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Die Geschichte von Ozan Ceyhun
19.10.2010

"Man wird nie Deutscher"

Ozan Ceyhan posiert für ein Portrait am Bosporus. (c) Agata Skowronek
Foto: Susanne G¿sten

Ozan Ceyhun lebte 30 Jahre in Deutschland. Ausgerechnet bei einem Gespräch mit Gerhard Schröder spürte er: Er wird immer Ausländer bleiben. Deshalb kehrt er zurück.

Erst im Bundeskanzleramt ist Ozan Ceyhun klar geworden, dass die Deutschen ihn nie ganz akzeptieren würden. Beim Kaffeetrinken mit dem Kanzler war das, vor acht Jahren.

Gerhard Schröder, gerade wiedergewählt, wollte sich bei Ceyhun bedanken. Die Bundestagswahl war knapp gewesen, der Wahlsieg nicht zuletzt den türkischstämmigen Wählern zu verdanken, die Ceyhun für die SPD mobilisiert hatte. Tiefen Stolz fühlte er, als er in das Arbeitszimmer mit Aussicht auf den Reichstag gebeten wurde. Und er fühlte das Glück, etwas für sein Land geleistet zu haben.

Lange währte es nicht. Als Ceyhun den Raum eine halbe Stunde später verließ, hatte er verstanden. Viel hat der Politiker seither über seine Identität nachgedacht. Jetzt, nach Jahren, hat er sich entschieden. Er hat die türkische Staatsbürgerschaft beantragt und geht in die türkische Politik.

Dabei war die Begegnung mit dem Bundeskanzler zunächst so verlaufen, wie Ceyhun sich das vorher ausgemalt hatte. Ein Händedruck, ein paar Dankesworte, zwei Tässchen Espresso. Dann plauderten die beiden über die Wahlen in der Türkei, bei der die neue AKP von Recep Tayyip Erdogan gerade an die Regierung gekommen war. "Sag mal, Ozan", fragte der Kanzler dann. "Warum haben deine Landsleute eigentlich diesen Erdogan gewählt?"

Unter Platanen am Ufer des Bosporus erzählt Ceyhun, 50, von dieser Unterhaltung, im Istanbuler Stadtteil Emirgan, in dem er aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, bis er 1980 beim Militärputsch fliehen musste. An eine Rückkehr in die Türkei hatte er - längst deutscher Staatsbürger und deutscher Politiker, Ehemann einer deutschen Frau und Vater deutscher Kinder - bis zu jenem Moment nie gedacht, und auch seither ist die Entscheidung erst langsam gereift. Der Schock jenes Augenblicks der blitzartigen Erkenntnis sitzt ihm aber noch immer in der Seele.

Diese eine Frage. Sollte er Gerd nun sagen, dass er nicht Türke sei, sondern Deutscher, und von türkischer Innenpolitik ebenso wenig verstehe wie er selbst? Sollte er dem Kanzler vorhalten, dass er sich gerade noch für seine Unterstützung bedankt und ihn nun schon wieder ausgegrenzt habe? "Dann habe ich eine Entscheidung getroffen. Ich habe gedacht: nein!"

Tausendmal hätte er dem Kanzler - wie schon so vielen vor ihm - erklären können, dass er doch Deutscher sei im republikanischen Sinne, doch das bringe einfach nichts, beschloss er in diesem Moment. "Ich habe mir gedacht: Sieh es doch einfach ein, akzeptiere es endlich: Man wird nie Deutscher."

Ceyhun hält inne, blickt hinaus auf den im Sonnenschein schimmernden Bosporus und wirkt zwischen den lachenden und schwatzenden Istanbulern in dem Straßencafé nachdenklich und etwas einsam. Eine leichte Einsicht war das damals nicht - schon gar nicht für einen Menschen wie ihn, der sich jahrzehntelang mit Leib und Seele um die Integration in die deutsche Gesellschaft bemüht hatte.

