Gute Entwicklung für den alten und neuen Minister Gerd Müller
Gerd Müller macht seinen Job mit Leib und Seele. Trotzdem wurde erst in letzter Minute klar, dass er Entwicklungsminister bleiben kann. Was er nun vorhat.
Gerd Müller ist gläubiger Katholik. Aber auf Beistand von ganz oben war er am Ende nicht angewiesen. Wahrscheinlich waren es zwei kühle Überlegungen von Horst Seehofer, die den Allgäuer seine Arbeit als Entwicklungsminister fortsetzen lassen: Müller hat mit seiner Arbeit parteiübergreifend Lob eingeheimst. Und er ist in der Flüchtlingskrise durch leise und vermittelnde Töne aufgefallen. Für viele Gläubige war er damit ein wohltuender Gegenpol zu manch anderen, eher aggressiven CSU-Kollegen. Und die Unterstützung der Kirchen kann die Partei nach den schrillen Tönen in der Flüchtlingskrise gut gebrauchen.
Entwicklungsminister Müller darf weiter seine Arbeit machen
Müller selbst bleibt in der Stunde des Erfolgs bescheiden: „Ich bin sehr zufrieden, dass ich das, was ich begonnen habe, mit voller Kraft fortsetzen kann“, sagt der 62-Jährige unserer Redaktion. Nachdem die CSU im Vorstand alle Personalentscheidungen abgesegnet hat, fährt der Landwirtssohn am Montagnachmittag heim ins Oberallgäu, „zu meinen Leuten“, wie er sagt.
Am Dienstag geht es dann wieder nach Berlin. Es gibt viel zu tun. Drei Schwerpunkte gibt Müller für seine zweite Amtszeit aus: die Rückführung von Flüchtlingen zu verstärken, die Hilfe für Afrika zu intensivieren und für Gerechtigkeit im Handel mit armen Ländern zu sorgen. Mit dem Programm „Perspektive Heimat“ will Müller die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen fördern – mit Ausbildungs- und Jobangeboten in ihren Heimatländern. Er glaubt aber auch zu wissen, und da ist er wieder ganz bei der CSU, wie die Deutschen mit abgelehnten Asylbewerbern umgehen wollen: „Die Menschen erwarten, dass wir diese auch konsequent zurückschicken.“
Sein „Marshall-Plan mit Afrika“ soll vor allem sogenannte Reformpartnerschaften mit afrikanischen Ländern und Privatinvestitionen ankurbeln. Dazu will sich der gebürtige Krumbacher, der seit vielen Jahren im Allgäu lebt, für die Risikoabsicherung starkmachen. Deutsche Mittelständler, die in Afrika investieren wollen, bräuchten Ausfallbürgschaften, erklärt er.
Zu Müllers Amtsbilanz gehört auch, dass er im Zuge der Flüchtlingskrise eine deutliche Aufstockung des Entwicklungsetats auf mehr als acht Milliarden Euro im Jahr 2017 erreicht hat. Nun will er dauerhaft den Anteil der Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens festschreiben. So hat er es in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt. Bei all diesen Maßnahmen hat der Entwicklungsminister die Ursachen für Flucht und Vertreibung im Blick. Es sei eine Illusion zu glauben, dass Europa sich durch Mauern und Grenzen dauerhaft abschotten könne, schrieb der CSU-Politiker auch seinen Parteifreunden ins Stammbuch.
Gerd Müller: "CSU spielt in Berlin hervorgehobene Rolle"
Am Ende war es dann aber doch knapp, trotz der allseits geschätzten Arbeit Müllers. Erst der Posten einer Digital-Staatsministerin für die Unterfränkin Dorothee Bär löste letztlich das Dilemma auf. So musste Horst Seehofer Müller nicht dem Jugend- und Frauenproporz opfern. Der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel, der sich stark für Müller eingesetzt hatte, lobte Seehofers Entscheidung: „Gerd Müller tut der CSU gut. Wenn man sich in der Innenpolitik so stark für den Rechtsstaat einsetzt, ist es gut, wenn jemand auch die Probleme außerhalb Deutschlands anpackt“, sagte Waigel unserer Redaktion. Auch Entwicklungshilfe-Organisationen und kirchliche Hilfswerke nahmen die Entscheidung für Müller positiv auf.
Und auf einmal wirkt alles so leicht und unbeschwert. Über den Konkurrenzkampf mit Dorothee Bär sagt Müller am Montag: „Wir hatten nie einen Konflikt. Ich kann mir vielmehr gemeinsame Projekte für digitale Lösungen vorstellen.“ Beispiel: Vergangene Woche unterzeichnete Müller mit den Konzernen VW, Siemens und SAP einen Carsharing-Vertrag für Ruanda. Ab Mai sollen in der Hauptstadt Kigali über eine dort entwickelte App kurzzeitig VW-Polos gemietet werden können.
Eine gute Entwicklung für Gerd Müller – und für seine Partei, findet er: „Das Thema Ordnung und Sicherheit liegt in den Händen von Horst Seehofer, das für Bayern wichtige Thema Infrastruktur und Verkehr ist in der Verantwortung von Andreas Scheuer, das Thema Zukunft liegt bei Dorothee Bär und das Thema unserer Verantwortung in der Welt bei mir. Die CSU spielt damit in Berlin eine hervorgehobene Rolle.“
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