
Vor 50 Jahren wurde Edenhausen eingemeindet

Plus Warum sich die Edenhauser 1972 für Krumbach entschieden haben und wie die "Hochzeit" gefeiert wurde.
Man könnte den Ausspruch von Bundeskanzler Olaf Scholz „Zeitenwende“ - inzwischen zum Wort des Jahres 2022 gekürt - durchaus auf die Zeit von 1972 übertragen, denn in diesem Zeitraum vollzog sich eine der größten Umbrüche auf kommunaler Ebene in ganz Bayern. Wie viele andere Landkreise hat zum 1. Juli 1972 der Landkreis Krumbach aufgehört, als selbstständige Gebietskörperschaft zu bestehen. Doch damit genug: Von der Gebietsreform waren auch zahlreiche Gemeinden betroffen, größere Einheiten wurden angestrebt. Das betraf auch die kleine Haseltalgemeinde Edenhausen, deren selbstständiges Fortbestehen mit dem 1. Januar 1973 endete.
Die älteste urkundliche Erwähnung des Ortes stammt vom Jahre 1209, als in „Husen“ das Kloster Ursberg die Kirche und ein Gut im Besitz hatte. Trotz widerlicher Notlagen schritt die Entwicklung des Ortes voran und 1875 zählte das Dorf bereits 63 Häuser mit 359 Einwohnern. Im weiteren Verlauf war die Einwohnerzahl eher rückläufig und betrug 1972 nur noch 333 Personen. Hinzu kamen allerdings die Bewohner des Krumbades mit 59 Personen. Letzteres gehörte nach einer wechselvollen Geschichte, in der die Besitzer mehrfach wechselten zu Ursberg und dann zu Edenhausen.
Edenhausen auf Partnersuche
Nachdem die vom damaligen Innenminister Bruno Merk initiierte Gebietsreform in vollem Gange war und bekannt wurde, dass es keinen Fortbestand der Selbstständigkeit für Edenhausen gäbe, musste sich der seit 1966 amtierende Bürgermeister Ludwig Kober mit seinem Gemeinderat auf Partnersuche begeben. Aufgrund der Gegebenheit, dass viele Edenhauser trotz der noch bestehenden landwirtschaftlich geprägten Struktur zum Arbeiten in die Nachbarstadt Krumbach pendelten, dort mehrfache Einkaufsmöglichkeiten bestanden und alle Edenhauser Kinder die dortigen Schulen besuchten, bot sich eigentlich nur ein Zusammenschluss mit der ehemaligen Kreisstadt an.
Doch es stand auch der Anschluss an die östliche Nachbargemeinde Ursberg als weitere Alternative im Raum. Schließlich wurde die Pfarrgemeinde „Thomas von Canterbury“ nach dem Tod des langjährig tätigen Pfarrers Anton Schnell – ihm zu Ehren ist heute im neuen Baugebiet „Höllschlucht“ eine Straße benannt – und einer kurzfristigen Visite durch den Pfarrer aus Attenhausen über Jahre hinweg von Ursberg aus seelsorgerisch betreut. Es bestanden aber nicht nur auf kirchlichem Gebiet enge Beziehungen mit dieser Kommune, sondern auch durch das mit 59 Ordensschwestern aus Ursberg besetzte Krumbad.
Ursberg stand ebenfalls zur Debatte
So kam es, dass sich in Edenhausen zwei Interessengruppen bildeten, eine für Krumbach und die andere für Ursberg. Es folgten nach Kontaktaufnahme des Gemeinderates mit den Vertretern aus Krumbach und Ursberg mehrere Gespräche. Schließlich kam die „Braut“ nicht mit leeren Händen und stellte dementsprechende Forderungen. Neben geordneten finanziellen Verhältnissen standen 406 Hektar Gesamtgrundfläche im Gemeindebereich, davon 104 Hektar Grundfläche der Gemeinde selbst und knapp 89 Hektar Wald zu Buche. Die Gemeinde wäre also durchaus in der Lage gewesen, bis zum Abschluss der Reform selbstständig zu bleiben.
Eine Zäsur beim Amt des Bürgermeisters und Gemeinderates brachte die Kommunalwahl Mitte 1972, bei der Karl Kober mit großer Mehrheit zum neuen Bürgermeister gewählt wurde. Zusammen mit den neuen Gemeinderäten und Lorenz Essenwanger, einem Krumbach-Befürworter, wurden die Verhandlungspunkte fixiert und dienten als Grundlage für die weiteren Verhandlungen. Darin war auch das Krumbad tangiert, wobei es gelang, die Schwestern von einem Anschluss an Krumbach zu überzeugen. Besonderes Karl Kober ist es zu verdanken, dass er eine befriedigende Lösung zur Aufteilung des gemeindeeigenen Waldes für die Nutzungsrechtler erreichen konnte. Mit den weiteren Vereinbarungen war der Weg zu einer Bürgerabstimmung am 19. November geebnet, die mit einem eindeutigen Votum von knapp 80 Prozent für einen Anschluss an Krumbach endete.
Standkonzert zur offiziellen Eingliederung Edenhausens
Die offizielle Eingliederung mit Standkonzert der Musikkapellen Krumbach, Billenhausen und Edenhausen bildete den Rahmen für einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte Edenhausens. „Bei Musik und Freibier hieß die Stadt Krumbach ihre neuen Bürger willkommen“ beschrieben die „Mittelschwäbischen Nachrichten“ dieses Ereignis.

Im Saal des Gasthauses Drexel versammelte sich nach dem Standkonzert ein Großteil der Edenhauser Bürger, um der feierlichen Vertragsunterzeichnung und der Ehrung der noch lebenden Altbürgermeister von Edenhausen beizuwohnen. Auf einstimmigen Beschluss des Gemeinderates wurden in Würdigung ihrer Verdienste um die Gemeinde Otto Merkle (1945 bis 1956), Andreas Thoma (1956 bis 1966), Ludwig Kober (1966 bis 1972) und Karl Kober (ab 1. Juli 1972) mit einer Urkunde ausgezeichnet.
Amtsblatt der Gemeinde Edenhausen
In einem „Ersten und Letzten Amtsblatt der Gemeinde Edenhausen“ dokumentierte Zweiter Bürgermeister Lorenz Essenwanger die Geschichte Edenhauses, des Krumbades, Daten aus der Gemeinde, zur Bevölkerung, führte Vereine und Genossenschaften sowie Bürgermeister und Gemeinderäte der vergangenen Jahrzehnte auf. Sein darin geäußerter Wunsch, dass die Interessen und Vereinbarungen des neuen Stadtteiles Edenhausen mit Krumbad gewahrt bleiben mögen, erfüllte sich in den 50 Jahren.
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