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Exklusiv
18.02.2014

Wie der Allgäuer David zum Islamisten Dawud wurde

David G. (rechts) mit seinen Freunden: Er und zwei weitere junge Allgäuer haben versucht, sich Terrorgruppen im syrischen Bürgerkrieg anzuschließen. Der 19-jährige David bezahlte dafür offenbar mit seinem Leben.
Foto: Screenshot/AZ

Mit 17 ist David noch ein ganz normaler Allgäuer Jugendlicher. Zwei Jahre später ist er mutmaßlich tot – gefallen als „Gotteskrieger“ im syrischen Bürgerkrieg.

Diese Geschichte beginnt mit vielen Fragen: Der Frage nach dem Warum zum Beispiel. Warum ist David nach Syrien gegangen? Ein junger Mann aus dem Allgäu – was hat er zu suchen in einem Terrorkrieg? Warum ist er gestorben, tausende Kilometer von daheim entfernt? Die Spurensuche beginnt in Kempten. Und sie führt zu einer Geschichte, die von einer neuen islamistischen Gefahr im Internet erzählt. Und von der Hilflosigkeit der Angehörigen und der Behörden.

Zuständigkeiten sind ungeklärt und verworren

Mehr als 270 junge Männer aus Deutschland sind in den Bürgerkrieg nach Syrien gezogen. Mehr als 15 sollen tot sein. Darunter David aus Kempten. Hätte man besser hinsehen müssen? Hätte man etwas verhindern können? Der Fall dreier Kemptener Salafisten (ultrakonservativer Muslime) belegt, wie schwer sich die Behörden im Umgang mit radikalen jungen Muslimen tun. Es gibt ein Wirrwarr an Zuständigkeiten und rechtliche Hürden. Die Radikalisierung von David aus Kempten fand in Dinslaken, Nordrhein-Westfalen, statt. Dort wurde er aber nicht überwacht. Auf ihn aufmerksam wurden die Behörden in Bayern. Recherchen unserer Zeitung, von Report München und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeichnen Davids Weg nach. Der junge Mann hatte einen Sinn im Leben gesucht und fand mutmaßlich in Syrien den Tod.

Oktober 2011: David ist glücklich. Er hat einige Monate nach seinem Realschulabschluss eine Lehrstelle gefunden und wird Elektriker. Er ist 17 Jahre alt, boxt seit einiger Zeit. Der Sport tut dem pummeligen Buben gut. Er nimmt ab. David stürzt sich in die Arbeit. Sie macht ihm Spaß. Sie ist genau das, was er gesucht hat. Und auch seine Chefs mögen ihn. Weil er so höflich ist. Wohlerzogen und aufgeschlossen. Lernwillig und wissbegierig. Noch heute erinnern sie sich in der Firma daran.

Auf Internetplattformen wird Hass gepredigt

David geht zu dieser Zeit nicht mehr, wie früher manchmal, mit seiner Familie zur Kirche. Aber er fragt sich nach dem Sinn des Lebens. Nach dem Woher und dem Wohin. Schon damals hat er Kontakt zu einem jungen Türken, der in Kempten lebt. Möglicherweise lernt er über ihn den Islam kennen. Der 21-Jährige betreibt Internetplattformen, die unverhohlen für einen radikalen Islam und den Heiligen Krieg werben.

David konvertiert, liest stundenlang im Koran. War er stolz darauf, sprach er gerne darüber? „Ja, ich hatte schon den Eindruck“, sagt jemand, der ihm sehr nahe stand. David sei immer offen gewesen für Diskussionen über Religion.

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Derweil läuft Davids Leben nach außen erst einmal weiter, als wäre nichts geschehen. Bei der Arbeit hat David Erfolg. Auch beim Boxen. Am 20. November 2012 berichtet unsere Zeitung davon: David siegt in Wangen in seinem zweiten Kampf. Er wiegt 70 Kilogramm. Sein Haar ist kurz geschoren. Seinem Trainer missfällt das. Aber er setzt auf David und schenkt ihm zum Sieg einen Kopfschutz.

Im Dezember offenbart David seinem Trainer, dass er Muslim ist. Er werde nicht mehr gegen einen Menschen boxen, sagt er. Nicht, weil er Gewalt ablehnt. Sondern weil er inzwischen davon überzeugt ist, dass das Gesicht von Allah gemacht ist und dass es deshalb kein Mensch schlagen darf.

