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe gingen mit der schwarz-orangen Staatsregierung ungewöhnlich hart ins Gericht. Geilhufe warf Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und seinem Vize Hubert Aiwanger (Freie Wähler) "Mutlosigkeit" vor. "Wir sehen bisher tatsächlich nur Symbolpolitik", sagte Geilhufe. Mergner kritisierte, dass Söder Forderungen nach mehr Natur-, Arten- und Klimaschutz mit dem Begriff "Verbotspolitik" bekämpfe. "Das ist für uns ein Unwort", sagte Mergner. Wer etwas erreichen wolle, brauche klare Regelungen.
Schäffer kündigte an, der LBV werde sehr genau darauf achten, dass für die Umsetzung des Gesetzespakets zum Artenschutz "ausreichend Gelder zur Verfügung gestellt werden und es nicht zu einer Verwässerung von Gesetzen und Zielen kommt." Zu diesem Zweck habe der Verband Wissenschaftler einer Universität beauftragt. Sie sollen Indikatoren erarbeiten, anhand derer der Grad der Umsetzung gemessen werden könne. "Dass das Volksbegehren zum Gesetz geworden ist, bedeutet ja noch nicht, dass wir eine einzige Feldlerche mehr haben."
Um praktische Fortschritte zu erzielen, wollen die Naturschutzverbände zudem engeren Kontakt zu Landwirten suchen. Schäffer betonte, dass er Verständnis habe für die Sorgen der Bauern. "Wenn mir Landwirte sagen, sie haben Existenzängste, nehme ich das sehr, sehr ernst. Aber seien wir ehrlich: Das Volksbegehren Artenvielfalt in Bayern hat die Krise in der Landwirtschaft nur öffentlich gemacht, Probleme hatten Bäuerinnen und Bauern schon viel früher. Es sind vor allem die agrarpolitischen Rahmenbedingungen, die unseren Landwirten zusetzen", sagte Schäffer.
Bund Naturschutz fordert neuen "Runden Tisch" in Bayern
Auch Mergner sieht das so: "Die Landwirtschaft ist nicht durch höhere Umweltauflagen bedroht, sondern dadurch, dass sie einem erhöhten Preisdruck ausgesetzt ist." Entscheidend sei eine andere Agrarpolitik, sagte der BN-Vorsitzende und verwies auf die europäische Bürgerinitiative "Bienen und Bauern retten", die von einem breiten internationalen Trägerkreis gestartet worden sei. Er warnt: "Wenn sich die bayerische Agrarpolitik nicht endlich für ein Umsteuern in der EU-Agrarpolitik einsetzt und unfaire Handelsabkommen wie CETA und Mercosur stoppt, droht der Intensivierungsdruck die Effekte des Volksbegehrens wieder zunichte zu machen."
Es sei illusorisch zu glauben, dass die vergleichsweise kleinteilige bäuerliche Landwirtschaft in Bayern gegen die großflächige Konkurrenz in Argentinien, den USA oder Russland dauerhaft bestehen könne, sagte Mergner. "Wachsen oder weichen" könne nicht länger die Devise sein. "Ich glaube, dass es viele Bäuerinnen und Bauern gibt, die nicht mehr auf dieses Heilsversprechen des Bauernverbandes hereinfallen."
Gewisse Unterschiede zeigen sich zwischen BN und LBV in der Beurteilung des "Runden Tisches" der Staatsregierung zum Artenschutz. Nach Ansicht Schäffers hat sich die Einrichtung als "Plattform um zusammenzukommen" bewährt, auch wenn dort nicht sofort alle Probleme gelöst werden könnten. Der LBV jedenfalls sei "sehr gerne bereit zu weiteren Gesprächen".
Mergner dagegen sieht das deutlich kritischer. Der Ministerpräsident, so sagt er, sei nicht bereit gewesen, über Grundsatzfragen wie die Agrarpolitik zu diskutieren. Der Bund Naturschutz wolle deshalb im kommenden Jahr einen eigenen "Runden Tisch" einrichten – mit Vertretern der Landwirtschaft, Verbraucherverbänden und Handelsunternehmen, aber auch mit Gewerkschaften. Dort soll es nicht nur um Naturschutz im engeren Sinne gehen, sondern auch um damit zusammenhängende Fragen wie Energiewende, Wirtschaft und Mobilität.
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.
>> Es sei illusorisch zu glauben, dass die vergleichsweise kleinteilige bäuerliche Landwirtschaft in Bayern gegen die großflächige Konkurrenz in Argentinien, den USA oder Russland dauerhaft bestehen könne, sagte Mergner. <<
Willkommen in einer globalisierten Welt, in der ein paar deutsche Umweltschützer komplett bedeutungslos sind...
Nie ist jemand bedeutungslos, der für das Richtige einsteht. Es fängt immer bei einem selber an!
Nur dann etwas Verändern zu wollen, wenn die gesamte Weltgemeinschaft das gleiche tut, ist schlicht unsinnig.
Da können sie gleich jede Veränderung, jede gute Idee und Handlung bleiben lassen.
Was für eine fatalistische Einstellung....