Gasturbinen für Nord Stream 1: Kanada liefert – doch nun ist eine Debatte entbrannt
Der Beschluss der Regierung Trudeau, die Auslieferung der Teile für die russische Pipeline für Nord Stream 1 zu gestatten, schlägt hohe Wellen. Besonders Ukrainer im Land protestieren.
Die Entscheidung der kanadischen Regierung, entgegen der eigenen Sanktionspolitik die Rückführung reparierter Gasturbinen für die russisch-deutsche Gaspipeline Nord Stream 1 nach Russland zu erlauben, schlägt in Kanada innenpolitisch hohe Wellen. Der außenpolitische Ausschuss des kanadischen Parlaments beschloss jetzt, zwei Kabinettsmitglieder zu der umstrittenen Entscheidung zu befragen. Auch die Botschafterinnen der Ukraine, der Europäischen Union und Deutschlands sollen vor dem Ausschuss aussagen.
Kanada stimmt auf Druck von Deutschland Lieferung der Gasturbine für Nord Stream 1 zu
Die Regierung des liberalen kanadischen Premierministers Justin Trudeau hatte in der vergangenen Woche auf Druck der deutschen Bundesregierung der Auslieferung der Gasturbinen zugestimmt. Eine von Siemens Energy hergestellte Turbine war von Siemens vor dem Ukraine-Krieg zur Wartung nach Montreal gebracht worden. Die dann verhängten Sanktionen Kanadas gegen Russland blockierten den Rücktransport. Das russische Staatsunternehmen Gazprom hatte mit der Begründung, dass die Turbine fehle, im Juni die Liefermenge durch die 1200 Kilometer lange Pipeline Nord Stream 1 von Russland nach Mecklenburg-Vorpommern drastisch gedrosselt.
Anfang vergangener Woche hatte die kanadische Regierung dann für die Lieferung von bis zu sechs gewarteten Gasturbinen eine zweijährige Ausnahmegenehmigung erteilt. Zuvor hatte sich die deutsche Bundesregierung in Ottawa für die Zulassung des Turbinenexports eingesetzt. Bundeskanzler Olaf Scholz hat die „Entscheidung unserer kanadischen Freunde und Verbündeten“ begrüßt. Scholz wird in der zweiten Augusthälfte zu Gesprächen mit Trudeau nach Kanada reisen.
Fast 1,5 Millionen Kanadier haben ukrainische Wurzeln
In Kanada ist die Entscheidung, die Auslieferung der Gasturbinen zu gestatten, äußerst umstritten. Kanada hat mit 1,4 Millionen Staatsangehörigen mit ukrainischen Wurzeln weltweit nach Russland die zweitstärkste ukrainische Diaspora. In etlichen Wahlkreisen kann die Stimme der politisch sehr engagierten ukrainisch-stämmigen Kanadierinnen und Kanadier wahlentscheidend sein. Der Ukrainisch-Kanadische Kongress UCC rief für Sonntagnachmittag zu einer Protestdemonstration in Ottawa auf. Die kanadische Regierung habe sich der russischen Erpressung gebeugt und damit einen „gefährlichen Präzedenzfall geschaffen, der zu einer Schwächung der Sanktionen“ gegen Russland führen werde, erklärte der UCC. Er forderte die Regierung Kanadas auf, die Ausnahmegenehmigung aufzuheben.
Kanada hat seit Beginn des Ukraine-Kriegs eine harte Haltung gegenüber Russland eingenommen. Die stellvertretende Regierungschefin und Finanzministerin Chrystia Freeland, die selbst ukrainische Wurzeln hat, fand scharfe Worte bei der Verurteilung des Vorgehens Russlands gegen die Ukraine. Nun unterstützt sie die Entscheidung, die Gasturbinen auszuliefern. Nach einem Treffen der G20-Finanzminister in Bali sagte sie am Freitag laut kanadischen Berichten, dass es eine schwierige Entscheidung für Kanada gewesen sei. Aber Kanada könne nicht alleine die Ukraine unterstützen. Dafür sei die Solidarität der anderen G7-Partner notwendig. „Kanada hörte sehr deutlich von unseren deutschen Alliierten, dass Deutschlands Fähigkeit, seine Unterstützung für die Ukraine aufrechtzuerhalten, in Gefahr sein könnte“, sagte sie.
Auch Trudeau hatte in den vergangenen Tagen argumentiert, die Lieferung der Gasturbinen sei eine Maßnahme, die sicherstellen solle, dass die Bevölkerung in Deutschland und anderen europäischen Ländern „weiterhin ihre Regierungen dabei unterstützt, viele Milliarden Dollar an militärischer, finanzieller und humanitärer Hilfe für das ukrainische Volk bereitzustellen, während dieses seinen Kampf gegen Tyrannei und Unterdrückung führt“.
