Wieder führt eine Spur nach Ulm
Ulm/Neu-Ulm. Die konspirativen Treffen fanden offenbar im Wohnzimmerstatt. In einem Mehrfamilienhaus in einer ruhigen Wohngegend in Ulm.Hier lebte Fritz G., der mutmaßliche Drahtzieher der geplantenTerroranschläge. Hier empfing er seine abendlichen Besucher undverschwand mit ihnen geräuschlos in seiner Wohnung.
Von Michael Ruddigkeit
Ulm/Neu-Ulm. Die konspirativen Treffen fanden offenbar im Wohnzimmer statt. In einem Mehrfamilienhaus in einer ruhigen Wohngegend in Ulm. Hier lebte Fritz G., der mutmaßliche Drahtzieher der geplanten Terroranschläge. Hier empfing er seine abendlichen Besucher und verschwand mit ihnen geräuschlos in seiner Wohnung.
"Da hat man nie was gehört", berichteten Nachbarn. "Das kam uns schon etwas komisch vor." Doch ansonsten fiel Fritz G. nicht weiter auf. Er lebte zurückgezogen, war ordentlich, erledigte in der Kehrwoche seine Aufgaben im Haus. Zuletzt habe er sogar einen ganz ordentlichen Haarschnitt gehabt, schilderten Nachbarn.
Am Dienstagabend hat die Polizei seine Wohnung mit einem Großaufgebot durchsucht. Da war der mutmaßliche Terrorist schon in Nordrhein-Westfalen festgenommen worden.
Ulm und Neu-Ulm gelten seit Jahren als Hochburgen islamistischer Umtriebe. Doch dass von hier aus ein verheerender Anschlag geplant worden ist und gerade noch verhindert werden konnte, stellt eine neue Dimension dar.
Die Hoffnung der Behörden, die Extremisten-Szene durch rigides Vorgehen zu zerschlagen oder zumindest nachhaltig zu verunsichern, hat sich nicht erfüllt. Die Aktivitäten haben sich lediglich verlagert. Die Islamisten agieren nun mehr im Verborgenen. Darunter auch deutsche Konvertiten wie Fritz G.
Was macht die beiden Städte an der Donau so attraktiv für gewaltbereite Religionsfanatiker? Diese Frage können selbst Fachleute bei den Ermittlungsbehörden nicht präzise beantworten. Doch Tatsache ist, dass sich in Ulm und Neu-Ulm schon etliche hochrangige Vertreter der Islamisten-Szene aufgehalten haben. Der Finanzminister von Osama bin Laden etwa soll bereits hier gewesen sein. Reda S., der im Verdacht stand, den Bombenanschlag auf Bali zumindest mit finanziert zu haben. Oder der ägyptische Chemiker Dr. Y., in dessen Neu-Ulmer Reihenhaus Material zum Bombenbau gefunden wurde. Diese zum Teil charismatischen und sehr aktiven Männer könnten nach Einschätzung des baden-württembergischen Verfassungsschutzes dazu beigetragen haben, dass das islamische Netz immer dichter gespannt wurde. Vor allem die Tendenz, junge Leute anzuwerben und in Terror-Camps ins Ausland zu schicken, habe deutlich zugenommen, sagt der Sprecher der Behörde, Dr. Clemens Homoth-Kuhs.
Vor allem das Multikulturhaus in Neu-Ulm galt lange Zeit als Anlaufstelle für radikale Islamisten. Nach Überzeugung der Ermittler wurde hier in Predigten unverhohlen zum Mord an Ungläubigen aufgerufen, es wurde Geld für den "Heiligen Krieg" gesammelt, und es wurden so genannte "Gotteskrieger" angeworben.
Zunächst kehrte in Neu-Ulm Ruhe ein, doch die war trügerisch
Der Verein wurde vor etwas mehr als eineinhalb Jahren verboten. Das bayerische Innenministerium erhoffte sich davon, den islamistischen Sumpf an der Donau trockenzulegen. Zunächst kehrte auch Ruhe ein. Doch die war trügerisch. Denn die Vertreter der Szene tauchten offenbar nur unter. Andere verschwanden einfach über die Landesgrenze, um ihre Aktivitäten fortzusetzen.
In Ulm ist seit einiger Zeit das Islamische Informationszentrum IIZ im Visier der Verfassungsschützer. Dessen Räume wurden gestern von der Polizei durchsucht. Mehrere Kisten mit Beweismaterial wurden sichergestellt. In diesem unauffälligen Gebäude nahe dem Ulmer Theater soll der vor einigen Monaten in Pakistan festgenommene Terrorverdächtige Tolga D. regelmäßig verkehrt haben. Auch Fritz G. war offenbar zeitweise Mitglied des Vereins. Er soll laut "Focus Online" vom früheren Vize-Chef des Ulmer Zentrums zum Übertritt zum Islam überredet worden sein.
Von den Sicherheitsbehörden beobachtet wurde der 28-Jährige schon seit längerem. Wie Nachbarn berichteten, gab es bereits kurz nach dem Einzug des jungen Mannes eine Hausdurchsuchung der Polizei. Danach kehrte wieder Ruhe ein. Ab und zu tauchten Männer mit langen Bärten und verhüllte Frauen auf. Das hat Nachbarn und Anwohner zwar argwöhnisch gemacht. Doch dass ein mutmaßlicher Terrorist mitten unter ihnen wohnte, konnte sich niemand vorstellen.
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