Unions-Politiker hoffen auf Guttenberg-Comeback
Auch nach seinem Rücktritt sorgt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg für Zwietracht.
Während SPD-Chef Sigmar Gabriel Guttenberg vorwarf, die Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit enttäuscht zu haben, forderten Unions-Politiker keine 24 Stunden nach Guttenbergs Rücktrittserklärung vom Dienstagmorgen bereits das Comeback des CSU-Politikers. Dagegen reagierte die Wissenschaft erleichtert auf Guttenbergs Demission.
Der Minister hatte wegen der offensichtlichen Plagiate in seiner Doktorarbeit seinen Rücktritt erklärt und will nach Zeitungsberichten auch auf sein Bundestagsmandat verzichten. Zwtl: SPD dankt Guttenberg-Kritikern in der Union Gabriel lobte die Kritik aus der Union an Guttenberg. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe so getan, als sei es für ein politisches Amt ohne Bedeutung, wenn ein Minister für seine Doktorarbeit geistiges Eigentum stehle. Man müsse sich bei den CDU-Politikern bedanken, die nicht zugelassen hätten, dass dieses unwürdige Spiel weitergeht.
Politiker wie Kurt Biedenkopf, Wolfgang Böhmer oder Annette Schavan hatten Guttenberg öffentlich kritisiert. Gabriel sagte, es gebe eine Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit und Geradlinigkeit in der Politik. Viele hätten diese Sehnsucht auf Guttenberg projiziert. "Sie alle hat er enttäuscht, weil er offensichtlich gelogen hat und noch nicht einmal den Mut hatte, das wirklich einzugestehen", sagte Gabriel. "Er hat sich eine Rolle zurechtgelegt, die er nicht ausfüllen konnte."
CSU hofft auch schleunige Rückkehr
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sagte zu Guttenberg: "Ich hoffe, dass er uns als Politiker erhalten bleibt und die Rückkehr so bald wie möglich stattfinden kann." Die politische Klasse in Deutschland habe nicht so viele Talente, als dass man auf Guttenberg verzichten könne. "Es gab Fälle, in denen sehr viel mehr kriminelle Energie bei Politikern vorhanden war, die dann zurückgekehrt sind, als bei Guttenberg", sagte Uhl.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer (CDU), sagte, Guttenberg habe in kurzer und schwieriger Zeit zwei Ministerien überaus erfolgreich geführt und dabei große Verdienste in und für Deutschland erreicht. "In einer offenen Gesellschaft hat jeder eine zweite Chance verdient", sagte Pfeiffer. Der Generalsekretär der baden-württembergischen CDU, Thomas Strobl, sagte: "Man soll doch niemals nie sagen! Dafür gibt es eine hinreichende Anzahl von Beispielen." Guttenberg sei ein außerordentlich beliebter und begabter Politiker.
Uni Bayreuth sieht sich nicht mehr so stark unter Druck
Dagegen sagte der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, Bernhard Kempen: "Es wäre schlimm gewesen, wenn sich der Eindruck verfestigt hätte, dass es in der Wissenschaft mit Lug und Trug zugeht und dass dies ohne weitere Konsequenzen für die berufliche Laufbahn bleibt." Kempen beklagte, dass das systematische Abschreiben für die Doktorarbeit in der öffentlichen Debatte auf eine Ebene mit Lausbubenstreichen gestellt worden sei. Der Präsident der Universität Bayreuth, Rüdiger Bormann, sagte, der Rücktritt Guttenbergs nehme einigen Druck von der Universität und der Kommission zur wissenschaftlichen Selbstkontrolle. "Wir müssen die Fakten, die im Internet veröffentlicht und uns von anderer Seite zugetragen wurden jetzt detailliert prüfen und aufarbeiten", sagte Bormann. Dieser Prozess werde noch einige Wochen in Anspruch nehmen. Bormann sagte, ihm sei bewusst, dass das Ergebnis der Prüfung auch für die Staatsanwaltschaft von Interesse sein wird.
Die Universität erwarte, dass Guttenberg seine Ankündigung wahr mache, er wolle sich an der Aufklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe beteiligen. Der Auslöser der Plagiatsaffäre, der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano, wollte Guttenbergs Rücktritt nicht bewerten. "Mir ging es immer darum, dass an Guttenberg die selben wissenschaftlichen Maßstäbe angelegt werden wie bei anderen Forschern auch. Und das musste den Verlust seines Doktortitels zur Folge haben", sagte Fischer-Lescano. Er hatte die ersten abgeschriebenen Textstellen in Guttenbergs Doktorarbeit entdeckt und das Werk als "dreistes Plagiat" kritisiert. Guttenbergs Rücktritt forderte Fischer-Lescano aber nie. "Ich habe Guttenberg immer aus der Perspektive kritischer Rechtswissenschaft betrachtet. Die politischen Schlussfolgerungen müssen andere ziehen", fügte er hinzu. AZ
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