Tauziehen um die Regierung in NRW hält an
Düsseldorf (dpa) - Fünfeinhalb Wochen nach der Landtagswahl herrscht in Nordrhein-Westfalen weiterhin Unklarheit über die künftige Regierung.
Nachdem die Landes-SPD allen Bündnissen und auch einer Minderheitsregierung vorläufig eine Absage erteilt hat, wächst der Druck auf die nordrhein-westfälische SPD-Chefin Hannelore Kraft, sich der Wahl zur Ministerpräsidentin zu stellen. Für eine rot-grüne Minderheitsregierung gebe es "sehr gute Argumente", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, am Mittwoch in Berlin.
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir kritisierte: "Jetzt müsste Frau Kraft springen und traut sich nicht." Dem "Hamburger Abendblatt" (Mittwoch) sagte Özdemir: "Eine Minderheitsregierung ist sicher nicht ideal, aber in der aktuellen Lage die ehrlichste und beste Lösung, um zumindest Nordrhein-Westfalen aus der schwarz-gelben Umklammerung zu lösen." Der Parlamentsgeschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, forderte die SPD auf, die "verfehlte schwarz-gelbe Politik" zu beenden. "Je früher der Regierungswechsel in Düsseldorf kommt, umso besser für Nordrhein-Westfalen und die Bundespolitik."
Die Grünen wollen, dass sich Kraft zur Ministerpräsidentin wählen lässt und eine rot-grüne Minderheitsregierung führt. Im vierten Wahlgang wäre das mit einfacher Mehrheit möglich, auch ohne die Stimmen der Linken. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und seine schwarz-gelbe Landesregierung sind seit der Wahl am 9. Mai nur noch geschäftsführend im Amt.
Kraft bekräftigte, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen zu einer von ihr geführten Minderheitsregierung bereit sei. Dieser Schritt sei vorstellbar, um im Bundesrat gegen Pläne von Schwarz-Gelb Position zu beziehen, sagte sie dem Fernsehsender N24. Dabei könne es etwa um die Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke gehen, um das Sparpaket oder die Einführung der Kopfpauschale. Auch Oppermann verwies darauf, dass nach den Parlamentsferien wichtige Entscheidungen im Bundesrat anstehen.
Die nordrhein-westfälische FDP bezeichnete dagegen eine von den Linken geduldete Minderheitsregierung als unverantwortlich. Der Generalsekretär der Landespartei, Joachim Stamp, forderte die Grünen auf, sich an einer stabilen Regierung in NRW zu beteiligen. Im Interesse des Landes müsse nach der Sommerpause geprüft werden, ob es nicht doch eine Ampel mit SPD, Grünen und FDP, ein Bündnis mit CDU, Grünen und FDP oder auch eine große Koalition geben könne, sagte er der Nachrichten-Agentur dpa in Düsseldorf.
Die Grünen wiesen die Überlegungen der FDP als "taktisches Manöver" zurück. "Die Besinnung der FDP kommt spät - so spät, dass man Schwierigkeiten hat, sie ernst zu nehmen", kommentierte die Landesparteichefin der Grünen, Daniela Schneckenburger, den Vorstoß der Freidemokraten. "Letzte Woche hätte die FDP springen können." Während der Ampel-Sondierungen habe die FDP jedoch "alle Trümpfe in die Hände der politischen Hardliner" gegeben.
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