Juristen fordern mehr Kontrollen an Gerichten
Nach dem Mord an den Staatsanwalt will Bayerns Justizministerin Beate Merk will ein Sicherheitskonzept überprüfen. Gegen den Täter wurde Haftbefehl erlassen.
Einen Tag nach den tödlichen Schüssen auf einen 31-jährigen Staatsanwalt im Amtsgericht Dachau ist eine Debatte um die Sicherheit an Gerichten entbrannt. Der Deutsche Richterbund, Strafverteidiger und Gewerkschaften forderten schärfere Kontrollen, beispielsweise fest installierte Metalldetektoren im Eingangsbereich. Diese gibt es im Freistaat nur an den vier Strafjustizzentren München, Augsburg, Nürnberg und Würzburg.
Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) kündigte umgehende Gespräche mit allen wichtigen Sicherheitsbehörden an, betonte jedoch, dass sich die Gerichte gegenüber der Öffentlichkeit nicht abschotten sollten. Außerdem habe man seit einem tödlichen Vorfall am Landgericht Landshut im April 2009 das Sicherheitskonzept an Gerichten schon umfangreich überarbeitet. Allein in bauliche Maßnahmen seien mehr als 3,6 Millionen Euro investiert worden.
Zur Diskussion um eine generelle Kontrolle der Gerichtseingänge, also auch an Amtsgerichten, wollte sich Merk gegenüber unserer Zeitung nicht äußern. Sie wolle den Gesprächen nicht vorgreifen, sagte sie. Aber sie nehme alle Hinweise ernst, die zu einer Verbesserung des Sicherheitskonzepts führen. Zur Frage, ob dafür auch das nötige Geld zur Verfügung stehe, sagte Merk: „Ich werde alles tun, damit wir die Dinge, die wir umsetzen wollen, auch umsetzen können.“
Am Mittwoch hatte ein 54-jähriger Transportunternehmer in einem Dachauer Gerichtssaal einen 31-jährigen Staatsanwalt mit einer Pistole erschossen. Der Mann war kurz zuvor zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden, weil er Sozialbeiträge in Höhe von 44000 Euro nicht bezahlt hatte.
Gestern wurde gegen den Täter Haftbefehl wegen Mordes und versuchten Mordes erlassen. Aufgrund der Spurenlage gehen die Ermittler nämlich davon aus, dass der Mann auch auf den Richter gezielt hat. Außerdem soll ein psychologisches Gutachten erstellt werden. Hinweise auf „psychiatrische Leiden“ gebe es jedoch nicht, sagte Oberstaatsanwältin Andrea Titz. Der Schütze schweigt zu der Tat.
Todesschütz von Dachau schimpfte lauthals über den Richter
Nach Informationen unserer Zeitung hat der 54-Jährige wenige Stunden vor der Gerichtsverhandlung in einem nahe gelegenen Restaurant lauthals über den Richter geschimpft. Er saß dort zusammen mit seiner Anwältin, einer jungen Augsburger Juristin, beim Mittagessen. Er habe sich „furchtbar“ aufgeregt und unter anderem „Scheiß Richter“ gebrüllt, sagte die Restaurantleiterin unserer Zeitung.
Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft München II auf eigenen Wunsch die Ermittlungen an die Anwaltschaft München I abgegeben, und zwar aus Gründen der Objektivität, wie es heißt. Der getötete Kollege gehörte der Behörde München II an.
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