Heiko Maas spürt in Washington den politischen Klimawandel
Außenminister Heiko Maas führt in Washington schwierige Gespräche. Beim Iran-Abkommen gibt es erwartungsgemäß keine Einigung.
Der Himmel hatte gerade seine Schleusen geöffnet, als Heiko Maas unweit des Washingtoner Kapitols vor die Kameras trat. „Es ist gut, in Washington zu sein“, behauptete der von einem Regenschirm geschützte Saarländer tapfer: „Gerade in Zeiten, in denen der Atlantik breiter und rauer geworden ist.“
Auch wenn es kein Tsunami, sondern nur ein Sommergewitter war, das die amerikanische Hauptstadt am Dienstagabend verfinsterte, schien der äußere Rahmen zur Stimmung des Antrittsbesuches des deutschen Außenministers zu passen. Lange dürfte das transatlantische Verhältnis nicht so schlecht gewesen sein wie nach der einseitigen Kündigung des Iran-Abkommens durch die USA und der Androhung von Strafzöllen auf Stahlimporte.
Für den Mittwoch stand zwar eine 45-minütige Begegnung von Maas mit seinem amerikanischen Amtskollegen Mike Pompeo auf dem Programm. Aber eine gemeinsame Pressekonferenz war nicht vorgesehen.
Schon am ersten Tag seines Besuches konnte sich Maas ein Bild von den neuen Verhältnissen machen. Im Kongress traf er Nancy Pelosi, die demokratische Fraktionsvorsitzende im Repräsentantenhaus, und Bob Corker, den republikanischen Vorsitzenden des Auswärtigen Senats-Ausschusses, zum Meinungsaustausch. Pelosi ist eine der schärfsten Kritikerinnen von Donald Trump und Corker sagte vor ein paar Monaten, der Mann im Weißen Haus brauche eine Tagesbetreuung. Doch Pelosi dürfte auch nach den Parlamentswahlen im Herbst zur Minderheit gehören, Corker tritt erst gar nicht wieder an.
Die Bundesregierung sucht nach einer Brücke zu Trump
Lange hatte die Bundesregierung nach Ansprechpartnern in Washington gesucht, die eine Brücke zum unberechenbaren Präsidenten bauen oder diesen – so die optimistische Vorstellung – gar zähmen könnten. Kanzlerin Angela Merkel umwarb Trumps Tochter Ivanka, die sich tatsächlich vor allem um ihre Geschäfte kümmert und kaum Einfluss zu haben scheint. Ex-Außenminister Sigmar Gabriel setzte auf seinen Kollegen Rex Tillerson und Sicherheitsberater Raymond McMaster. Beide wollten am Iran-Abkommen festhalten und wurden inzwischen aus dem Amt gedrängt.
So geht es Maas vor allem um Kontaktaufnahme und den Austausch von Meinungen. Er schüttelt Hände, lächelt, sitzt mittags in der Botschaft mit Vertretern der Denkfabriken zusammen und hört sich an, wie die Experten die Situation einschätzen. Pompeo selber hat am Montag keine Zweifel an der Position der USA zu dem Iran-Abkommen gelassen, das die Europäer unbedingt erhalten wollen. Die härtesten Sanktionen aller Zeiten hat er dem Mullah-Regime angedroht und unmissverständlich klargemacht, dass er von den Europäern politische Gefolgschaft erwartet.
Am zweiten Tag seines Besuches nun trifft Maas seinen Amtskollegen im State Department. Zuvor aber hat er einen Termin im Weißen Haus bei einem Mann, der als noch entschiedenerer Hardliner als Pompeo gilt: Trumps neuer Sicherheitsberater John Bolton. Der Mann mit dem markanten Schnauzbart fordert seit langem einen Militärschlag gegen den Iran und schrieb noch im März 2015 einen Gastbeitrag für die New York Times unter der Überschrift: „Um Irans Bombe zu stoppen, muss man Iran bombardieren.“
Bolton und Pompeo sind sich in der Überzeugung völlig einig, dass mit notfalls auch militärischem Druck die besten Ergebnisse erzielt werden können. „Wir in Deutschland und Europa sind entschlossen, alles dazu beizutragen, dieses Abkommen aufrechtzuerhalten, den Iran auch bei der Stange zu halten“, erklärt Maas vor der Begegnung mit dem Chefdiplomaten und dem Trump-Berater. Zuvor hat er klargemacht, dass der Vertrag, der Teherans Verzicht auf die Atombombe mit wirtschaftlichen Vorteilen verbindet, im Interesse des Alten Kontinents liegt: „Wir wollen keine Verbreitung von Atomwaffen in unserer Nachbarschaft.“
Die Sichtweisen könnten kaum unterschiedlicher sein
Am Mittwoch hat sich das Gewitter zwar verzogen. Aber die Sichtweisen von diesseits und jenseits des Atlantiks könnten unterschiedlicher kaum sein. Maas verschweigt das nicht. Vom Rumpelstilzchen-Gehabe, wie es Linken-Chef Bernd Riexinger mit seinem Ruf nach „Klartext“ fordert, hält er trotzdem wenig. Es würde in Washington auch niemanden beeindrucken. „Die Beziehungen zu den USA sind einem Wandel unterworfen“, sagt der deutsche Außenpolitiker stattdessen diplomatisch. Doch seien die Bindungen „eng und tief, auch wenn wir nicht überall einer Meinung sind“.
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