
Union will Sexkauf unter Strafe stellen


CDU und CSU sehen die Legalisierung der Prostitution als gescheitert an und fordern strengere Regeln. Taugt Schweden zum Vorbild?
Im "Bordell Europas" könnten die verführerisch blinkenden roten Lichter bald ausgehen. Denn die Union will den Kauf von Sex verbieten und das aktuell geltende Prostitutionsgesetz kippen. Ziel sei es, die betroffenen Frauen vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen. Das geht aus einem neuen Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hervor. Volker Ullrich, Mitglied des Unionsfraktionsvorstandes, sagte unserer Redaktion: "Es zeigt sich seit Jahren sehr deutlich – das Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 2002 und seine Fortschreibung aus dem Jahr 2015 haben eklatante Schwächen." Der CSU-Politiker sagte, es sei mit den Werten Würde, Gleichberechtigung und Frauenrechte nicht zu vereinbaren, "dass Frauen unter Zwang oder wirtschaftlicher Not ihren Körper wie eine Ware zum Verkauf bieten müssen".
Dabei war die rotgrüne Reform unter dem damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder durchaus aus hehren Motiven heraus erfolgt. Das angeblich älteste Gewerbe sollte endlich raus aus der Schmuddelecke, zu einem Geschäft werden, wie jedes andere auch. Mit selbstbestimmten Prostituierten, die ihre Rechte kennen und einfordern, auf der anderen Seite aber auch Sozialversicherungsbeiträge und Steuern bezahlen. So gilt der Kauf von Sex seit 2002 nicht mehr als sittenwidrig. Doch gut zwanzig Jahre später sind immer mehr Expertinnen und Politiker ernüchtert, glauben, dass die Reform ein schwerer Fehler gewesen sei. Deutschland sei zum "Bordell Europas" geworden, Menschenhandel und Zwangsprostitution blühten, und Leidtragende seien die Frauen, die meist aus Notlagen heraus ihren Körper verkauften und dabei schwerste Schäden an Körper und Seele davontrügen. Zuhälter und Bordellbetreiber dagegen verdienten in einem schmutzigen Geschäft auf Kosten der Frauen obszöne Summen.

Das "nordische Modell" bestraft die Freier, aber nicht die Frauen
Im Bundestag hatten in den vergangenen Jahren Abgeordnete gefordert, den Sexkauf nach dem "nordischen Modell" zu verbieten. In Ländern wie Schweden, Norwegen, Island und Irland gilt, dass sich strafbar macht, wer die sexuellen Leistungen einer Prostituierten gegen Bezahlung in Anspruch nimmt. Die in der Regel männlichen Freier werden also bestraft, die Prostituierten selbst bleiben straffrei. Flankiert werden die Regeln von Maßnahmenpaketen zu Aufklärung, Prävention und Opferschutz. Vor allem die SPD-Politikerin Leni Breymaier, Vorstandsmitglied des Vereins "Sisters – Ausstieg aus der Prostitution", und Unionsfraktionsvize Dorothee Bär (CSU) hatten sich zuletzt für das nordische Modell ausgesprochen.
Nun stellt sich die gesamte CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hinter die Forderung, den Sexkauf zu verbieten. Es geht darum, "menschenunwürdige Zustände in der Prostitution" zu beenden, wie es in dem Unionspapier heißt. Volker Ullrich sagte: "Wir brauchen gesetzgeberische Verbesserungen und müssen Polizei und Sicherheitsbehörden besser ausstatten, damit Menschenhandel als Kontrolldelikt überhaupt greifbar wird und Hintermänner gefasst werden können. Mutmaßliche Täter, Zuhälter und Schlepper können sich nicht länger hinter dem Vorwand der Freiwilligkeit und Legalität der Prostitutionsausübung verstecken."
Volker Ullrich, CSU: Sicherheitsbehörden müssen sich länderübergreifend vernetzen
Einen Fortschritt, so Ullrich weiter, könne das nordische Modell aber nur erzielen, "wenn zeitgleich weitere Schutzmaßnahmen festgelegt und eine länderübergreifende Vernetzung der Sicherheitsbehörden forciert werden". Zusätzlich müssten Organisationen gestärkt werden, die Frauen Hilfen zum Ausstieg bieten. Persönlich trete er auch "für eine bundesweite Abschaffung der würdelosen Straßenprostitution ein". Aus Ullrichs Sicht wäre dies wichtiger erster Schritt, der leicht umzusetzen und zu kontrollieren wäre.
