Auf ins letzte Gefecht? Oskar Lafontaine warnt vor eigener Partei
Der frühere Linken-Chef Oskar Lafontaine ruft zum Boykott gegen den eigenen Kandidaten auf. Verlässt er nach der SPD auch seine zweite Partei mit einem großen Knall?
Oskar Lafontaine könnte längst ein gemütlicher älterer Herr im Ohrensessel sein, der seinen Frieden gemacht hat mit all dem kleingeistigen politischen Gezänk, mit den persönlichen Kränkungen und verpassten Chancen. Der Mann wird im September 78 Jahre alt. Er könnte sich endlich mal mit Gerhard Schröder aussprechen oder sich wenigstens mit „seiner“ SPD aussöhnen, deren Vorsitz er einst in einer Nacht- und Nebelaktion wegwarf, um sie später bis aufs Blut zu bekämpfen. Doch der Saarländer scheint einfach nicht gemacht dafür, die Dinge gelassen zu sehen.
Oskar Lafontaine streitet auf offener Bühne mit einem Parteifreund
Auf der Zielgeraden seines politischen Lebens zofft er sich wieder auf offener Bühne – nicht mit der SPD, sondern mit seiner aktuellen Partei, die es so ohne ihn gar nicht gäbe. „Was ist denn jetzt schon wieder los?“, möchte man fragen. „De Oskar“, wie er in seiner Heimatstadt Saarbrücken genannt wird, wo er sich einst als Oberbürgermeister und Ministerpräsident im Amt sonnte und heute noch populär wie kaum ein anderer ist, hat seine Landsleute ernsthaft dazu aufgerufen, bei der Bundestagswahl nicht die Linke zu wählen. Grund für seinen Furor gegen den eigenen Laden ist der saarländische Spitzenkandidat Thomas Lutze – den hatte Lafontaine unbedingt verhindern wollen. Vergeblich.
Der Linken-Spitzenkandidat Thomas Lutze steht im Zwielicht
Lutze setzte sich beim Parteitag am vergangenen Sonntag im Fußballstadion von Neunkirchen knapp durch. Doch er bleibt umstritten. Dabei geht es nicht allein um unterschiedliche politische Vorstellungen, sondern vor allem um brisante Vorwürfe gegen den Landesparteichef. Er soll schon rund um die Bundestagswahl 2017 Mitgliederlisten manipuliert haben, um seine eigenen Chancen zu verbessern. Lutze bestreitet diese Vorwürfe, wird sie allerdings nicht los. Schließlich war im März seine Immunität als Bundestagsabgeordneter aufgehoben worden – damit wegen des Verdachts der Urkundenfälschung gegen ihn ermittelt werden kann. Nicht die besten Voraussetzungen, um in einen Wahlkampf zu ziehen. Erst recht nicht, wenn man die beiden bekanntesten Gesichter der eigenen Truppe gegen sich hat.
Auch Sahra Wagenknecht ruft an, den Linken-Kandidaten nicht zu wählen
Gemeinsam mit seiner Frau Sahra Wagenknecht rief Lafontaine zum Wählerboykott gegen den ungeliebten Parteifreund auf. „Auf der Basis eines Betrugssystems kann man keine erfolgreiche politische Arbeit aufbauen“, sagte er zur Begründung. Er brachte aber nicht nur Parteigrößen wie Ex-Chef Bernd Riexinger oder Dietmar Bartsch gegen sich auf, sondern auch den eigenen Landesvorstand, der sich hinter Lutze stellte und Lafontaine, immerhin Linken-Fraktionschef im saarländischen Landtag, zum Parteiaustritt aufrief. Man wirft dem einst – halb spöttisch, halb ehrfürchtig – als „Napoleon von der Saar“ bezeichneten Politiker vor, seine persönlichen Befindlichkeiten über die Interessen der Partei zu stellen und eine öffentliche Schlammschlacht zu initiieren.
Diesen Vorwurf musste sich Lafontaine schon einmal gefallen lassen, als er 1999 unter Absingen schmutziger Lieder und im Streit mit Schröder den SPD-Vorsitz aufgab. Dass Lafontaine frei von Eitelkeiten sei, würde er wahrscheinlich nicht einmal selbst behaupten. Doch zugleich ist er eben auch ein brillanter Redner, der Menschen für eine Idee begeistern kann wie nur wenige Politiker in den vergangenen Jahrzehnten. Zieht der Sohn eines Bäckermeisters und einer Sekretärin, der nie besondere Lust auf die zweite Reihe hatte, nun in sein letztes Gefecht und verlässt eine weitere Partei mit einem großen Knall?
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Früher war der Oscar noch glücklich, da erhielt er als Saarlandchef die Subventionen vom Staat und er konnte sich einen eigenen Koch leisten. Dann ging das Arbeiten los und alles ging in die Hos.
Der Vorsitzende von bis zu 900.000 SPD-Mitgliedern und der Kanzler der Bosse.
Das das nicht gut gehen würde, war damals bereits Vielen klar. War doch die Gesellschaftspolitik des Kanzlers fundamental anders, als die Politik des SPD-Vorsitzenden und seiner Parteimitglieder. Wobei Lafontaine als Vorsitzender seiner Partei eben nicht seine persönliche Befindlichkeit ausspielte.
Man schaue sich einmal die von Schröder installierte Figur Bodo Hombach an.
Dieser umstrittene Lutze fand es richtig, seinen eigenen Fraktionsvorsitzenden aufzurufen, die von ihm gegründete Partei zu verlassen …
Wer also die saarländische Schlammschlacht inszeniert hat, ist ja wohl eine andere Geschichte.
Aufruf zum Wahlboykott der eigenen Partei.
Ich erinnere mich gut daran, dass der frühere Hamburger Erste Bürgermeister Klaus von Dohnanyi mehrfach im Fernsehen öffentlich dazu aufgerufen hatte, seine eigene Partei, die SPD, nicht zu wählen, da der Kanzlerkandidat der SPD nicht wählbar sei. Und Dohnanyi war nicht der Einzige.
Die unqualifizierte Tirade des Kommentators „unter Absingen schmutziger Lieder“ wie auch die Aufforderung des Lutze, Lafontaine solle seine Partei verlassen: das ist eine Aufforderung und eben nicht „der große Knall“ den der Kommentator bemüht.
Lutze, dem seit Jahren Straftaten vorgeworfen werden.
Oskar Lafontaine war und ist auch heute noch eine herausragende politische Persönlichkeit, die es so leider nicht mehr gibt. Es ist ein Jammer, dass er 1990 nicht die Wahl gewinnen und Bundeskanzler werden konnte. Dann würde es heute ganz anders aussehen. An alle deren Bankkonto aufgrund geringen Einkommens oder Rente regelmäßig schwindsüchtig ist und die Miete kaum noch zu bezahlen ist, kann ich nur empfehlen darüber nachzudenken, welcher Partei sie eigentlich ihre Stimme geben. Wenn man die Wahlergebnisse in Deutschland in den vergangenen Jahren so betrachtet erscheint mir da einiges irrational zu sein.
Sie bringen es auf den Punkt. Oskar Lafontaine's größter politischer Fehler war es, 1998 Schröder, dem Totengräber der SPD, den Vortritt zu lassen.