Feine Maroni: So vielseitig ist die Edelkastanie
Mit dem Herbst hat auch die Kastanienzeit angefangen. Für Liebhaber der Saisonküche kann die Edelkastanie vielseitig eingesetzt werden. Ob süß, deftig oder pur.
Ob zum Braten, als Pasta, im Risotto oder zum Dessert: Wenn in vielen Restaurants, die Wert auf saisonale Küche legen, die Herbstmenükarten geschrieben werden, kommen die Edelkastanien wieder zu Ehren. Lange Zeit kannte man die Maroni nur noch vom Weihnachtsmarkt. Das war früher einmal ganz anders. Edelkastanien waren in der Antike und später auch im Mittelalter hoch geschätzt, und das nicht nur beim Adel oder den Besserbetuchten mit geschultem Gaumen.
Die Römer kultivierten die Esskastanien als Grundnahrungsmittel. Es wird angenommen, dass die fast alle heutigen größeren Vorkommen von Esskastanien in Deutschland von den Römern angelegt wurden oder von ihnen abstammen. Vor allem in den wärmeren Weinanbaugebieten entlang des Rheins gibt es sehr ausgedehnte Esskastanienwälder. Auch in vielen anderen Regionen sicherten Maronen das Überleben der Menschen bei Ernteausfällen und Hungersnöten, und die gab es früher leider zuhauf.
Im Alpenraum waren die Edelkastanien schon immer Delikatessen
Kein Wunder also, dass die Esskastanien im Laufe der Zeit in den Ruf eines Arme-Leute-Essens kamen. Ihrer Beliebtheit schadete das zunächst allerdings kaum. Die nahm erst spürbar ab, als die Kartoffeln sie ab dem 18. Jahrhundert mehr und mehr verdrängten und später auch die Getreideernten immer zuverlässiger eingebracht werden konnten.
Pflanzenkrankheiten, wie der 1938 aus Amerika nach Europa eingeschleppte Kastanienrindenkrebs, sorgten dafür, dass die Esskastanien immer mehr aus vielen Küchen verschwanden. Nur im gesamten Alpenraum von Italien, Frankreich, Deutschland, Österreich und der Schweiz hielten sich die Maroni zu allen Zeiten als Delikatesse.
Die Nachspeise Vermicelle ist ganz leicht daheim zubereitet
Vor allem die Schweizer sind den Maroni mit einem Verbrauch von zwei Millionen Kilo im Jahr besonders angetan. Die aus dem italienischen Tessin stammende Nachspeise Vermicelle entwickelte sich zum Nationalgericht, es gibt kaum ein Schweizer Café oder Restaurant, das Wert auf gute Küche legt und das Spaghetti-Eis-ähnliche Püree im Herbst nicht auf der Karte hat.
Vermicelle, zu Deutsch „Würmchen“, kann man einfach selber machen: Man nimmt 600 Gramm geschält vorgegarte Maroni, die es dank Vakuumverpackung inzwischen fast in jedem Supermarkt gibt. Wer will, kann auch ein Kilo Esskastanien selber schälen und 20 Minuten vorkochen. Die geschälten Maroni 25 Minuten in einem halben Liter Milch weichkochen und pürieren. In einem zweiten Topf 0,2 Liter Wasser mit 70 Gramm Zucker und einem Päckchen Vanillezucker 15 Minuten einen Sirup kochen und heiß unter das Maronenpüree rühren bis eine glatte Masse entsteht. Mit zwei Esslöffeln Kirschwasser abschmecken und auskühlen lassen.
In der Schweiz gibt es eigene Vermicelle-Pressen, eine Kartoffel- oder Spätzlepresse tut es genauso gut oder man nimmt mit etwas Kraft den Spritzbeutel. Traditionell werden die Vermicelle auf knusprigen kleinen Meringen aus Baiser, garniert mit Schlagsahne, serviert.