Ceyhun spricht nicht nur so gut Deutsch, wie man es nur irgend verlangen kann von jemandem, der eine Sprache erst als Erwachsener gelernt hat. Er hat seine Kinder auf Deutsch erzogen und ihnen Türkisch gar nicht erst beigebracht. Er hat sich die Bestattungsrichtlinie der Gemeinde Nauheim, Paragraf 7, von einer Verwaltungsangestellten diktieren lassen, um seine Befähigung zur deutschen Staatsbürgerschaft nachzuweisen. Er hat sich als Nazi beschimpfen lassen, als er damals, noch Grüner, beim ersten Golfkrieg eine missglückte Mission des Grünen-Bundesvorstandes in Israel begleitete. Und als ein türkischer Bekannter in Rüsselsheim einmal abfällig bemerkte, ein echter Türke trage keinen Ohrring, ließ er sich sofort ein Loch ins Ohrläppchen stechen. Ozan Ceyhun wollte Deutscher sein.

Nach dem Militärputsch 1980 hatte ihn der Zufall ins hessische Rüsselsheim verschlagen - in Gestalt einer Freundin - auf seiner Flucht durch Europa. Ceyhun spricht von Rüsselsheim wie andere Menschen von Paris oder New York. Geboren ist er zwar im südtürkischen Adana und aufgewachsen in Istanbul, doch seine Heimat ist unverkennbar Rüsselsheim. Hier am Main hat er seine Ausbildung als Erzieher gemacht, hier hat er seine Frau kennengelernt, geheiratet und die Kinder großgezogen.

Wenn es also irgendwo hätte gelingen können, Deutscher zu werden, dann wäre das in Rüsselsheim gewesen. Doch nicht einmal Ceyhuns Kinder, gebürtige deutsche Kinder deutscher Eltern, dürfen sich selbstverständlich als Deutsche fühlen. "Die Schule, die Gesellschaft …," seufzt Ceyhun. Sohn Dominik sei vom Musiklehrer angepöbelt worden, der Ältere, Oliver, berichtete von einer Drei-Klassen-Gesellschaft in der Schule: die Kinder deutscher Eltern, die Kinder türkischer Eltern und die Mischlinge. Obwohl die Familie in Rüsselsheim weder türkische Nachbarn hatte noch türkische Freundschaften pflegte, umgaben sich beide Söhne mit türkischen Freunden. Oliver, der inzwischen studiert, hat sich kürzlich ein Motto in den Unterarm tätowieren lassen. Ich bin stolz auf meine Wurzeln, steht da - auf Türkisch. Beide Kinder kreiden es dem Vater an, dass sie kein Türkisch können. Vielleicht ein Fehler, wie er heute einräumt.

Trotz alledem ist und bleibt Rüsselsheim die Heimat der Familie Ceyhun. Und doch sitzt Ozan Ceyhun nicht mehr im Kreistag von Groß-Gerau oder der Landesverwaltung von Hessen, sondern am Bosporus-Ufer, wo sein Blackberry fast pausenlos piepst und klingelt. In Wiesbaden mag seine Mitwirkung nicht mehr gefragt sein, seit die SPD dort nicht mehr mitregiert; in der Türkei ist sie es umso mehr. Den türkischen Europaminister Egemen Bagis berät Ceyhun und den nordzyprischen Präsidenten Dervis Eroglu; das Parlament seiner Geburtsstadt Adana hat ihn einstimmig zu ihrem Berater für Europa-Angelegenheiten gewählt; selbst den Bürgermeister des Istanbuler Stadtbezirks, in dem Emirgan liegt, berät Ceyhun ehrenamtlich.

Seine deutsche Staatsbürgerschaft darf er dank einflussreicher Fürsprecher ausnahmsweise beibehalten. "Ich bin natürlich traurig, dass ich nach 30 Jahren in Deutschland einen Punkt erreicht habe, wo ich mir sagen muss: Ozan, du bist doch ein Türke." Dennoch werde ein Teil von ihm immer Deutscher bleiben. "Und wo mein Grab sein wird, das weiß ich noch nicht."

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