Heimische Firmen halten den Atem an
Bisher können die Unternehmen in der Region mit den Einbußen im Geschäft mit Russland leben. Einer fürchtet aber, dass die Sanktionen einen Schuss nach hinten auslösen
Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine droht zu einer Wachstumsbremse zu werden. Viele heimische Unternehmen befürchten jedenfalls spürbare Einbußen im Geschäft mit Russland. Die Firma Lingl in Krumbach, Ausrüster von Ziegeleien und Lieferant von Anlagen für die keramische Baustoffindustrie, hält den Atem an. Laut Karl Liedel, der im Vertrieb und Projektmanagement arbeitet, sei Russland für das Unternehmen ein „sehr wichtiger Markt.“ Der 48-Jährige weiß durch Mitarbeiter der Vertretungsstelle in St. Petersburg (Lingl Service) von den wirtschaftlichen Problemen, die sich durch die Ukraine-Krise offenbaren. Kunden seien zurückhaltender. Besonders die Finanzierung von Projekten sei für die russischen Geschäftspartner ein Wagnis. Aus Angst vor weiteren Sanktionen werden die Handelspartner vorsichtiger. Noch kann die Firma Lingl nicht abschätzen, wie stark der Konflikt ihrem Geschäft schaden wird. Liedel hofft auf eine „schnelle Beilegung der Krise, denn sie führt auf beiden Seiten zu Verlusten.“
Kögel-Sprecher Volker Seitz sagt: „Die beschlossenen Sanktionen mögen wohl das einzige politische Mittel des Westens sein, der Schuss könnte aber nach hinten losgehen.“ Etwa ein Viertel des Jahresumsatzes von etwa 275 Millionen Euro macht der Sattelauflieger-Produzent aus Burtenbach in Russland. Die Ukraine-Krise könne keinem Hersteller in Europa gefallen. „Für die Wirtschaft ist das nicht gut“, sagt Seitz.
Kögel betreibt Niederlassungen in Moskau und St. Petersburg. Die Logistikbranche werde durch den Konflikt vermutlich leiden. Der Trailerhersteller, der vor Kurzem das 80-jährige Bestehen feierte, könne die Einbußen aber wettmachen, erläutert Seitz: „Wir haben in Westeuropa kräftige Zuwächse und können deshalb Umsatzrückgänge im Osten kompensieren.“
Der Vorstandssprecher der Kötzer Firma Alko, Stefan Kober, ist ebenfalls noch gelassen. Das normale Geschäft in Russland und in der Ukraine sei nicht belastet. Im Gartengeräte-Bereich seien die Umsätze sogar recht stabil. Stefan Kober führt dies auf die Angst der Menschen vor der Inflation zurück: „Die Leute geben das Geld gleich aus.“ Das Tochterunternehmen Alko Therm, das in Scheppach raumlufttechnische Geräte produziert, spüre dagegen, dass sich Großinvestoren in Russland zurückhalten. Insgesamt mache das Russland-Geschäft bei Alko, so Kober, weniger als fünf Prozent des Gesamtumsatzes aus. Dasselbe gelte für die Ukraine.
Beim weltweit größten Hersteller von Einkaufswagen, der Firma Wanzl in Leipheim, geht man von Umsatzrückgängen im Export aus. Unternehmenschef Gottfried Wanzl prophezeite gestern im überregionalen Teil unserer Zeitung: „Wir werden die Auswirkungen der Krise zu spüren bekommen, wenn auch nicht in bedrohlichem Maße.“ Der Umsatzanteil, den das Unternehmen dort mit dem Export von Ladeneinrichtung erwirtschaftet, liege gerade einmal bei 2,5 Prozent, informierte Wanzl. Etwa drei Prozent sind es bei der BWF Group in Offingen, erläutert Geschäftsführer Stefan Offermann. Mit steigender Tendenz. „Wir haben bisher überraschenderweise noch keinen Einbruch festgestellt“, sagt Offermann. BWF liefert Filterschläuche für russische Stahl- und Zementfabriken sowie Kohlekraftwerke. Produziert werde im Werk in St. Petersburg, die Bahnenware werde aus Offingen angeliefert. Das größte Problem, so der BWF-Geschäftsführer, entstehe dadurch, dass der Rubel durch die Krise unter Druck gerate: „Für die russische Wirtschaft wird es bei einer Abwertung schwieriger, Waren zu importieren.“
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