Nach Schadenersatz-Forderung: Opposition fordert Scheuers Entlassung
Exklusiv Nach dem Aus für die Pkw-Maut verlangen die gekündigten Betreiber 560 Millionen Euro vom Bund. Und die Opposition will Verkehrsminister Andreas Scheuer am liebsten absetzen.
Auf dieses Weihnachtsgeschenk hätte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gerne verzichtet. Die beiden Maut-Betreiber Kapsch und Eventim fordern von ihm 560 Millionen Euro an Entschädigung für die geplatzte Pkw-Maut für Ausländer. In den Verträgen, die Scheuer wohl vorschnell unterzeichnete, hatten sich die Unternehmen umfassende Kompensationsklauseln herausverhandelt. Sie sicherten sich damit für den Fall ab, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) den Wegzoll kippen würde. Genau dieser Fall ist ein halbes Jahr nach Unterzeichnung der Verträge eingetreten. Die Europarichter bemängelten, dass die Maut Ausländer diskriminiere.
Maut-Ausschuss: Scheuer will Betreibern keine Entschädigung zahlen
Wegen des Maut-Fiaskos steht Scheuer unter erheblichem Druck. Ein Untersuchungsausschuss hat in der vergangenen Woche seine Arbeit aufgenommen. Die Opposition fordert schon heute den Rücktritt des CSU-Ministers. Zuletzt sorgte für Schlagzeilen, dass Beamte des Verkehrsministeriums dem Ausschuss bereits zur Verfügung gestellte Akten wieder abnahmen. „Die Bundeskanzlerin und der bayerische Ministerpräsident müssen sich jetzt rasch überlegen, wie es weitergehen wird. Bei einem Unternehmen wäre der Chef heute abberufen worden“, sagte der FDP-Verkehrsexperte Christian Jung unserer Redaktion. „Wir haben diesen Ausgang immer vorausgesagt.“
Scheuer hingegen gibt sich überzeugt davon, dass der Bund am Ende kein Geld an die Maut-Firmen wird zahlen müssen. „Wir weisen mit aller Entschiedenheit die Forderungen der Betreiber zurück“, erklärte er in einer ersten Reaktion. „Die Zahlen sind falsch und entbehren jeglicher Grundlage“, legte der Minister nach. Aus seiner Sicht haben die Unternehmen vertragliche Leistungen nicht erfüllt und Meilensteine gerissen. Scheuer hatte die Verträge umgehend nach der juristischen Niederlage vor dem EuGH gekündigt.
CSU-Chef Markus Söder und Kanzlerin Angela Merkel geben Andreas Scheuer Rückendeckung
Nach seinen Worten hat er die zwei Firmen zu Gesprächen für Mitte Januar aufgefordert. „Und das ist die Vorstufe zum Schiedsverfahren.“ Die Rechnung für das gescheiterte CSU-Wahlversprechen wird wahrscheinlich erst ein Nachfolger Scheuers begleichen müssen. Zunächst wird den Angaben zufolge ein Prüfer die Ermittlung des entgangenen Gewinns beurteilen. Schließlich entscheidet ein Schiedsgericht über die Rechtmäßigkeit aller Ansprüche. Kenner rechnen mit einer Verfahrensdauer von drei bis fünf Jahren. Die Betreiber wollen ihre Forderungen in mehreren Schritten geltend machen. Bislang hat der Bund für die Vorbereitungen der Autobahn-Abgabe rund 100 Millionen ausgegeben. Scheuer genießt trotz des Fehlschlags noch immer die Rückendeckung von CSU-Chef Markus Söder und Kanzlerin Angela Merkel. , erklärte Merkel am Mittwoch.
Die CSU hatte den Wählern im Jahr 2013 versprochen, dass Ausländer für die Benutzung der Autobahnen in Deutschland zahlen sollen. Geplant war, dass auch deutsche Autofahrer eine Vignette kaufen müssen. Sie sollten das Geld aber über die Kfz-Steuer erstattet bekommen. Kritiker der Ausländer-Maut hatten von Anfang an gemahnt, dass die Konstruktion mit dem EU-Recht nicht vereinbar ist.
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