Trudeau hat für seinen Kurs in der liberalen Partei bisher keinen offenen Widerspruch erfahren. Aber seine Regierung ist nur eine Minderheitsregierung und im Parlament auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen. Die Liberalen haben mit der sozialdemokratischen NDP im Frühjahr ein Abkommen geschlossen, das ihnen in wichtigen Fragen wie Budgetentscheidungen eine Mehrheit sichert. Aus der sozialdemokratischen Partei ist nun aber in dieser wichtigen außenpolitischen Frage deutliche Kritik zu vernehmen. Mit der Entscheidung seien Sanktionen im Grunde genommen bedeutungslos, sagte ihre außenpolitische Sprecherin Heather McPherson.
Das Parlamentskomitee wird eingeschaltet
Die konservative Opposition spricht von einem „Schlag ins Gesicht des ukrainischen Volkes“. Nun wird sich das Parlamentskomitee für Außenpolitik mit der Entscheidung befassen. In dieser Woche sollen Außenministerin Melanie Joly und Rohstoffminister Jonathan Wilkinson zu den Hintergründen befragt werden. Der Ausschuss plant auch, Deutschlands Botschafterin Sabine Sparwasser, EU-Botschafterin Melita Gabric und die ukrainische Botschafterin Yulia Kovaliv zu laden.
Die Diskussion ist geschlossen.
Ein weiteres Kapitel in dieser scheinheiligen Debatte.
Das sehe ich genau wie Wolfgang S. - das ist scheinheilig!
Wir müssen endlich selbstbestimmt mit dem Gas-Thema umgehen. Klare Kante - keinerlei Energiebezug mehr aus Ruzzland, alle Pipelines schließen. Wir werden das überstehen, wenn es auch zwei Jahre lang ein paar Probleme bereiten wird. Danach aber ist dieses Thema für uns für alle Zeiten überwunden. Ruzzland kann sein Gas dann in die Taiga zurückpumpen, während wir energie-technologisch viele Schritte weiter sein können.
Was die unten geäußerte Vermutung angeht: Nicht Deutschland pumpt Gas zurück in die Ukraine (die im Übrigen ein großer Gas-Produzent ist), sondern die Slowakei. So erspart man es der Ukraine, direkt bei Ruzzland einkaufen zu müssen.
Deutschland pumpt über Polen via Jamal Pipeline in rückwärts Modus seit geraumer Zeit Gas in die Ukraine, welches wir zuvor über Russland bezogen haben. Die Ukraine verwendet also russisches Gas, das wir ihr liefern.
Gleichzeitig will die Ukraine nicht, daß wir über Nordstream 1 weiterhin Gas von Russland erhalten und agiert vehement gegen die Lieferung der Turbine.
Der Antrag von Gazprom an den ukrainischen Gas Pipeline Betreiber, einen weiteren Strang zur Lieferung von Gas in die EU nutzen zu dürfen, hat die Ukraine seit Monaten wiederholt abgelehnt.
Was unsere ukrainischen Freunde treibt, und in Gas Not zu bringen, ist doch recht seltsam.
>>Deutschland pumpt über Polen via Jamal Pipeline in rückwärts Modus seit geraumer Zeit Gas in die Ukraine, welches wir zuvor über Russland bezogen haben.<<
Ich halte das für möglich..Doch haben Sie dafür eine seriöse Quelle?
Rimund Kamm
Nachricht an Hr Kamm: Dann rufen Sie doch Mal Hr Habeck oder den Chef der Netzagentur an, ob das mit Rückpumpen so ist, wenn Sie dafür Beweise benötigen. Die Beiden können Ihnen das sicher wortreich bestätigen. Direktbezug aus RUS lehnt ja die UA und Polen ab; aber uns zu noch härteren Sanktion zwingen zu wollen geht ja wohl aus Ihrer Sicht in Ordnung. Und dann noch Solidarität üben in dem wir auch Gas aus deu Beständen liefern.
Raimund,
es gib schon einige Quellen. Hier was Aktuelleres. Ist halt derzeit bei dem Geschrei wegen drohendem Gasmangel nicht so populär...
"Friday, 15 July 2022
Reversed gas flows through Yamal to Poland at low levels
The Kremlin’s attack on Ukraine and ongoing fighting in eastern Ukraine has unravelled not only gas markets in Europe, but also impacts on global LNG markets. Russian gas flows through the Yamal-Europe pipeline – normally headed from Russia via Ukraine to Poland and onwards to eastern Germany – are on low levels and have been reversed since the beginning of the year, TSO figures show."
