Bayern droht mit Rückkehr zu Grenzkontrollen
Italien will Flüchtlinge aus Tunesien mit Touristen-Visa ausstatten. Bayerns Innenminister Joachim Hermann reagiert empört.
Der Zustrom nordafrikanischer Flüchtlinge nach Italien sorgt für Misstöne innerhalb der Europäischen Union. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte, Rom müsse alleine mit dem Flüchtlingsstrom zurechtkommen. Italiens Vorhaben, den Flüchtlingen Visa auszustellen, verstoße gegen den Geist des Schengen-Abkommens.
Zuvor hatten mehrere Unionspolitiker mit der Wiederaufnahme der Grenzkontrollen gedroht. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) empörte sich über die Vergabe von Visa an Flüchtlinge durch Italien. „Wir werden es nicht hinnehmen, dass die italienische Regierung die Tunesier einfach zu Touristen erklärt und sie auf diese Weise in andere Länder schiebt“, sagte er.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU), nannte das Vorgehen Roms einen Verstoß gegen alle Regeln und europäisches Recht. Wenn Flüchtlinge in andere Länder ausreisen könnten, sei zu erwägen, „ob in Deutschland das Schengen-System vorübergehend außer Kraft gesetzt wird“. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sprach sich für Grenzkontrollen der Schengen-Staaten für Einreisende aus Italien aus.
Heute wollen die EU-Innenminister in Luxemburg nach einer gemeinsamen Haltung zum Umgang mit den Migranten suchen. Strittig ist zwischen Rom und den anderen EU-Regierungen vor allem, ob Italien Tausende Afrikaner innerhalb der EU weiterreisen lassen darf oder nicht. Rom hatte vergangene Woche angekündigt, tunesischen Flüchtlingen, die bis zu einem bestimmten Stichtag ankamen, befristete Aufenthaltsgenehmigungen zu geben.
Am Wochenende kamen wieder mehrere Schiffe auf der Mittelmeerinsel Lampedusa an, von der die Behörden zuvor in einer Konzertierten Aktion Tausende Migranten in andere Landesteile gebracht hatten. Die Zahl der Bootsflüchtlinge auf dem kleinen Eiland wuchs damit wieder auf 750 an. Seit Beginn der Unruhen in Nordafrika im Januar landeten allein auf Lampedusa mindestens 22000 Flüchtlinge.
Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi forderte von den anderen EU-Staaten die Aufnahme von Flüchtlingen und mehr Solidarität, um den „menschlichen Tsunami“ zu bewältigen. „Europa ist entweder etwas Reales und Konkretes oder es existiert nicht. Dann ist es besser, wenn wir uns wieder trennen und jeder seinen Ängsten und seinem Egoismus folgt.“
Nach EU-Recht ist das Land, in dem Flüchtlinge EU-Boden betreten, für die Prüfung von Asylanträgen und Aufenthaltsbegehren zuständig. afp, dpa
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