Schweinegrippe: Sechstes Todesopfer in Deutschland
Bonn/Kiew/Genf/Rom (dpa) - Die Schweinegrippe dringt weiter vor: In Deutschland starben am Freitag drei weitere Menschen, damit gibt es jetzt sechs Tote. Eine Frau erlag im Uni-Klinikum Bonn den Folgen der Infektion. Außerdem starben ein Kind im Saarland und ein behinderter Jugendlicher in Augsburg.
In der Ukraine wurden nach einer Reihe von Todesfällen landesweit die Schulen geschlossen und größere Veranstaltungen verboten. In Italien starben innerhalb von nur 24 Stunden vier Menschen an der Grippe, darunter erneut auch ein Arzt, wie italienische Medien berichteten.
Nach Zahlen des EU-Seuchenkontrollzentrums ECDC starben in Europa bislang rund 250 Menschen an der Schweinegrippe, mehr als die Hälfte davon in Großbritannien. Weltweit wurden rund 6000 Todesfälle gemeldet, davon allein 1000 in den USA.
Die Patientin, die der Krankheit in Bonn erlag, war zur intensivmedizinischen Weiterbehandlung in das Universitätsklinikum verlegt worden. "Die 48-Jährige aus dem Rhein-Sieg-Kreis hatte keine bekannten Vorerkrankungen, die den schweren Krankheitsverlauf erklären würden", teilte ein Sprecher des Krankenhauses am Abend mit. "Wo sie sich angesteckt hat, ist unklar."
Der fünfjährige Junge aus dem Saarland soll nach einem Unfall unter mehreren chronischen Krankheiten gelitten haben. Der 16-Jährige aus Schwaben war nach Angaben der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag) im Augsburger Zentralklinikum gestorben. Der dritte Todesfall im Zusammenhang mit dem neuen Virus in Deutschland war am 23. Oktober bekanntgeworden: Ein 65 Jahre alter Mann starb in der Universitätsklinik Mannheim.
Die Regierungschefin der Ukraine, Julia Timoschenko, ordnete am Freitag zunächst drei Wochen Zwangsferien für alle Bildungseinrichtungen des Landes an, wie die Agentur Interfax aus Kiew meldete. In dieser Zeit seien Veranstaltungen mit größeren Menschenmengen, einschließlich Konzerten oder Kino, verboten. In der Ukraine starben bisher nach offiziellen Angaben 33 Menschen an der neuen Grippe. Landesweit seien 81 000 Menschen an dem Virus erkrankt, darunter mehr als 33 000 Kinder, teilte das Gesundheitsministerium in Kiew mit. Tausende Menschen lägen in den Krankenhäusern.
Im besonders betroffenen Westen des Landes kam es Medien zufolge zu Panikkäufen in Apotheken. Die Regierung drohte, im Fall von Preiserhöhungen für Medikamente den Apotheken die Lizenzen zu entziehen. Die ukrainische Armee stelle Ärzte, Sanitäter und Reservisten ab, um die massenhaft unter Grippe leidenden Menschen zu betreuen. "Die Situation droht völlig außer Kontrolle zu geraten", sagte der Chef des Sicherheitsausschusses im Parlament, Anatoli Grizenko. Die Krankheit breite sich mit "rasender Schnelligkeit" aus.
Die krisengeschüttelte und arme Ex-Sowjetrepublik will bei der Weltgesundheitsorganisation WHO Hilfe beantragen. Experten beklagen in Ländern der Ex-Sowjetunion generell eine mangelhafte Gesundheitsversorgung. Deshalb gehen viele Menschen erst gar nicht zum Arzt, sondern greifen zu Hausrezepten.
In Italien stieg die Zahl der Schweinegrippe-Toten auf elf. "Zusammen mit Spanien sind wir jetzt das Land mit den meisten Ansteckungen in Europa", sagte Vize-Gesundheitsminister Ferruccio Fazio. Gesundheitsexperten rechnen damit, dass die Epidemie in Italien Ende November ihren Höhepunkt erreicht. Die Lage sei jedoch "unter Kontrolle", betonte Fazio.
Die WHO gab in Genf erweiterte Impfempfehlungen heraus. Für die Immunisierung reiche in der Regel eine einzige Dosis der zugelassenen Pandemie-Impfstoffe, berichtete die WHO-Direktorin Marie-Paule Kieny. Die Impfung könne in den meisten Fällen zusammen mit der saisonalen Grippeimpfung geschehen, und es gebe keinen Grund, Schwangere nicht zu impfen. Die WHO stützt sich auf das Urteil ihrer Strategischen Beratergruppe der Impfexperten (SAGE, Strategic Advisory Group of Experts on Immunization). Eine universelle Impfung der gesamten Bevölkerung hat die SAGE nicht pauschal empfohlen.
Internet: http://www.who.int/csr/disease/swineflu/en/index.html
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