Das Haus war schon 2006 Ziel eines Anschlages
Experten der Polizei haben mit der Untersuchung der Feuerkatastrophe in Ludwigshafen begonnen. Rätsel gibt es um türkenfeindliche Parolen an der Wand und einen Anschlag 2006.
Ludwigshafen (dpa) - Experten der Polizei haben drei Tage nach der Feuerkatastrophe in Ludwigshafen mit der Untersuchung des ausgebrannten Hauses begonnen.
Nach Angaben der Polizei waren am Mittwoch vorerst zehn Brandexperten und zwei Spürhunde im Einsatz. Es wurden keine weiteren Opfer in dem einsturzgefährdeten Altbau gefunden. Spekulationen über eine Brandstiftung blieben vorerst unbestätigt. Die Debatte über einen möglichen fremdenfeindlichen Hintergrund weitete sich indessen aus.
In dem von türkischen Familien bewohnten Haus waren am Sonntag neun Menschen ums Leben gekommen, darunter fünf Kinder, 60 Menschen wurden verletzt. Auf Wunsch der türkischen Regierung sind bei den Ermittlungen auch Experten aus der Türkei dabei. Der Mainzer Staatssekretär Martin Stadelmaier (SPD) bestätigte am Mittwoch, dass der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan in Kürze den Brandort besuchen werde.
Nach Angaben der Frankenthaler Staatsanwaltschaft ist weiter offen, ob Brandstiftung oder ein technischer Defekt Ursache für das Feuer gewesen war. Zwei Mädchen wollen einen Brandstifter gesehen haben. Der Leiter der Staatsanwaltschaft, Lothar Liebig, sagte dazu: "Wir müssen sehr sorgfältig auswerten, was uns die Kinder sagen können und das dann in die Ermittlungen einbinden." Die Kinder seien nach seinen Erkenntnissen traumatisiert.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), versicherte am Mittwoch in Ludwigshafen: "Wir setzen alles daran, dass es zu einer zügigen Aufklärung der Ursache des Brandes kommt." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei tief betroffen. Böhmer appellierte vor allem an die türkischen Medien, fair zu berichten. Insbesondere Medien der Türkei hatten behauptet, dass die Feuerwehr am Sonntag zu spät zum Brandort gekommen sei. Böhmer legte dort im Namen von Merkel einen Kranz nieder.
Auch der türkische Staatsminister für die im Ausland lebenden Türken, Mustafa Said Yazicioglu, besuchte die Unglücksstelle. Er rief seine Landsleute in Deutschland zur Besonnenheit auf. Die deutschen Ermittler täten alles, um die Brandursache zu klären, sagte der Minister türkischen Fernsehsendern. "Auch die Deutschen sind wegen der Ereignisse aufgebracht", ergänzte Yazicioglu. "Die Brandursache wird gefunden werden."
In der Türkei berichtete die konservative Zeitung "Zaman" am Mittwoch unter Berufung auf Angehörige der Brandopfer von fremdenfeindlichen Drohungen gegen die Bewohner des Hauses. Diese seien eingegangen, nachdem im Erdgeschoss ein türkisches Kaffeehaus eröffnet worden sei. In der Nähe des Hauses sei ein türkenfeindlicher Spruch an eine Wand gesprüht worden. Bereits im August 2006 war ein Brandanschlag auf das Haus verübt worden, die Täter wurden nie gefasst.
Islamische Organisationen in Deutschland kritisierten Aussagen des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD). Der SPD- Bundesvorsitzende hatte am Montag erklärt, es gebe keinerlei Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Anschlag. Burhan Kesici, Generalsekretär des Islamrates, sagte dem "Münchner Merkur" (Donnerstag): "Wir halten die Äußerungen von Herrn Beck für sehr verfrüht, weil es viele verschiedene Anhaltspunkte und Vermutungen gibt."
Der Sprecher des Dachverbandes der Türkisch-Islamischen Union (Ditib), Bekir Alboga, sagte der Zeitung: "Brandstiftung auszuschließen, bevor die Ermittlungen beendet sind, ist eine völlig falsche Botschaft an die Öffentlichkeit."
Ein Kleinkind, das am Sonntag aus dem dritten Stock des brennenden Hauses geworfen worden war, wurde am Mittwoch laut "Spiegel online" aus dem Krankenhaus entlassen. Der Retter, der es aufgefangen hatte, war bei seinem Einsatz verletzt worden.
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