Schwerer Start für AKK: SPD zeigt Kramp-Karrenbauer Grenzen auf
Direkt nach dem Amtseid der neuen Verteidigungsministerin sagt ihr der Koalitionspartner, was alles mit ihm nicht geht in der Sicherheitspolitik.
Der kommissarische SPD-Fraktionschef ist ein höflicher Mensch. Rolf Mützenich wünschte Annegret Kramp-Karrenbauer nach ihrer Vereidigung als Verteidigungsministerin und ihrer ersten Regierungserklärung im neuen Amt alles Gute. Danach zeigte er der Ministerin am Mittwoch sofort scharf ihre Grenzen auf.
Er warf ihr erstens vor, einen falschen Sicherheitsbegriff zu haben, der sich zu eng auf militärische Stärke konzentriere. Er erteilte zweitens ihrer Forderung nach einer deutliche Mittelaufstockung für die Bundeswehr eine deutliche Absage und nannte das einen Tanz um das Goldene Kalb. Und er wandte sich drittens gegen den Wunsch des Nato-Partners USA nach deutschen Soldaten im Kriegsgebiet in Syrien. „Allein bündnispolitische Erwägungen genügen nicht, seitdem ein Rassist im Weißen Haus sitzt, der sich durch Unberechenbarkeit und Egoismus auszeichnet“, tönte Mützenich. Die neue Chefin der Truppe hatte da nur Minuten zuvor dafür plädiert, Unterstützungsanfragen von Verbündeten nicht reflexhaft abzubügeln. Doch der SPD-Mann machte klar, dass seine Fraktion Ende Oktober den Einsatz der Bundeswehr bei der Bekämpfung des Islamischen Staates in Syrien nicht verlängern wird.
Vereidigung von AKK: Ist die SPD schon auf dem Weg in die Opposition?
Die Genossen engen damit den Spielraum von Kramp-Karrenbauer auf dem ohnehin als Schleudersitz verschrieenen Ministerposten deutlich ein. Im politischen Berlin fragte nicht nur der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, ob die schwer gebeutelten Sozialdemokraten schon auf dem Weg in die Opposition sind und die Große Koalition platzen lassen wollen. Noch in diesem Jahr wollen sie schließlich eine Halbzeitbilanz des ungeliebten Regierungsbündnisses ziehen, das sie massiv an Vertrauen kostet.
Im Falle eines Platzens der Großen Koalition würde Kramp-Karrenbauer lediglich ein Intermezzo an der Spitze der Bundeswehr geben. Denn die CDU-Vorsitzende hat Größeres vor und will Angela Merkel als Kanzlerin beerben. Ihr Start als Verteidigungsministerin ist aber nicht nur durch die klaren Ansagen des Koalitionspartners belastet, sondern vor allem damit, dass sie noch jüngst ausgeschlossen hatte, ein Regierungsamt anzustreben. Bei den Soldaten könnte die Botschaft ankommen, dass die Führung der Armee allein aus machttaktischen Perspektiven von einer Politikerin übernommen wurde, deren persönliche Beliebtheitswerte steil nach unten zeigen.
In dem Ressort, das Kramp-Karrenbauer übernimmt, liegt einiges im Argen
In ihrer Rede vor den Abgeordneten tat Kramp-Karrenbauer dann alles dafür, sich das Wohlwollen der Truppe zu sichern. „Unsere Soldatinnen und Soldaten sollen Tag für Tag erleben, wie sich nun endlich die Lücken bei Material und Ausrüstung schließen“, kündigte sie an. Wegen ihrer Vereidigung mussten die Abgeordneten zur Sondersitzung aus dem Sommerurlaub zurückgeholt werden. Schon im Herbst plant die Saarländerin, ihnen einen Fahrplan vorzulegen, wann welches große Kriegsgerät bestellt werden soll.
An Arbeit wird es ihr nicht mangeln. Die frische Inhaberin der Befehlsgewalt findet die Streitkräfte nach 14 Jahren mit Verteidigungsministern aus den Reihen von CDU und CSU in einem erbärmlichen Zustand vor. Die Meldungen über Pleiten, Pech und Pannen sind zahllos. Flugzeuge können nicht abheben, Schiffe nicht auslaufen und Panzer nicht vorrücken, weil Ersatzteile und Munition fehlen. Zu wenige geeignete Bewerber wollen das Waffenhandwerk lernen, sodass die Eingangskriterien für den Dienst gesenkt werden mussten. Die Skandale um das Segelschulschiff „Gorch Fock“ und Beraterverträge in Millionenhöhe offenbarten eine groteske Führungsschwäche an der Spitze des Militärs.
Kramp-Karrenbauer will mehr öffentliche Gelöbnisse
Weil sich diese Missstände nicht binnen Monaten beheben lassen, hat Kramp-Karrenbauer zunächst atmosphärische Verbesserungen ins Auge gefasst. Zum Geburtstag der Bundeswehr am 12. November sollen in allen Bundesländern öffentliche Gelöbnisse abgehalten werden. „Unsere Soldatinnen und Soldaten kommen aus der Mitte unserer Gesellschaft. Und deshalb gehört die Bundeswehr in die Mitte unserer Städte und Gemeinden“, sagte die Dienstherrin. Sie habe wegen der Gelöbnisse alle Ministerpräsidenten angeschrieben.
Direkt nach der Sondersitzung, die wegen Bauarbeiten im Reichstag in das Ausschussgebäude verlegt werden musste, rauschte Kramp-Karrenbauer zum Truppenbesuch nach Celle ab. Dort wird die Nachfolgerin der in der Armee unbeliebten Ursula von der Leyen den Soldaten erklären müssen, wie sie die versprochenen Verbesserungen bezahlen will. Selbst das reduzierte Ziel, 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung aufzuwenden, droht verfehlt zu werden. Eigentlich soll es 2024 erreicht werden. Die mittelfristige Haushaltsplanung kommt aber bis zum Jahr davor nur auf 1,25 Prozent. Deutschland wird damit weiter die militärische Schutzmacht USA verärgern, ohne die Europa sicherheitspolitisch allein da stünde.
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Es schaut nicht gut aus, aber ...….quo vadis Germania?