Bayerische Grüne fordern kostenloses Deutschlandticket für alle Schüler
Nicht für alle bayerischen Schüler gibt es Regelungen, um deren Schulbeförderung zu finanzieren. Die Grünen-Fraktion im Landtag will das Prozedere vereinheitlichen.
Ein bundesweit gültiges kostenfreies Deutschlandticket für alle Schülerinnen und Schüler in Bayern, so lautet die Forderung der bayerischen Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das erklärten die Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze und Grünen-Bildungsexperte und Landtagsvizepräsident Thomas Gehring am Montagvormittag. In Bayern gelten für unterschiedliche Schulen und Klassenstufen auch unterschiedliche Regelungen zur Finanzierung der Schülerinnen- und Schülerbeförderung. "Es ist Chefsache von Markus Söder (CSU), diesen Tarifdschungel zu zerschlagen", sagte Schulze. Laut Gehring würde sich auch der finanzielle Mehraufwand dafür in Grenzen halten.
Zum Hintergrund: Für Schülerinnen und Schüler bis einschließlich der zehnten Klasse gilt in Bayern das Schulwegkostenfreiheitsgesetz, das laut Schulze "seinen Namen nicht verdient: Es gilt nämlich nicht für alle Schülerinnen und Schüler und auch nicht für alle Schulen". Bereits die Regierung Stoiber (CSU) habe die Schulwegkostenfreiheit ab der elften Klasse abgeschafft, zudem gelte sie nur für Fahrten zur nächstgelegenen Schule und erst ab drei Kilometern Schulweg.
Bürokratieabbau und Bildungsgerechtigkeit als Folge eines Gratistickets
Unlängst beschloss die Bayerische Staatsregierung zudem, dass Studierende, Auszubildende und Freiwilligendienstleistende aus Bayern ab 1. September für 29 Euro deutschlandweit den ÖPNV nutzen können sollen. Um Schülerinnen und Schüler ab der elften Klasse in vergleichbarem Alter nicht zu benachteiligen, verkündete Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) Mitte April, dass auch für diese eine Regelung gefunden werden solle, damit "da auch die 29 Euro herauskommen". Ministerpräsident Söder kündigte außerdem ein 29-Euro-Ticket für Fach- und Berufsoberschulen (FOS/BOS) an, das laut Katharina Schulze aber lediglich die Belastungsgrenze für Eltern auf monatlich 29 Euro senke: "Das heißt: Eine Schülerin der elften Klasse FOS kann für 29 Euro zur Schule fahren – aber nicht weiter."
Die Grünen fordern nun, Fälle wie den einer Allgäuer Familie mit drei Kindern zu vermeiden, von dem Thomas Gehring berichtete: Alle Kinder gehen in verschiedenen Schulen, sind allesamt aber noch nicht in der elften Klasse. Für jedes Kind greift eine andere Regelung: Eines bekommt wie bislang die gesamten Schulwegkosten ersetzt, das zweite bekommt nichts, weil es nicht die nächstgelegene Schule besucht. Das dritte Kind wiederum bekommt das Deutschlandticket, weil das für das Landratsamt günstiger ist als die bisherige Schulwegfinanzierung. Die Lösung der Oppositionsfraktion: eben ein kostenloses Deutschlandticket für alle Schülerinnen und Schüler, "unabhängig vom Alter, besuchter Schule und Wohnort".
Das würde nicht nur einen massiven Bürokratieabbau bedeuten, sagte Fraktionsvorsitzende Schulze: "Das ist für uns auch ein wesentlicher Teil von Bildungsgerechtigkeit, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt." Die Forderung ziele pauschal auf alle Schülerinnen und Schüler ab, egal, ob diese mit dem Rad oder anderweitig in die Schule kommen: "Es ist sinnvoll und unbürokratisch, und Landratsämter müssen auch keine Kilometer mehr zählen." So könne man auch ein bis zwei Stellen je Landratsamt einsparen, fügte Thomas Gehring an.
Schülerbeförderung: Grünen-Fraktion schätzt die Mehrkosten auf 131 Millionen Euro
Auch finanziell sei die Forderung keineswegs utopisch, wie Gehring nach Kalkulationen seiner Fraktion vorrechnete: "Der Freistaat gibt heute schon 25 Euro pro Kind für dessen Beförderung aus, insgesamt teilen sich Kommunen und Staat dafür rund 600 Millionen Euro." Um allen bayerischen Schülerinnen und Schülern ein kostenloses Deutschlandticket zur Verfügung zu stellen, wären laut Gehring lediglich weitere 131 Millionen Euro nötig: "Dann können Freistaat und Kommunen verhandeln, wie sie die Kosten aufteilen." Von den momentanen 600 Millionen Euro trägt die Staatsregierung rund 60 Prozent. Weil aber die zuständigen Ministerien für Kultus (Freie Wähler) beziehungsweise Verkehr (CSU) von unterschiedlichen Fraktionen bekleidet würden, sei es laut Grünen "Chefsache" von Markus Söder, für eine einheitliche Regelung zu sorgen.
Auf Anfrage sieht das Kultusministerium eine flächendeckende Ticket-Einführung skeptisch: "Das löst beispielsweise die Problematik der Schülerbeförderung im ländlichen Raum nicht, da hier zu großen Teilen kein öffentlicher Nahverkehr, der über das Ticket für die Schülerbeförderung genutzt werden könnte, zur Verfügung steht." Das Verkehrsministerium wiederum verweist auf das 365-Euro-Ticket, das es in Bayern in einigen Verkehrsverbünden gebe. Viele Schülerinnen und Schüler könnten so ihren Schulweg und alltägliche Fahrten bereits heute günstig bestreiten. Das 365-Euro-Ticket ist aber an den jeweiligen Verkehrsverbund gebunden. Eine Anfrage an die Bayerische Staatskanzlei bezüglich Realisierbarkeit der Grünen-Forderung, eigener Pläne und finanziellem Mehraufwand blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
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