Quelle: https://gastopowerjournal.com/markets/item/12862-reversed-flows-through-yamal-at-low-levels
"Gas aus Deutschland wird in die Ukraine verkauft
Trotz eines rekordniedrigen Füllstands der deutschen Gasspeicher wird der Energieträger von deutschen Firmen derzeit in die Ukraine verkauft.
Frankfurt, 28.12.2021"
Quelle: https://www.boersen-zeitung.de/kapitalmaerkte/gas-aus-deutschland-wird-in-die-ukraine-verkauft-99f22b70-67e6-11ec-b124-75e585f93ac9
Freilich wird das aktuell nicht so gerne kommuniziert. Auch nicht, dass eine Pipeline nur in eine Richtung betrieben werden kann. Seit geraumer Zeit läuft Jamal im Reverse Mode Richtung Polen und Ukraine. Daher ist es aber unlauter zu behaupten, die Russen liefern absichtlich nicht über Jamal um der EU und Deutschland zu schaden. Es geht gar nicht, weil man ja seit geraumer Zeit im Reverse Mode Gas aus der BRD in die Ukraine schickt...
Hier dann zu der über die Ukraine laufenden anderen Pipeline. Die Ukraine hat selbst die Durchleitung von russischem Gas in Richtung BRD schon vor längerer Zeit gedrosselt, obwohl Gazprom wohl mehrfach eine Erhöhung der Durchleitungsmenge beantragt hat.
"Nach Angriffen auf die Region Luhansk stoppt die Ukraine die Durchleitung von russischem Gas. Betroffen ist ein Drittel der nach Europa lieferbaren Höchstmenge."
Quelle: https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/ukraine-stellt-gas-transit-nach-europa-teilweise-ein/ar-AAX8z7V
Slava Ukraini...
Raimund, noch eine Anmerkung zu Nordstream 1 und der defekten Turbine.
Wir sind uns sicher einig, dass es sich um keine 08/15 Turbine sondern um eine speziell angefertigte auf Maß hergestellte Turbine handeln dürfte. Ansonsten würde auch die Wartung über Siemens Energy extra in Kanada keinen Sinn machen. Das muss schone etwas spezielles sein, an dem nicht jeder Dorfschmied herum dengeln kann.
Es wird technisch auch seinen Sinn haben, dass eine bestimmte Anzahl an Turbinen in einer Verdichter Station geplant und dann eingebaut wurden. Ich als Laie kann mir durchaus vorstellen, dass man eine gewisse Zeit den Ausfall einer Turbine überbrücken kann, indem man den Rest der Gerätschaften außerhalb der Spezifikationen auf Anschlags laufen lässt, aber damit erheblichen Verschleiß oder Ausfall riskiert, ähnlich einem Motor, der immer im roten Bereich des Drehzahlbandes gefahren wird.
Nicht ohne Grund, wird der Wirtschaftsminister Kanada bekniet haben, die Turbine freizugeben. Dass man vorschiebt, so dringen gehandelt zu haben, um zu zeigen, dass die Russen nicht die Wahrheit sagen, halte ich für vorgeschoben. Letztlich ist der Betreiber von Nordstream 1 gewinnorientiert und nicht verpflichtet, seine Infrastruktur auf Verschleiß zu fahren und dauerhaft zu beschädigen.
Befremdlich ist, dass die Ukraine, die von uns russisches Gas bezieht um lautstark zu behaupten, kein russisches Gas zu kaufen, jede nur erdenkliche Möglichkeit zu nutzen scheint, um die Lieferung russischen Gases in die BRD zu verhindern und uns in Bedrängnis zu bringen. Man gewinnt langsam den Eindruck, dass bewusst Druck aufgebaut werden soll. Wieso sonst sollte die Ukraine massiv in Kanada intervenieren, jetzt auch noch, um die Freigabe der Turbine rückgängig zu machen und auch mit Klagen gedroht haben. Es soll alles eskaliert werden, um selbst dann von einer Erweiterung des Konflikt zu profitieren. Freilich alles, während man Milliarden von der EU und BRD an finanziellen Hilfen erhält, schon über 750 Milliarden für einen Neuaufbau nicht erbeten, sondern gefordert hat, und auch weitere Unterstützung verlangt, die darüber hinaus geht.
