Europa macht mobil gegen Banker-Boni
Berlin/Frankfurt/London (dpa) - Zumindest in Europa müssen sich Finanzmanager von kurzfristigen Prämien in Millionenhöhe wohl verabschieden. Geht es nach Deutschland, Frankreich und Großbritannien sollen exzessive Bonuszahlungen auch weltweit ein Ende haben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sowie der britische Premierminister Gordon Brown fordern - auch im Namen der Europäischen Union - handfeste Beschlüsse auf dem Weltfinanzgipfel (G20) am 24. und 25. September in amerikanischen Pittsburgh. Manager wie Aktionärsschützer halten Gesetze gegen überzogene Gehälter hingegen für überflüssig.
Merkel, Sarkozy und Brown schrieben gemeinsam an die schwedische EU-Ratspräsidentschaft, der am Donnerstag bekannt wurde. Sie lehnen "garantierte Bonuszahlungen" ab. Stattdessen sollen große Teile variabler Vergütungen zeitlich gestreckt und bei schlecht laufenden Geschäften ganz gestrichen werden. "Vergütungen im Finanzsektor sind ein wichtiges Thema, das auf der Tagesordnung des Gipfels von Pittsburgh mit konkreten Ergebnissen stehen muss", heißt es.
Das Schreiben an Schwedens Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt war zunächst nur als Initiative von Berlin und Paris gedacht. Die britische Regierung war - wegen der Bedeutung des Finanzplatzes Londons - zurückhaltend, was eine mögliche Obergrenze für Boni angeht.
Die EU-Finanzminister hatten sich schon am Mittwoch im Grundsatz auf ein Ende überzogener Gehaltszahlungen verständig, auch wenn sie sich nicht auf alle Einzelheiten einige konnten. Das könnten die EU- Staats- und Regierungschefs Ende kommender Woche in Brüssel nachholen, wenn sie sich vermutlich zur Vorbereitung des G20-Gipfels treffen.
Merkel, Sarkozy und Brown plädieren zudem für abgestimmte Szenarien für einen Ausstieg aus den staatlichen Milliarden- Programmen gegen die Krise sowie für internationale Regeln im Umgang mit Großbanken. Im Kampf gegen Steueroasen pochen sie auf einen umfassenden Strafenkatalog.
Deutschland und Frankreich sehen in den auf kurzfristige Gewinne ausgerichteten Boni den Nährboden für die Krise. Mit Hunderten Milliarden mussten die Regierungen Banken vor dem Untergang retten. Die Krise bescherte zumindest deutschen Top-Managern 2008 erhebliche Einbußen. Statt exzessiver Zuwächse sanken die Vergütungen der Vorstände der 30 Dax-Unternehmen um etwa ein Fünftel auf durchschnittlich 2,28 Millionen Euro.
Nur vereinzelt erhielten Manager nach einer Studie von Aktionärsschützern hohe Boni und Abfindungen. "Wir haben keine Anhaltspunkte für Gier und größere Exzesse irgendwelcher Art gefunden", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, in Frankfurt. Die Managerbezüge seien weiterhin "hoch, aber nicht zu hoch".
Spitzenverdiener in Deutschland war 2008 laut Studie Siemens-Chef Peter Löscher mit Bezügen von knapp 10 Millionen Euro. Er verdrängte die langjährige Nummer Eins Josef Ackermann. Der Chef der Deutschen Bank erhielt wegen des schlechten Abschneidens seines Hauses nur noch 1,4 Millionen Euro Gehalt. Boni und Aktienoptionen fielen beim größten deutschen Kreditinstitut wegen nicht erreichter Ziele aus. Das Schlusslicht bildete Commerzbank-Vorstandschef Martin Blessing mit 600 000 Euro. Sein Gehalt wurde nach dem Einstieg des Staates bei der angeschlagenen Commerzbank gedeckelt.
Für Deutsche-Bank-Chef Ackermann läuft die Boni-Debatte ins Leere. Er sagte auf einer Konferenz in Frankfurt, Institute passten Vergütungsmodelle bereits mit dem Ziel an, "sie besser mit nachhaltiger Profitabilität und den langfristigen Interessen der Aktionäre in Einklang zu bringen."
Martin Blessing, Chef der staatlich gestützten Commerzbank, fürchtet, dass die Finanzbranche aus der Krise nichts gelernt hat. "Vielleicht ist die Krise zu kurz, um wirklich fundamentale Änderungen zu erreichen", sagte Blessing in Frankfurt. "Die Frage ist: Ziehen wir die richtigen Lehren aus der Krise?"
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