Bad Wörishofen steuert auf Rekord-Schuldenberg zu
Die Stadt Bad Wörishofen will heuer 19 Millionen Euro investieren, für Schulen, Kitas, Kanäle und viele mehr. Das geht nur mit enormen Krediten. Es hagelt Kritik.
Enorme Investitionen stehen in Bad Wörishofen an - und damit einhergehend enorme Schulden. Aus eigener Kraft kann die größte Stadt des Unterallgäus nicht bezahlen, was geplant ist. Rund 19 Millionen Euro für Projekte wie Schulausbau, Rössle-Kreuzung oder Naturkindergarten stehen deshalb aller Voraussicht nach rund 13 Millionen Euro an nötigen Krediten gegenüber. Am Jahresende könnte ein Rekord-Schuldenberg stehen. "Abenteuerlich und unrealistisch" nannte Grünen-Sprecherin Doris Hofer diesen Plan. Fraktionsübergreifend wurde mangelnde Transparenz kritisiert.
Mit einer langen Liste an Großprojekten geht die Stadt Bad Wörishofen in die zweite Jahreshälfte. Dass der Haushalt 2024 erst Mitte Mai zum Beschluss vorgelegt wurde, sorgte fraktionsübergreifend für Kritik. Manche Rednerinnen und Redner stellten auch die Frage in den Raum, wie es in der verbleibenden Zeit gelingen soll, die ganzen Vorhaben umzusetzen. Die Liste an Großprojekten ist lang. Die Grund- und Mittelschule samt Mensa muss erweitert werden, die Raumnot dort ist enorm. Auch die Container für die Schule, in denen künftig zusätzliche Klassenräume entstehen, müssen bezahlt werden, mit rund 600.000 Euro. Geld wird auch für das Dorfgemeinschaftshaus Schlingen gebraucht, wo derzeit ein Kostenvergleich erstellt wird, der zeigen soll, ob ein Neubau oder der Kauf des Jagdhofes die bessere Lösung ist.
Neugestaltung der Rössle-Kreuzung in Bad Wörishofen steht im Etat
Im Investitionsprogramm steht auch die Neugestaltung der Rössle-Kreuzung am Luitpold-Leusser-Platz. In Kirchdorf gehen die Millionen Euro teuren Kanalbauarbeiten weiter, auch der Ausbau des schnellen Internets kostet Geld. Umgesetzt werden soll das Projekt Naturkindergarten, auch dafür steht Geld bereit. Sozialreferent Tobias Kotonski berichtete jüngst, in Bad Wörishofen gebe es aktuell keine freien Kitaplätze mehr. Auch ein neuer herkömmlicher Kindergarten soll entstehen. Dafür sind Planungskosten im Haushalt verankert. Nach vielen Jahren der vergeblichen Kritik steht nun auch die Sanierung der maroden Ortsverbindungsstraße Frankenhofen-Schlingen im Etat. Außerdem ist viel Geld für Brücken eingeplant. Bei der Therme wird für fast 500.000 Euro gebaut, für Kirchdorf steht eine weitere, rund 660.000 Euro teure, Brücke im Investitionsplan. Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) sagte, dass man auch das Neubaugebiet in Dorschhausen vorantreibe, zudem sei auch das Projekt Freibad-Sanierung anstehend. Die Stadt kauft außerdem zwei neue Feuerwehrfahrzeuge als Ersatz für bestehende Fahrzeuge. Das allein koste laut Welzel knapp über eine Million Euro. Unter dem Strich stehen laut Marxer Ausgaben für Investitionen in Höhe von 19 Millionen Euro.
Manfred Gittel spricht mit Blick auf eine Gesetzesänderung zu den Krediten von "Finanzkosmetik pur"
Um das bezahlen zu können, will sich die Stadt im Ernstfall bis zu 12,7 Millionen Euro mit neuen Krediten leihen. Im Etat steht aber nur die Summe von 7,85 Millionen Euro, weil seit Jahresbeginn eine Gesetzesänderung ermöglicht, nicht benötigte Kreditermächtigungen aus dem Vorjahr zu übertragen. "Finanzkosmetik pur", nannte das Manfred Gittel (FW).
Nimmt die Stadt alle genehmigten Kredite in Anspruch, würde der Schuldenstand zum Jahresende 2024 von derzeit 22,6 auf 34,5 Millionen Euro steigen. Dass es so kommt, zweifelten aber CSU-Fraktionssprecher Tobias Kotonksi und seine Kollegin Doris Hofer (Grüne) an. Es sei ja schon Mitte Mai, erinnerte Kotonski. Hofer nannte die Investitionsliste "abenteuerlich und wenig realistisch". Ob die Verwaltung alle diese Projekte überhaupt stemmen könne, wollte Christin Huber (Generation Fortschritt) wissen.
