Wirtschaftsminister Wiesheu wechselt in Bahn-Vorstand
Berlin/München (dpa) - Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber muss sich überraschend einen neuen Wirtschaftsminister suchen. Amtsinhaber Otto Wiesheu (beide CSU) wechselt mit Beginn des neuen Jahres in den Vorstand der Deutschen Bahn. Stoiber kündigte an, ein Nachfolger werde Anfang Januar auf der Klausurtagung der CSU- Landtagsfraktion in Kreuth präsentiert.
Berlin/München (dpa) - Der langjährige bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) wechselt überraschend in den Vorstand der Deutschen Bahn. Mit den Querelen um Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) habe die Entscheidung nichts zu tun, versicherte der 61-Jährige am Sonntag in München.
Stoiber will bei der Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion Anfang Januar in Kreuth einen Nachfolger präsentieren. dpa-Informationen zufolge plant er, das Ausscheiden seines Vertrauten für eine größere Kabinettsumbildung zu nutzen. Mit Wiesheu verliert der derzeit massiv unter Druck stehende Stoiber eine Schlüsselfigur seiner Regierungsmannschaft. Die FDP sprach wegen möglicher Interessenkonflikte von einem "handfesten politischen Skandal".
Wiesheu übernimmt zum 1. Januar bei der Bahn das Vorstandsressort für Marketing und politische Beziehungen, teilte die Deutsche Bahn AG in Berlin mit. Der Oberbayer tritt die Nachfolge von Klaus Daubertshäuser an. "Die Deutsche Bahn AG mit ihren Zukunftsperspektiven ist für mich das spannendste Unternehmen Deutschlands", erklärte Wiesheu. Er ist der dienstälteste Wirtschafts- und Verkehrsminister Deutschlands. Seit 1993 leitet er das Doppelressort in Bayern, seit mehr als 30 Jahren ist er im Landtag.
Stoiber betonte, der Wechsel Wiesheus zur Bahn erfolge in enger Abstimmung mit ihm. "Die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns in den letzten Jahren und der heutige Spitzenplatz Bayerns in Deutschland sind untrennbar mit der Leistung und dem Namen von Otto Wiesheu verbunden." Die Deutsche Bahn betonte, Wiesheu habe seit seinem Amtsantritt als Minister auf Bundesebene maßgeblich an der Bahnreform mitgewirkt und die Nahverkehrspolitik des Freistaats bestimmt.
Wiesheu erklärte, er habe Stoiber bereits vor Wochen über sein erstes Gespräch mit Bahn-Chef Hartmut Mehdorn informiert und ihn am vergangenen Freitag von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt. "Mit der Diskussion, die wir jetzt haben in der CSU, hat das alles nichts zu tun", versicherte Wiesheu, der als einer der engsten Getreuen Stoibers gilt. Der Ministerpräsident habe ihn - wie zugesagt - nicht von seiner Entscheidung abbringen wollen. "Für mich ist das eine Chance, für ihn momentan ein Problem." Deshalb schätze er Stoibers Haltung als sehr großzügig.
FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte in Berlin, es sei "ein Tiefpunkt der politischen Kultur", wenn "ein Lobbyist" zunächst über seine Partei an Koalitionsverhandlungen teilnehme und dann in das Unternehmen wechsle, dem gerade noch Verträge und Pfründe zugeschanzt worden seien. "Das stinkt zum Himmel", sagte Westerwelle.
Der bayerische Oppositionsführer Franz Maget (SPD) sprach von "Auflösungserscheinungen" im Kabinett Stoiber. Der Grünen- Bundestagsabgeordnete Toni Hofreiter erklärte: "Es steht zu befürchten, dass mit seiner Stimme im Vorstand weiterhin viel Steuergeld unwirtschaftlich in der Landschaft verbaut wird." Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) sagte dagegen der dpa: "Der Weggang dieses großartigen und erfolgreichen Zollinger Dickschädels ist ein Verlust für Bayern."
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