Ukraine-Krise: Was die zu sagen haben, die keiner gefragt hat
Manche Menschen antworten auch, wenn sie nicht gefragt sind. So wird eine Ex-Moderatorin zur Stimme Russlands und ein abgeschriebener Politiker liest den Regierenden die Leviten.
Wer es gut mit Eva Herman meint, könnte eine Geschichte über die frühere Nachrichtensprecherin so beginnen: Eva Herman ist eine Frau, die sich nicht verbiegen lässt. Die ihre Meinung sagt, auch wenn sie unbequem ist. Die nicht mit dem Strom schwimmt. Es gibt da nur ein Problem: Man tut sich immer schwerer, es gut mit dieser Frau zu meinen. Seit sie von den Bildschirmen weitgehend verschwunden ist, hat sich ihr Sendungsbewusstsein noch vergrößert. Ihr aktuelles Lieblingsthema ist der Konflikt in der Ukraine. Oder wie Herman es nennen würde: die Propaganda-Schlacht des Westens gegen Russland.
Eines muss man der 55-Jährigen lassen, sie liefert verblüffend einfache Antworten auf schwierige Fragen. Da ist zum Beispiel die Frage, wer denn nun verantwortlich ist für die Eskalation in der Ostukraine. Herman muss nicht lange nachdenken. Schuld ist für sie die Europäische Union. Und die Amerikaner natürlich. „Warum legt der Westen es immer wieder gezielt auf Provokationen an?“, fragt sie in ihrer Kolumne, die regelmäßig auf der Internetseite des Rundfunksenders Stimme Russlands erscheint.
Der Sender ist übrigens in staatlicher Hand und gilt als Sprachrohr des Kremls. Da freut man sich natürlich über die vermeintlich prominente Fürsprecherin aus Deutschland. Dass Herman in ihrer Heimat zuletzt nur noch durch ausgedehnte Tauchgänge in diversen Fettnäpfchen aufgefallen ist, scheint den Russen entgangen zu sein.
Auch Karl-Theodor zu Guttenberg meldet sich zu Wort
Hauptsache, die Gastautorin ist auf Kreml-Linie. Herman gibt sich Mühe und wirft die Frage auf, „was eigentlich noch passieren muss, bis Wladimir Putin der Kragen platzt“. Der russische Präsident quasi als besonnener Diplomat, der um des Friedens Willen die ständigen Provokationen erduldet.
Den wahren Aggressor sieht Herman in den USA. Bereits im Juli stellt sie fest: „Wir pfeifen immer noch die schiefen Noten der Onkel-Sam-Leute mit, obwohl die so weit weg sind. Die Russen, die uns viel näher sind, verteufeln wir in vorauseilendem Gehorsam. Warum bloß?“
Dort, im so fernen Amerika, sitzt ein anderer Deutscher, der sich gerne ungefragt zu Wort meldet. Gerade hat Karl-Theodor zu Guttenberg den Regierenden in aller Welt mal wieder die Leviten gelesen. Im Wall Street Journal bezeichnet der hierzulande längst abgeschriebene Shootingstar a. D. die europäischen Politiker als „Schlafwandler“, die „die Folgen ihrer Untätigkeit nicht erkennen“. Dass sie die Bedrohung durch Putins Russland nicht ernst genug nähmen, sei Ausdruck „wahnhafter Entrückung“. Findet er jedenfalls. Und man fragt sich, was Eva Herman dazu sagen würde. Egal. Eine Idee, wie man Moskau stoppen könnte, hat Guttenberg sowieso nicht. Wie gut, dass er nicht mehr selbst regieren muss.
Apropos: Die Bundesregierung kommt in seiner Abrechnung einigermaßen glimpflich davon. Der CSU-Politiker schießt sich lieber auf die Europäische Union ein. Dass sich in Brüssel nun eine gerade mal 41-jährige Italienerin um die Außenpolitik kümmern soll, hält „KT“ für einen „historischen Fehler“. Er muss es wissen, schließlich wurde er selbst einst mit 37 Jahren zum Bundesminister ernannt.
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