Wie es auch geht, die Herausforderungen bleiben hoch. Marxers Finanzplan zeigt Investitionsausgaben von rund 11 Millionen Euro für das Jahr 2025 und weitere 8,3 Millionen für 2026. "Wir müssen jetzt schauen, wie wir das Geld dafür generieren", betonte Kotonski. "Nur mit Gebührenerhöhungen geht das nicht." Schnell war man wieder beim Thema Gewerbesteuer. Marxer erwartet heuer Einnahmen von 12 Millionen Euro, nach 12,4 und 11,7 Millionen in den Vorjahren. Der niedrige Hebesatz von 240 Prozent habe sich bewährt, die Einnahmen würden steigen. Allerdings brachten zuletzt nur zehn der 1381 Unternehmen weit mehr als die Hälfte dieses Betrages auf. Während Gittel eine Diskussion über einen höheren Steuersatz und Fraktionssprecherin Christin Huber (Generation Fortschritt) eine Klausur dazu forderte, machte Finanzreferent Konrad Hölzle (CSU) deshalb klar, dass er diese Debatte nicht mehr führen möchte. "Nicht jede Erhöhung führt zu mehr Einnahmen, weil im Steuerrecht ein scheues Reh einfach verschwindet."
Der Gewerbesteuersatz wird erneut zum Thema in Bad Wörishofen
Aus der Einkommensteuer erwartet Bad Wörishofen heuer 9,2 Millionen Euro, nach 9,1 und 8,9 Millionen in den Vorjahren. Die stark gestiegene Abwassergebühr macht sich ebenfalls bemerkbar, mit Einnahmen von rund fünf Millionen Euro. Der Kurbeitrag von derzeit 110 Übernachtungsbetrieben bringt 1,3 Millionen Euro, der Fremdenverkehrsbeitrag eine Million. Aus der Zweitwohnungssteuer mit rund 300 Steuerpflichtigen will Bad Wörishofen rund 293.000 Euro erlösen. Die Grundsteuersätze bleiben unverändert, insgesamt sollen sie drei Millionen Euro bringen.
Scharfe Kritik an der Höhe der Kreisumlage: Der Landkreis wolle als Musterknabe dastehen
Gegenüber stehen aber auch Ausgaben, etwa 13,8 Millionen Euro fürs Personal, mit 23 neuen Stellen. Für die Kreisumlage fallen 12,3 Millionen Euro an, für Kläranlage und anderes 3,3 Millionen Euro an, für kirchliche Kindergärten eine Million Euro. Manfred Gittel kritisierte vor allem die Höhe der Kreisumlage und erhielt Zustimmung von Bürgermeister Welzel. Der Landkreis wolle als bald schuldenfreier Musterknabe dastehen, während sich Bad Wörishofen weiter verschulden müsse, so Gittel. Die Gewerbesteuer gehe rechnerisch komplett an den Landkreis.
Fraktionsübergreifend kritisierte wurde die Organisation der Sitzung und die Art, wie der Haushalt vorbereitet wurde. "Dass der Haushalt einer von 18 Tagesordnungspunkten ist, hat es noch nie gegeben, wir waren alle sprachlos", warf Doris Hofer dem Bürgermeister vor. Kotonski kritisierte, ihm habe die Beteiligung der Öffentlichkeit gefehlt. Dass sich auch der Rat selbst unzureichend informiert fühlte, machte Hofer klar. Bei der eigens anberaumten Klausurtagung sei nicht einmal die Liste der Investitionen vollständig gewesen. Mangelnde Transparenz kritisierte auch Manfred Gittel, über die Kurzfristigkeit beklagte sich Christin Huber. Binnen einer Woche habe man über 400 Seiten prüfen sollen, kritisierte sie.
Doris Hofer ermahnt Bad Wörishofens Stadtverwaltung zu mehr Kostenbewusstsein
Auch die Klausur habe "nicht die gewünschte Transparenz" gebracht. Welche Auswirkungen der späte Haushalt hat, schilderte Hofer. Die Stadtwerke seien "handlungsunfähig", solange der Haushalt nicht genehmigt ist. Ihr Wirtschaftsplan hänge davon ab, kritisierte sie. Hofer mahnte die Verwaltung auch zu mehr Kostenbewusstsein. Für die Unterstände und die Hütte für einen Naturkindergarten würden 800.000 Euro veranschlagt. "Da wird mir schwindelig", sagte sie. Huber erneuerte ihre Forderung nach einer Budgetierung für die Ämter, welche auch von der Verwaltung selbst begrüßt werde. Der Stadtrat beschloss den Haushalt 2024 am Ende bei sechs Gegenstimmen.
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