Das Recht auf Selbstverteidigung ist schön und gut, doch was die derzeitige von Oligarchen beeinflusste ukrainische Regierung derzeit im Umgang mit EU und besonders der BRD liefert, ist schon beeindruckend.
Hier ein Artikel zu dem Streit und der Anhörung im Parlament in Kanada. https://www.theglobeandmail.com/canada/article-parliamentary-hearings-to-probe-canadas-decision-to-import-and-repair/
@ Andreas B.
"Raimund," Kennen wir uns persönlich? Dann bitte ich um eine persönliche Mail.
>>Quelle: https://gastopowerjournal.com/markets/item/12862-reversed-flows-through-yamal-at-low-levels<<
Der Link öffnet sich bei mir nicht und Google findet mit dem Text keine Quelle.
>>"Gas aus Deutschland wird in die Ukraine verkauft"<<
Das ist aus dem Jahr 2021 und in diesem Zusammenhang völlig überholt. Verkauf bedeutet im Übrigen auch nicht Lieferung. Lieferungen können andere Wege gehen. Z. B. über Drittländer oder aber über Verringerung von Transittransporten.
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/ukraine-stellt-gas-transit-nach-europa-teilweise-ein/ar-AAX8z7V
Das ist die leider unseriös gewordene Welt. Und von Liueferungen aus Deutschland in die Ukraine steht da nichts.
Raimund Kamm
@ Andreas B.
>>.. , dass die Ukraine, die von uns russisches Gas bezieht <<
Diese Behauptung ist nicht mit einem Zitat aus seriöser Quelle belegt.
Raimund Kamm
"Der Link öffnet sich bei mir nicht und Google findet mit dem Text keine Quelle."
Sie sollten dringend Ihr Internet reparieren lassen, Herr Kamm. Der Link funktioniert und Google findet mit "Reversed gas flows through Yamal to Poland at low levels" auch den entsprechenden Artikel.
@ Robert M.
Und was belegt dieser Artikelanriss
"The Kremlin’s attack on Ukraine and ongoing fighting in eastern Ukraine has unravelled not only gas markets in Europe, but also impacts on global LNG markets. Russian gas flows through the Yamal-Europe pipeline – normally headed from Russia via Ukraine to Poland and onwards to eastern Germany – are on low levels and have been reversed since the beginning of the year, TSO figures show."?
Haben Sie die TSO-Figures? Bitte her damit.
Raimund Kamm
"Haben Sie die TSO-Figures? Bitte her damit."
Melden Sie sich doch einfach für das "free 14 day trial" an, dann sehen auch Sie die Figures, Herr Kamm. Tut auch gar nicht weh.
@ Robert M.
Ich steige aus dem Spielchen aus. Wer etwas behauptet, sollte es auch belegen können.
Ich dachte wirklich, dafür gäbe es Belege.
RK
Das ist keine Behauptung, Herr Kamm, sondern durch den verlinkten Artikel belegt.
Daß die Aussage Ihnen nicht in den Kram passt, dafür kann ich nichts.
Die Forderungen seitens der Ukraine sind mittlerweile nur noch als Lächerlich zu bezeichnen! Nato Mitglied will ich sein Militär dafür Fehlanzeige, Eu Mitglied will ich sein Geld hab ich nicht Die Solventen Europäer zahlen schon, Gas von den Russen des darf nicht nach Europa auch wenn ein großer Teil der Bevölkerung nicht mehr Heizen kann und die Wirtschaft schwersten schaden werden nimmt, dafür muss Europa mein Land auch nacher wieder aufbauen und Waffen in Milliarden höhe will ich auch noch haben.. Und und und da kommen nur Forderungen wies uns danach geht? Interessiert keine hatten ja keinen Krieg dafür ham die unteren und Mittleren nix mehr zum fressen und vielleicht noch Großteils keine Arbeit mehr!
"Nato Mitglied will ich sein Militär dafür Fehlanzeige" - das Militär der Ukraine trotzt derzeit der selbsternannten Supermacht Ruzzland, das haben Sie schon mitbekommen, oder? Wenn ich die Wahl hätte, mich von der Bundeswehr oder der ukrainischen Armee verteidigen zu lassen, wäre das eine sehr einfache Wahl.
"Eu Mitglied will ich sein Geld hab ich nicht" - das ist wie beim Bundesland Bayern, noch bis in die 80er Jahre hinein.
"wenn ein großer Teil der Bevölkerung nicht mehr Heizen kann" - das ist natürlich Blödsinn, aber das wissen Kreml-Accounts ja eigentlich selbst. Diese Behauptung ist Teil der derzeit laufenen PR-Kampagne der Ruzzen in den sozialen Medien.