Erlebnisse schaffen: So will Bad Wörishofen seine Innenstadt attraktiver machen
Online-Handel ist bequem, die Folgen spürt auch Bad Wörishofens Einzelhandel. Nun liegen Ideen auf dem Tisch, wie man gegensteuern kann. Es geht um Wochenmarkt, Wörthbach und W-Lan.
Wie kann es gelingen, wieder mehr Menschen in Bad Wörishofens Innenstadt zu locken? Mit dieser Frage befasste sich jetzt der Strategieausschuss des Stadtrates. Zu Gast war Christian Hörmann vom Beratungsunternehmen Cima. Er hatte gleich mehrere Vorschläge parat, die man sofort angehen könnte. Dabei steht auch der Wörthbach im Raum. Es geht aber auch um eine Verlegung des Wochenmarktes in die Fußgängerzone.
Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) sagte, man wolle einen Impuls zum Thema Citymanagement setzen. Bad Wörishofen wolle einen Wirtschaftsförderer und Innenstadtmanager beschäftigen. "Transformation ist in aller Munde", sagte Welzel zum geänderten Kaufverhalten der Bevölkerung. Man erhoffe sich nun Antworten darauf, wie Bad Wörishofen dem begegnen kann und welche Fördermöglichkeiten es dafür gibt.
Dass Bürger und Gäste "ganze neue Forderungen" an die Städte stellen würden, berichtete auch Cima-Geschäftsführer Hörmann. Der Lindauer betreibt sein Geschäft heute von München aus und war zum ersten Mal in Bad Wörishofen. Der Ausschuss durfte sich über Lob freuen. "Bad Wörishofen ist auffällig sauber und gepflegt", hatte Hörmann festgestellt, der mit seinem Unternehmen eine Vielzahl an Kommunen berät, teils seit vielen Jahren. Früher sei man automatisch "in die Stadt gefahren", zum Einkaufen, erinnerte Hörmann. In Zeiten des Internethandels sei das aber längst nicht mehr nötig. "Die Bedeutung des Einzelhandels sinkt über alle Altersstufen", machte Hörmann anhand von Zahlen deutlich. Was also tun? Auch Bad Wörishofen spürt die Folgen.
Im Internet lasse Bad Wörishofen noch zu viele Chancen ungenutzt, wird deutlich
Hörmann sagt, die Frage müsse lauten, welche Erlebnisse Bad Wörishofens Handel über die Waren hinaus biete. Erreichbarkeit sei zudem wichtig. Da sei Bad Wörishofen mit Bahnanschluss, Fahrradstraßen und Parkhäusern schon gut aufgestellt. Auch der Kontakt zu Kunden weit über den Kauf hinaus sei wichtig. "After Sales" werde immer bedeutender. Die Gäste würden ausführliche digitale Infos zum Angebot im Ort erwarten, dazu eine gute Online-Sichtbarkeit. "Das ist das neue Eintrittstor zur City", betonte Hörmann. Was kann man kaufen, reservieren, bestellen? Diese Fragen seien für 73 Prozent der Menschen wichtig.
Das gehe so weit, dass Gäste auch noch vor Ort online nach Infos zu Geschäften suchen würden, die nur 400 Meter weit entfernt lägen. Das habe man messen können. Es lohne sich, sagte Hörmann und nannte den "Ropo-Effekt". Vereinfacht übersetzt heißt das, die Gäste informieren sich online und kaufen dann aber vor Ort. Lob gab es für Bad Wörishofens Tourismus-Seite im Internet, weniger gut schnitt das Rathaus-Angebot ab. Doch auch auf der Tourismus-Seite müsse man Infos zum Handel erst einmal suchen. "Es fehlt der Innenstadt-Fokus" stellte Hörmann fest. Werbung sei zudem wichtig.
"Alles, was mehr als 400 Meter entfernt liegt, ist kein Ziel mehr", sagt Berater Christian Hörmann
73 Prozent der Gäste kämen zudem weiterhin mit dem Auto in die Stadt, das werde sich so schnell auch nicht ändern. In Bad Wörishofen gebe es zwar schon eine Park-App fürs Handy. Allerdings erfahre man erst vor Ort, um welches System es sich handele. Dabei wollten Gäste heute möglichst viel von zu Hause aus vorbereiten. Vor Ort seien dann besonders wichtig: öffentliches Grün, Gastronomie, Sauberkeit und Aufenthaltsqualität - vor allem aber Einkaufsmöglichkeiten. "Bad Wörishofen ist da schon gut", sagte Hörmann. Eine Altstadt halten dagegen nur 4,7 Prozent der Befragten für wichtig, um eine Stadt zu besuchen. Gäste würden zudem öffentliche Toiletten erwarten, eine gute Versorgung mit Ärzten und Gesundheitsangeboten, möglichst viele öffentliche Einrichtungen sowie Bildungsangebote. Nähe sei zudem ein wichtiger Punkt.
