Der Automobilzulieferer galt lange als wirtschaftliches Aushängeschild für Mittelschwaben. Warum die Firma jetzt in die Krise geraten ist und welche Perspektive sie hat.
„Ein Glücksfall“: Dieses Wort war nicht selten zu hören, als der Bocholter Automobilzulieferer Borgers die Aksys-Werke in Ellzee und Krumbach übernahm. Es war die Zeit der globalen Finanzkrise 2008/2009, die Firma Aksys musste in die Insolvenz. Damit schien eine Firmentradition ihr Ende zu finden, die Krumbach mehr als 100 Jahre geprägt hatte. 1904 hatte Michael Faist in dem Bereich hinter dem heutigen Geschäft SB-Mayer eine kleine Werkstatt gegründet, die unter anderem Filzschuhe herstellte. Faist entwickelte sich über Jahrzehnte hinweg zu einem der wichtigsten Arbeitgeber in Mittelschwaben. Und das blieb so, als Faist 2002 zu großen Teilen in der Aksys-Gruppe aufging. Die Insolvenz 2009 kam überraschend.
Die nordrhein-westfälische Borgers-Gruppe wurde damals zum Retter und der Wiederaufstieg folgte rasch. Etwa 260 Mitarbeiter waren es zum Zeitpunkt der Insolvenz in Krumbach und Ellzee, die Gesamtzahl für beide Werke stieg in den Folgejahren schnell wieder auf rund 750 an. Mehr noch: Borgers Süd (so der neue Name für die Betriebe in Krumbach und Ellzee) wurde zum Aushängeschild für die Borgers-Gesamtgruppe, die sich zuletzt in Schwierigkeiten befand. Wenn es bei Borgers insgesamt nicht so gut lief - auf Krumbach und Ellzee war Verlass.
Umso heftiger erscheint die jüngste Entwicklung. Hohe Verluste, offenbar nicht optimal durchstrukturierte Produktionsprozesse, dazu aber auch ein Automobilmarkt mit immensem Preisdruck: Borgers Süd musste 2021 erstmals massive Verluste hinnehmen.
Borgers Süd gehört zu den größten Arbeitgebern in der Region
Borgers Süd ist nach dem Dominikus-Ringeisen-Werk der größte Arbeitgeber im südlichen Landkreis und so blickt die ganze Region auf den Weg, den Borgers jetzt gehen wird. Wiederholt ist zu hören, dass die Firma neue Investoren braucht. Das jetzt beschlossene Maßnahmenpaket bringt deutliche Einschnitte für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit sich. Es verschafft aber der Firma wohl fürs Erste Luft. Doch was kommt? Wie wird sich in dieser nicht enden wollenden Corona-Krise der Markt entwickeln? Die Firma hat das, was sie erwartet, bereits klar skizziert. In „den nächsten zwei Jahren werden rund 200 der aktuell 750 Arbeitsplätze bei Borgers Süd wegfallen müssen.“ Borgers Süd spricht dies in der jüngsten offiziellen Mitteilung offen aus. Dies deutet an, dass ein massiver Arbeitsplatzabbau möglicherweise nicht mehr abzuwenden sein wird. Das wäre für die Region ein harter Schlag. Doch die Geschäftsführung sieht trotz der angespannten Lage offenbar weiter die Möglichkeit, Borgers Süd in einem schwierigen Markt solide zu positionieren.
Möglichkeiten scheinen sich weiterhin im Lkw-Bereich zu eröffnen. Dieses Geschäftsfeld ist eine traditionelle Stärke von Borgers Süd. Zudem gilt die Borgers-Gruppe als durchaus „krisengehärtet“. Anders als viele Automobilzulieferer hat sie die Finanzkrise der Jahre 2008/2009 für eine „strategische Erweiterung“ in den süddeutschen Raum genutzt und dabei einen außerordentlichen Weitblick bewiesen. Diesen Weitblick braucht Borgers jetzt wieder. Und dabei drückt eine ganze Region die Daumen.
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