„Neider kann es immer geben“
Ilse Aigner gilt als Kronprinzessin der CSU. Wir sprachen mit ihr über die Rückkehr nach München, den schwierigen Chef Horst Seehofer und ihre Probleme mit den Grünen
Im Herbst wechselt Ilse Aigner von der Bundes- in die Landespolitik. Sie gilt als mögliche Nachfolgerin von Ministerpräsident Horst Seehofer. Wir trafen die CSU-Politikerin in Wildbad Kreuth.
Horst Seehofer ist bekanntlich kein ganz einfacher Chef. Haben Sie sich Ihren Wechsel nach Bayern gut überlegt? Schließlich kommen Sie dann in Seehofers Wurfweite . . .
Aigner: Ja, aber er auch in meine (lacht). Im Ernst: Wir arbeiten sehr gut und vertrauensvoll zusammen, und das wird auch so bleiben.
Sie werden in der CSU als Kronprinzessin gehandelt. Haben Sie schon Neid zu spüren bekommen?
Aigner: Das sind Mediengeschichten. Neider kann es immer geben. Aber in der CSU wissen alle, dass wir nur gemeinsam Erfolg haben können.
Das öffentliche Interesse an Ihnen wächst. Auch an Ihrem Privatleben, über das Sie bisher kaum geredet haben. Bleibt das so?
Aigner: Ich gehöre zu den Politikern, die Beruf und Privates trennen. So habe ich es bisher gehalten und so will ich es auch weiter halten.
Wir werden also im Wahlkampf keine Homestorys über Sie lesen?
Aigner: So ist es.
Noch sind Sie Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin – nicht selten mit Gegenwind. Umweltschützer haben Sie zum „Dinosaurier des Jahres“ gekürt, andere nennen Sie „Ankündigungsministerin“. Wie gehen Sie damit um?
Aigner: Das mit dem Dino nehme ich sportlich. Dinosaurier sind ja als eine sehr nachhaltige und starke Spezies in die Geschichte eingegangen. Dass man Vorhaben ankündigt, gehört zum politischen Geschäft. Wichtig ist: Ich habe seit 2008 auch haufenweise Vorhaben umgesetzt.
Was sind die wichtigsten Taten, die Sie einer Ankündigung folgen ließen?
Aigner: Beispiel Lebensmittel: Hier gibt es jetzt mehr Transparenz durch strengere Vorschriften, das erfolgreiche Portal lebensmittelklarheit.de und die neu entwickelte Regionalkennzeichnung. Beispiel Datenschutz: Zahlreiche Aktivitäten haben die Sicherheit im Internet erhöht und ich habe eine breite Debatte angestoßen, um alle Nutzer zu informieren und zu sensibilisieren. Beispiel Anlegerschutz: Bei der Beratung durch Banken haben wir für die Verbraucher eine ganze Reihe wichtiger Verbesserungen erreicht.
Die überhöhten Dispozinsen, die viele Bankkunden bezahlen, konnten Sie aber nicht flächendeckend senken . . .
Aigner: Ich setze mich für mehr Transparenz ein – und das wirkt: Eine Stichprobe der Stiftung Warentest hat ergeben, dass immer mehr Banken ihre Zinsen senken. Einen vergleichbaren Trend gibt es bei den Gebühren für das Geldabheben an fremden Automaten.
Teurer werden dagegen Lebensmittel. Es gibt Leute, die das auf die Konkurrenz zwischen Teller und Tank zurückführen – also den Anbau von Lebensmitteln zur Spritgewinnung, der in Ihrer Amtszeit an Bedeutung gewonnen hat. Stimmt das?
Aigner: Dass die Preise für Agrarrohstoffe weltweit steigen, hat viele Gründe, zum Beispiel die größere Nachfrage in Schwellenländern und die wachsende Weltbevölkerung. Wir haben in Deutschland zwölf Millionen Hektar Ackerfläche – Pflanzen für die Produktion von Bioethanol werden gerade einmal auf 250 000 Hektar angebaut.
Als eine Ihrer letzten Amtshandlungen sprechen Sie mit Ihren EU-Kollegen über die Reform der Agrarstruktur. Worum geht es?
Aigner: Es stehen wichtige Weichenstellungen für die Finanzierung der gemeinsamen EU-Agrarpolitik an. Ich kämpfe für die Interessen unserer Bäuerinnen und Bauern. Sie brauchen Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Und sie brauchen weiterhin eine faire Entlohnung für die Leistungen, die sie für die Gesellschaft erbringen. In Brüssel wird es um drei Fragen gehen: Wie hoch ist der EU-Etat? Wie hoch sind die Lasten der einzelnen Staaten? Und wie wird das Geld verteilt?
Bleiben Sie nach Ihrer Rückkehr in die Landespolitik der Landwirtschaft treu, zum Beispiel als Ministerin?
Aigner: Personalfragen stellen sich nicht. Bevor wir über ein künftiges Kabinett reden, müssen wir erst einmal die Wahl gewinnen. Aber dass die Landwirtschaft gerade in Bayern ein wichtiges Thema bleibt, ist klar.
Im Bereich Landwirtschaft haben Sie sich oft an den Grünen gerieben. Können Sie sich trotzdem ein schwarz-grünes Bündnis vorstellen?
Aigner: Ich nehme es nicht hin, wie abfällig die Grünen über unsere Bäuerinnen und Bauern reden. Die Grünen vermitteln den Eindruck, dass Landwirte generell nicht verantwortungsbewusst und nachhaltig wirtschaften. Diese Kritik halte ich für unverschämt.
Wenn die FDP nicht auf die Beine kommt, müssen Sie trotzdem über neue Optionen nachdenken . . .
Aigner: Jede demokratische Partei muss in der Lage sein, mit einer anderen demokratischen Partei zu verhandeln. Das ist die Theorie. Aber ob das in der Praxis mit den Grünen Sinn macht und ob wir das wirklich wollen, bezweifle ich sehr.
Also bleibt doch nur die FDP. Wie können Sie den Liberalen helfen?
Aigner: Sie können sich nur selbst helfen. Aber wir sollten versuchen, dabei zumindest nicht zu stören.
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