"Wir haben gemessen, dass alles, was mehr als 400 Meter entfernt ist, kein Ziel mehr ist", berichtete Hörmann. "Wir sind faul", stellte er fest. Diese Erkenntnis sei auch beim Parkplatzmanagement wichtig. Sitzgelegenheiten, das zeigte sich, könne es gar nicht genug geben. Das locke auch jüngere Leute an, berichtete Hörmann. Das gelte auch für das Thema Einkaufen auf Reisen. "Je jünger die Gäste sind, desto wichtiger ist das", sagte Hörmann. "Aber auch Ältere kaufen gerne ein, wenn wir es gut machen." Die interessanteste Gruppe sei jene der unter 50-Jährigen - und die Schweizer. Menschen aus der Schweiz würden beispielsweise in Lindau vier Mal so viel ausgeben, wie andere Gäste. Auch hier punktet Bad Wörishofen bereits mit einer Vielzahl an Gästen aus der Schweiz.
Gäste aus der Schweiz geben deutlich mehr Geld aus, als andere Kundinnen und Kunden
Hörmann hatte sich auch angesehen, welche Konzepte in Bad Wörishofen bereits in der Schublade liegen. Sein Fazit: "Sie brauchen hier kein neues Konzept." Man müsse stattdessen jetzt darüber reden, was nun umgesetzt wird. Geld könnte es aus der Städtebauförderung geben, sogar die Stelle eines Citymanagers sei unter Umständen förderfähig. Allerdings müsse man über die Strukturen reden. "Citymanager in Deutschland ist schlechter bezahlt und dafür ein heißerer Stuhl als Bundeskanzler", sagte Hörmann. Lohnende Maßnahmen nannte Hörmann auch. Verkaufsoffene Sonntage gehörten dazu. "Man kann messen, dass sie einen Effekt für alle bringen, die mitmachen." Auch Pop-Up-Stores zur Belebung von Leerständen wären denkbar. Mit einem Existenzgründer-Wettbewerb könnte man parallel jungen Unternehmen auf die Beine helfen. Der Wochenmarkt wäre in der Fußgängerzone besser aufgehoben, hieß es. Derzeit findet er freitags auf dem Kroneparkplatz statt. Wochenmärkte lohnen sich, machte Hörmann klar. Jeder Euro, der dort generiert werde, löse zwei Euro Umsatz bei den umliegenden Händlern und Gastronomen aus.
So könnte aus dem Wörthbach in Bad Wörishofen ein Erlebnisort für Einheimische und Gäste werden
Erlebnisse seien zudem wichtig. Hier brachte Hörmann eine Öffnung des Wörtbaches in der Fußgängerzone ins Spiel. Derzeit läuft der Bach zumeist tiefliegend. Denkbar wären aber zugängliche Flachwasserzonen mit Sitzgelegenheiten. Wo es so etwas gibt, blieben die Menschen länger in den Innenstädten. Kultur unter freiem Himmel und Liegestühle für die Innenstadt nannte Hörmann als weitere Möglichkeiten. Wichtig sei auch die Online-Sichtbarkeit der Händler. Ein kommunales Förderprogramm wäre denkbar, außerdem Beratungen zur Ladengestaltung, ein geförderter Innenstadtfonds, ein "Immoteam Innenstadt", eine bessere Besucherlenkung, mehr öffentliches W-Lan, mehr Dialog mit Eigentümern und Händlern. "Mehr netzwerken", riet Hörmann. Auch die Händler müssten sich untereinander besser kennenlernen. Sie sollten auch den Mut haben und im Laden offen für eine Online-Bewertung werben. Die empfohlene digitale Stadtführung bietet Bad Wörishofen bereits. Eine Stadt-Card wäre laut Hörmann aber noch sinnvoll. Dazu müsste das bestehende Angebot erweitert werden, beispielsweise um ein Gutschein-System. Cima setze das derzeit in Kempten um.
Manche Ratsmitglieder drücken aufs Tempo - so soll es nun in Bad Wörishofen weitergehen
"Schade, dass die Kurdirektorin bei diesem wichtigen Thema nicht da ist", sagte Alexandra Wiedemann. Bürgermeister Welzel berichtete, Cathrin Herd sei beim Heilbädertag. Ob man überhaupt einen eigenen Citiymanager brauche, fragte Manfred Gittel (FW). Vielleicht gebe es bei der Stadt ja jemanden, der das könnte. Paola Rauscher (Grüne) wollte am liebsten gleich Nägel mit Köpfen machen. "Machen wir den Wörthbach jetzt zugänglich?", wollte sie wissen. Beschlossen wurde das aber nicht. Hörmann riet dazu. In Freising habe das funktioniert. "Der Effekt ist immer da", sagte er. Dass der Wochenmarkt in die Fußgängerzone gehöre, sagte Rauscher ebenfalls. Hörmann empfahl, zuvor die Meinung der Feuerwehr einzuholen, ob das sicherheitstechnisch möglich ist. Alexandra Wiedemann (jetzt parteilos) drückte aufs Tempo. "Es ist allerhöchste Zeit, wir müssen das jetzt machen", sagte sie zur Aufwertung der Innenstadt. Sie forderte einen verbindlichen Termin. Bürgermeister Welzel dagegen empfahl, die Dinge nun in den Fraktionen zu besprechen und Schwerpunkte zu setzen. Ein Beschluss wurde nicht gefasst.
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