David wendet sich von seiner Familie ab und der Scharia zu

Es ist die Zeit, in der den Menschen in Davids engstem Umfeld immer deutlicher auffällt, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Anfang 2013 lernt er Arabisch mit Hilfe eines Studenten aus Kairo. Um zu hören, was radikale Islamisten sagen, muss David nicht einmal das Haus verlassen. Über das Internet sieht er sich radikale Predigten an. Sein Vorbild ist der 35 Jahre alte Salafist Pierre Vogel, der Mitglied in der früher vom Verfassungsschutz beobachteten und inzwischen aufgelösten Organisation „Einladung zum Paradies“ war. David schwärmt für Vogel – schon deshalb, weil dieser früher auch boxte, die Handschuhe dann aber für die Religion an den Nagel hängte. Die, die David nahestehen, haben nun den Eindruck, „dass er nicht mehr normal ist“.

An seinem Arbeitsplatz fällt dagegen erst einmal nichts auf. David wird als weiterhin höflich, interessiert und aufgeschlossen beschrieben. Er grenzt sich nicht von Kollegen ab, ist bei Festen dabei. Alkohol trinkt er nicht. Doch er hat Spaß, wie Fotos von damals zeigen. Kolleginnen behandelt er ausgesucht höflich. Gleichzeitig sagt er anderen zu diesem Zeitpunkt, dass Frauen weniger wert seien als Männer.

Demokratie lehnt er ab, spricht sich für die Scharia aus. Er findet die deutsche Kultur, der er entstammt, schrecklich. Er hat viele Freunde, vornehmlich in muslimischen Kreisen. Dort, so heißt es, war David beliebt. Viele seien zunächst stolz auf den jungen Konvertiten gewesen. Weil er sich so streng an die Regeln des Islams hielt, sich besonders disziplinierte. David allerdings grenzt sich irgendwann ab: In Kempten, sagt er einmal, gebe es nur wenige, die so seien wie er.

Das Training für den Heiligen Krieg beginnt

Der junge Allgäuer wird immer radikaler. Unter Gleichgesinnten nennt er sich nun „Dawud“ – und ist auf dem Weg zum Gotteskrieger. Im Mai 2013 entsteht ein Foto vor dem Einkaufszentrum in der Kemptener Innenstadt. Es zeigt David und vier weitere junge Männer. Die rechten Zeigefinger haben sie erhoben: ein Gott, ein Staat, heißt das. Für David stellen sich die Weichen in Richtung Terrorkrieg in Syrien. Dort und im Irak wollen radikale Islamisten einen Gottesstaat errichten. Sie gehören zum Netzwerk von El Kaida.

Daheim im Allgäu sieht man David trainieren. Er geht zum Beispiel barfuß und trägt Kampfhosen, die besonders züchtig erscheinen, weil sie über die Knöchel reichen. Der mittlerweile 18-Jährige ist nicht der Einzige aus Kempten, der vom Märtyrertod träumt. Auch sein Freund aus Schultagen will im syrischen Bürgerkrieg an der Seite der Islamisten kämpfen, ebenso wie ein Minderjähriger. Wer stachelte wen an? Die Rollenverteilung im Trio ist derzeit noch ungeklärt.

Im Frühjahr 2013 wird er auch auf der Arbeit auffällig

An Davids Arbeitsstelle gibt es vom Frühjahr 2013 an erste Anzeichen einer Veränderung. David bittet darum, während der Arbeitszeit beten zu dürfen. Er erhält die Erlaubnis, zieht sich von da an regelmäßig in einen Raum zurück. „Wir haben ihm das Beten erlaubt, weil er damit niemanden gestört hat“, sagt einer seiner früheren Chefs. David habe nie Kollegen belästigt und habe niemanden bekehren wollen.

Daheim und im Internet ist das anders. David wird Teil einer Propagandamaschinerie, deren Netz quer durch Deutschland reicht. Junge Radikale aus Bayern, Nordrhein-Westfalen, Berlin und anderen Gegenden Deutschlands vernetzen sich im Internet. Stellen Videos ein. Twittern. Gründen Facebook-Gruppen. Konspirieren im Geheimen und schließen sich zusammen.

Sommer 2013: Seine Familie merkt es noch nicht. Doch David hat die Grenze überschritten. Er konsumiert islamistische Propaganda nicht mehr nur. Er arbeitet mit daran. Er wird Manager einer Facebook-Gruppe. Die „Jugend der Gemeinschaft der Muslime“ sät Hass. Predigt Abgrenzung. Und Gewalt.

David kündigt seinen Job

Während des muslimischen Fastenmonats Ramadan reist David nach Nordrhein-Westfalen. Seinen Job hat er gekündigt, wochenlang ist er weg. Bei Freunden. Kriminelle Freunde. Ein Foto zeigt ihn bald darauf mit dem Drogendealer Mustafa K. und einem weiteren Islamisten.

Beide stammen aus Dinslaken im Ruhrgebiet. 71 000 Einwohner, eine „attraktive, überschaubare Stadt“, wie es auf der Internetseite heißt. Sieben Muslime sind von dort aus nach Syrien gereist.

