
In Mertingen steht Deutschlands erste Groß-Wärmepumpe


In Mertingen wird eine große Luft-Wärme-Pumpe in Betrieb genommen. Warum diese bislang einmalig in Deutschland, ja sogar in Europa ist.
Jörg Baumgärtner hat ein Ziel vor Augen, von dem viele, gerade größere Kommunen in Zeiten der Energiewende noch träumen: In drei bis vier Jahren, so hofft der Geschäftsführer der ProTherm Mertingen GmbH, könne man dem Eigentümer eines jeden Anwesens in dem rund 4000 Einwohner zählenden Ort einen Wärmenetz-Anschluss anbieten. Bei dem Vorhaben, flächendeckend mit alternativer Energie heizen zu können, haben die Verantwortlichen in Mertingen nun einen Schritt getan, der bei einem Festakt wiederholt als "Meilenstein" bezeichnet wurde: Die ProTherm nahm eine große Luft-Wärme-Pumpe in Betrieb, die in ihrer Form nicht nur in Deutschland, sondern sogar in Europa einmalig sei.
Die Anlage befindet sich am Ortsrand von Mertingen direkt an der Bahnstrecke und ist momentan nur über einen gekiesten Feldweg erreichbar. Von Weitem fallen die beiden, jeweils 15 Meter hohen Pufferspeicher aus Stahl auf, die jeweils 84 Kubikmeter Wasser fassen. Dieses wird über eine Luft-Wärme-Pumpe erhitzt. Den Strom dafür liefert - zumindest tagsüber bei entsprechendem Wetter – ein Solarpark, der bereits seit drei Jahren existiert und direkt an die Pumpe anschließt.
Minister Mehring ist stolz auf das Projekt in Nordschwaben
Diverse Redner betonten die Besonderheit des Projekts, das (inklusive Solarpark) rund 3,1 Millionen Euro kostet. Es schlage "die Brücke zwischen Strom und Wärme", so der neue bayerische Digitalminister Fabian Mehring. Der zeigte sich stolz darauf, dass dies ein mittelständisches Unternehmen aus Nordschwaben zusammen mit einer ländlichen Kommune verwirklicht habe und nicht – wie so oft üblich – im "Speckgürtel von München" entstanden sei. Die ProTherm-Eigner sind die Firma GP Joule aus Buttenwiesen und die Gemeinde Mertingen. Letztere ist an der ProTherm GmbH mit 55 Prozent beteiligt, das Unternehmen mit 45 Prozent.

Die Kooperation läuft seit 2014. Vor genau sechs Jahren wurden die ersten Anwesen an das Wärmenetz angeschlossen. Mittlerweile sind es laut Jörg Baumgärtner rund 250, darunter mehrere Firmen. Der entscheidende Impuls sei damals von der Firma Zott gekommen, die ihre neue Firmenzentrale über das Wärmenetz heizt. Dieses wird mit der Abwärme von zwei Biogasanlagen und einer Biomasseanlage sowie jetzt auch mit der Luft-Wärme-Pumpe betrieben. Die neue Technologie kann die nötige Wärme für circa 60 Haushalte liefern. Rechnerisch ersetzt das Wärmenetz nach Angaben von Baumgärtner mittlerweile den Verbrauch von einer Million Liter Heizöl pro Jahr.
Auch bei minus 10 Grad kann Wärme produziert werden
Die Luft-Wärme-Pumpe könne auch bei einer Außentemperatur von minus 10 Grad noch 80 Grad Wärme produzieren, erläuterte Felix Schwahn, der für diesen Bereich zuständige Geschäftsführer von GP Joule. Die Pumpe laufe auch mit Strom aus dem allgemeinen Netz. Der könne immer dann genutzt werden, wenn er in diesem überschüssig und damit auch günstig sei. Dank digitaler Steuerung wisse man 48 Stunden im Voraus, wie die Anlage am besten gefahren wird.

Für den weiteren Ausbau des Wärmenetzes in Mertingen plane die ProTherm bereits eine zweite große Luft-Wärme-Pumpe, sagte Geschäftsführer Baumgärtner gegenüber unserer Redaktion. Bürgermeister Veit Meggle erinnerte bei dem Festakt an die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, welche die Verantwortlichen der Kommune hätten. Die Umsetzung der Energiewende finde vor Ort statt. Meggle sprach dem ProTherm-Geschäftsführer ein "Riesenkompliment" für dessen Arbeit aus. Ebenso würdigte der Rathauschef die Kooperation mit der Firma GP Joule.
Geschäftsführer: Es gibt technische Lösungen für Energiewende
Deren Mit-Gründer und Geschäftsführer Heinrich Gärtner erklärte, eine große Herausforderung bei der Energiewende sei, "die Energie zum Verbraucher zu bringen". Dies kriege man auch auf der "kleinen Strecke" gut gebacken. Es gebe durchaus technische Lösungen. Mit rund 50 Prozent sei die Wärme grundsätzlich der größte Brocken beim Energieverbrauch. Mit der Luft-Wärme-Pumpe lasse sich eine Kilowattstunde Strom in bis zu sechs Kilowattstunden Wärme umwandeln. Gärtner wünschte sich von der Politik, dass der Bau von Pufferspeichern, bei denen eine Höhe von 15 Metern aus technischen Gründen nötig sei, privilegiert werden müsse. Die Erfahrung zeige, dass Baugenehmigungen für solche Konstruktionen schwierig zu bekommen seien.
Das Projekt in Mertingen stößt dem Vernehmen nach überregional auf Interesse. Im Publikum anwesend waren neben Mehring gleich fünf weitere Mitglieder des Landtags: Wolfgang Fackler (CSU) und Eva Lettenbauer (Grüne) aus dem Donau-Ries-Kreis sowie Anna Rasehorn (SPD), Anton Rittel (FW) und Stephanie Schuhknecht (Grüne) aus Augsburg.
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