Auch unter den Esskastanien gibt es Unterschiede
Wer die Maronen selber sammeln will, sollte natürlich wissen, dass Kastanie nicht gleich Kastanie ist. Zuerst einmal müssen die hiesigen Esskastanien von den ungenießbaren weitverbreiteten Rosskastanien unterschieden werden – die beispielsweise in bayerischen Biergärten als Schattenspender bekannt sind und einst nicht nur den Wirtshausgästen, sondern auch den darunterliegenden Bierkellern Kühle spendierten. Die Unterscheidung fällt leicht: Die Blätter der Esskastanie sind im Gegensatz zu den eher tropfenförmigen Blättern der Rosskastanie deutlich lang gezogener. Die Früchte der Esskastanien, wachsen in sogenannten Fruchtbechern heran, die eine Masse sehr feiner Stacheln aufweisen, ganz im Gegensatz zu den groben vereinzelten Stacheln der Rosskastanie.
Aber auch Esskastanie ist nicht gleich Esskastanie. Die besonders großen Esskastanien, vornehmlich aus Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland und der Türkei, werden auch gerne als „Maronen“ bezeichnet, wobei das Wort aber nicht einheitlich verwendet wird. In der Regel handelt es sich hier um spezielle, weitergezüchtete Sorten mit einem intensiven und süßlichen Aroma. Sogenannte Dauermaronen, die sich über Monate hinweg lagern lassen, sind ebenfalls aromatischer und süßlicher im Geschmack. Sie werden bei der Ernte besonders pfleglich behandelt und mit der Hand vom Baum gepflückt.
Beim Kauf frischer Maronen und vor allem beim Selbersammeln von Esskastanien sollte darauf geachtet werden, dass die Nüsse schön glatt und glänzend aussehen. Von eingeschrumpelten oder gar mit kleinen Insektenlöchern versehene Exemplare sollte man die Finger lassen.
Maroni können auch gut deftig zubereitet werden
Wer ganz auf Nummer sicher gehen möchte, kann die Esskastanien zu Hause in kaltes Wasser geben. Nur diejenigen Nüsse, die untergehen und nicht aufschwimmen, sollte man in der Küche verwenden. Sie eignen sich mit ihrem unverwechselbaren Geschmack hervorragend als Beilage zu Wildgerichten oder auch als Bereicherung von Salaten. Gehaltvolle Suppen, Pürees und Saucen profitieren ebenso wie Süßspeisen, ja sogar Liköre von ihrem ganz speziellen süßlichen und nussigen Aroma.
Vorgegarte Maroni sind in der Herbstküche sehr vielseitig. Aus einem Pfund Maronen und einem Kilo grobgewürfelten Hokkaidokürbis kann man ein vegetarisches Herbstgulasch machen: Kürbis in zwei, drei Zentimeter große Würfel schneiden. Zwei große Zwiebeln und zwei gelbe Paprika grob würfeln und anbraten, Maroni und Kürbis dazugeben, mit je 0,2 Liter Sahne und Gemüsebrühe aufgießen und 15 Minuten sanft gar köcheln lassen. Sauce binden, abschmecken und mit frischer Petersilie servieren.
Zu Nudeln schmecken vorgegarte Maroni (400 Gramm) in Viertel geschnitten und mit 100 Gramm gewürfeltem Speck angebraten. Mit einer Sahne ablöschen, mit geriebenem Parmesan binden, abschmecken und mit 250 Gramm Spaghetti oder anderer Pasta servieren. Im Risotto gibt man halbierte oder geviertelte, vorgegarte Maronen gut fünf Minuten vor Ende der Garzeit hinzu. Als einfache Beilage zu Fleisch oder Gemüse glasiert: 50 Gramm Zucker in einem Edelstahltopf langsam golden karamellisieren lassen, mit 50 Gramm Wasser aufgießen und dick einkochen lassen, 200 Gramm vorgegarte Maroni zugeben und mit 20 Gramm kalter Butter glasieren, bis alles eingekocht ist.
Die Maroni wie vom Christkindlesmarkt
Der Klassiker bleibt natürlich heiße Maroni vom Blech: Dazu werden die Maronen an ihrer spitzen Seite kreuzförmig eingeschnitten, damit sie im Backofen nicht unkontrolliert aufplatzen können. Dann kommen sie bei 200 Grad Celsius (Umluft: 175 Grad Celsius) in den vorgeheizten Backofen und werden dort 20 bis 30 Minuten lang geröstet. Ein feuerfestes Schälchen mit Wasser verhindert, dass die Esskastanien im Backofen zu sehr austrocknen. Fertig geröstet sind sie, wenn sich die Spitzen der eingeschnittenen Schalen leicht nach oben wölben. Schälen. Essen. Lecker.
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