David und die beiden anderen auf dem Foto tragen T-Shirts mit den Schriftzügen: „Alqaida“ und „Millatu Ibrahim“, eine seit 2012 verbotene Organisation aus Solingen. David erhält in Nordrhein-Westfalen geheime Nachrichten. Die genauen Zusammenhänge bleiben im Dunkeln. Überwacht wird David im Ruhrgebiet nämlich nicht, obwohl in Bayern die Behörden seine Kommunikation längst hinter den Kulissen mithören. Rechtlich schwierig sei die Situation, heißt es bei den Recherchen immer wieder. In Davids Heimat, im Allgäu, hat sich seine Familie an die Behörden gewandt.

Mehrere Monate werden David und zwei Freunde überwacht

David und seine beiden Freunde sind aber ohnehin aufgefallen. „Junge Männer aus dem Raum Kempten haben sich in sozialen Netzwerken sehr offensiv als Salafisten und Dschihadisten präsentiert“, heißt es aus bayerischen Verfassungsschutzkreisen. Mehrere Monate werden David und zwei Freunde überwacht. Die Ermittler haben Sorge, dass da im Allgäu eine radikale Zelle entstanden ist. Aber die Spur führt nach Dinslaken. Die Behörden geben die Information weiter.

David kommt im August 2013 zunächst einmal zurück nach Kempten, geht noch einmal zum Sporttraining. Gleichzeitig bestellt er massenweise islamische Bücher im Internet. Er verkauft, was er zu Geld machen kann, und spendet alle seine restlichen Habseligkeiten an Vereine, die in Syrien tätig sind.

Davids Familie ist verzweifelt. Sie muss ohnmächtig zusehen, wie sie den Jungen verliert. An David – oder eher: an Dawud – kommt niemand mehr heran. Die Familie sucht Hilfe bei der Beratungsstelle für Radikalisierung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Vergebens.

Am 20. August macht sich David auf den Weg. Er fährt nach München, zum Flughafen. Um fünf Uhr morgens setzen Beamte ihn und einen Freund aus Kempten fest. Beide haben versucht, in die Türkei auszureisen. Man nimmt David den Personalausweis ab. David kehrt nach Hause zurück. Vorrübergehend.

Er wechselt häufig das Telefon, dann ist er plötzlich weg

Wirkt er nervös? Aggressiv? „Gar nicht“, heißt es von denen, die in dieser Zeit direkt mit ihm zu tun haben. David ist nach außen ganz ruhig. Wenige Tage später erhält er eine Drohnachricht aus Nordrhein-Westfalen: „Ruf an! Sonst hat das Konsequenzen für dich.“

David wird vorsichtiger. Wechselt häufig das Telefon. Versucht, wieder an seinen Personalausweis zu kommen. Verschickt Päckchen in die Türkei. Und ist Mitte September wieder weg. Nach Erkenntnissen der Behörden fährt er nach Dinslaken. Dann nimmt er den Zug. Und überquert schlussendlich die grüne Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei. Dort entsteht ein Foto, das David mit einer Kriegswaffe zeigt. Neben ihm: Drogendealer Mustafa K. aus Dinslaken.

Vermutlich ist David noch in der Türkei, als sein Schulfreund aus Kempten nachreist. Soweit bekannt, trennen sich an diesem Punkt die Wege. David geht nach Syrien. Sein Kemptener Freund bleibt wohl in Anatolien. Die Eltern versuchen angeblich seit Monaten, ihn zur Rückkehr zu bewegen. Der Dritte im Bunde, der Minderjährige, versucht erneut in die Türkei auszureisen, wird aber von den Behörden zurückgehalten.

Eine Leiche gibt es nicht, nur Fotos im Internet

Dezember 2013: David ist im türkisch-syrischen Grenzgebiet. Er wird 19 Jahre alt. Vielleicht ist er zu diesem Zeitpunkt noch in einem Terrorcamp. Anschließend begibt sich Dawud in seinen Heiligen Krieg. Und wird wahrscheinlich bei einer Befreiungsaktion von Kämpfern der Freien Syrischen Armee getötet. In einem Begräbnisvideo heißt es auf Arabisch, David sei bei einer Militärbasis erschossen worden. Eine Leiche gibt es nicht. Nur die Bilder, die im Internet kursieren und einen Toten zeigen: höchstwahrscheinlich David.

18. Januar. Ein Samstag. An diesem Tag soll Davids Leben geendet haben. In Deutschland haben die Ermittlungen gerade erst begonnen.

Die ARD zeigt in „Report München“ am heutigen Dienstag um 21.45 Uhr einen Beitrag über David aus Kempten.

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