Wenn Friedrich Merz die CDU retten will, muss sich der Liebling der Konservativen erst selbst neu erfinden. Ein plumper Rechtsruck würde ins Abseits führen.
Dass früher alles besser war, darf zwar stark bezweifelt werden, Tatsache ist aber, dass Nostalgie gerade im so unübersichtlichen Heute Konjunktur hat. Im Fernsehen läuft wieder „Wetten, dass..?“, einmalig zumindest, und auch in der CDU herrscht die Sehnsucht nach der vermeintlich guten alten Zeit. Personifiziert wird sie von Friedrich Merz, von dem sich viele Konservative sehnlichst wünschen, dass er endlich den Laden übernimmt und den jahrelangen Linkskurs unter Angela Merkel zurückdreht.
Was Friedrich Merz einst predigte, schreckt heute die Mehrheit ab
Die hatte ihn einst als Fraktionschef verdrängt, worauf Merz sich schmollend zurückzog. Statt sich ins Team einzureihen widmete er sich erfolgreich dem eigenen Fort- und Auskommen in der Wirtschaft, glänzte als scharfzüngiger Kommentator von der Seitenlinie. Der freilich nicht selbst in der Verantwortung stand, als sich die großen Krisen entfalteten.
Seit knapp zwanzig Jahren ist Merz raus aus der ersten Reihe der Politik. Vieles, was er einst predigte – ein sehr traditionelles Familien- und Gesellschaftsbild, mehr Privatisierung, einen Staat, der sich aus allem raushält, ist heute nicht mehr mehrheitsfähig. Eine inhaltliche Erneuerung hat sich die CDU nach ihrem Wahldebakel verordnet, doch ein plumper Schwenk nach rechts würde vielleicht einige Wählerinnen und Wähler aus dem AfD-Lager zurückholen – viele in der Mitte aber verprellen. Bei der jüngsten Bundestagswahl verlor die Union deutlich mehr Stimmen an SPD, FDP und Grüne, nur wenige an die AfD.
Friedrich Merz muss sich inhaltlich breiter aufstellen, um wirklich zu überzeugen
Will Friedrich Merz nicht nur den Applaus Merkel-müder Konservativer, sondern seine Partei mittelfristig wieder an die Regierung führen, müsste er ihr ein inhaltlich breites Paket anbieten. In den kommenden Wochen kann er darlegen, dass er die Zeit in der CDU nicht nur zurückdrehen, sondern sie auch gesellschaftlich offener, jünger, weiblicher und ostdeutscher machen will. Dem widerspricht nicht, den Charakter als Partei der inneren, äußeren und auch sozialen Sicherheit neu herauszuarbeiten.
Wie erfolgreich Retro sein kann, hat Thomas Gottschalk mit der Wetten, dass..?-Neuauflage gezeigt. Doch bevor Friedrich Merz den konservativen Markenkern der CDU auf Hochglanz poliert, sollte er ihn gründlich entstauben. Eine Strömung allein, das wissen auch Norbert Röttgen und Helge Braun, die Mitbewerber um den Vorsitz, kann die darbende Volkspartei nicht retten.
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