Danach sieht es indes nicht aus. Zwar sieht auch Bundeskanzler Olaf Scholz Handlungsbedarf, um die Prostitution in Deutschland einzuschränken. Prostitution sei schlimm und sei oft mit Missbrauch, Gewalt und kriminellen Strukturen verbunden, sagte der SPD-Politiker bei der jüngsten Regierungsbefragung im Bundestag. Man dürfe Prostitution nicht als Normalität akzeptieren. "Ich finde es nicht akzeptabel, wenn Männer Frauen kaufen. Das ist etwas, was mich moralisch immer empört hat", sagte Scholz. Doch die offizielle Position der SPD ist bislang lediglich ein schärferer Kampf gegen Ausbeutung und Menschenhandel, nicht aber ein Verbot der Prostitution. Auch die Grünen und die FDP lehnen das nordische Modell ab, sie fürchten, dass die Probleme dadurch nur noch weiter ins Dunkelfeld gedrängt würden.
Kommen mit einer neuen Bundesregierung neue Regeln?
Zwar sitzt die Union aktuell in der Opposition, führt jedoch in den aktuellen Umfragen zur Wählergunst. So scheint nicht ausgeschlossen, dass eine mögliche künftige Bundesregierung unter Führung der Union das Rotlicht in Deutschland ausknipst.
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Die Prostitution wird trotz Verbot weiter bestehen bleiben.
Dann verschwinden die Damen aber ohne jeglichen Schutz und soziale Absicherung wieder wie früher im Dunkeln und sind aber nicht mehr wirklich erreichbar für Sozialarbeit und Ordnungbehörden. Keine gute Lösung. Vielmehr muss daran gearbeitet werden, dass Zwang zurückgedrängt wird und die Damen NICHT "im Dunkeln" verschwinden.
Gewiss kein einfaches Thema. Ein Verbot verbessert die SItuation der Damen jedoch nicht. Es würde die Situation eher verschlimmern.
Bei der Union hat man wohl noch nie von der amerikanischen Prohibition gehoert. Dadurch sind Gangster wie Al Capone erst gross geworden. Wenn man das aelteste Gewerbe der Welt verbietet, wird gar nichts besser. Es entzieht sich dann der Kontrolle und vieles wird dadurch schlechter. Und wer gibt eigentlich die Moral vor, welche ein Verbot noetig machen soll ? Die Institution hinter dem C der Union waere wohl ein Witz.
Typisch Fraktion Moralapostel. Anstatt sich den durchaus vorhandenen Problemen zu stellen und Lösungen zu finden, wählt man die populistisch einfachste Maßnahme: Ein Verbot! Bei solchen Themen aus der "Schmuddelecke" kommt das besonders gut, weil man ja angeblich Moral und Sitte auf seiner Seite hat. Die Probleme die sich daraus ergeben (unter anderem die Abwanderung vollständig in kriminelle Hände und ins Ausland) ignoriert man gekonnt oder überlässt sie halt anderen Ländern. Sieht man ja auch an der Haltung der Union zum Thema Cannabis. Gedacht von zwölf bis Mittag. Die grundlegende Annahme Verbote würden Dinge verhindern ist irrsinnig. Dinge passieren, ob man sie verbietet oder nicht. Es ist nur im jeweiligen Fall abzuwägen, welche Herangehensweise aus Gesamtsicht die beste Variante ist.
Ich kann den Kommentaren hier nicht folgen. Prostitution ist weder moralisch Gut noch gesellschaftlich Wichtig. Es handelt sich überwiegend um kriminelle Ausbeutung von Frauen aus Osteuropa und Asien, die für wenig Geld sich verkaufen müssen, während ein Beschützer oder Vermieter oder wie auch immer die Zuhälter bezeichnet werden, davon reich wird. Und das unter dem Mantel von Legalität hier in Deutschland.
Wenn Sie die schüchternen, behinderten und hässlichen einem unfreiwilligem Zölibat unterwerfen wollen, dann ist Postitution gesellschaftlich nicht wichtig. An der katholischen Kirche sieht man allzu gut, was passiert, wenn die Mitarbeiter ihren natürlichen Sexualtrieb lebenslang unterdrücken sollen.
Hier in Deutschland hätten Prostituierte unter strengen gesetzlichen Regelungen noch am ehesten eine Chance auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Es ist Heuchelei, den Dreck vor der eigenen Tür zu der des Nachbarn zu kehren. Dann blüht eben der Menschenhandel im benachbarten Ausland unter weitaus größerem menschlichen Elend.
Liebe Erika, die Prostitution wurde aus gutem Grund entkriminalisiert. Es ging nicht um die Freier, die Vermieter oder andere Personen. Es ging alleine darum, die Damen aus der Schmuddelecke in versteckten stinkenden Räumen herauszubekommen, ihnen Zugang zur Sozialversicherung mit entsprechender Absicherung bei Krankheit und für das Alter zukommen zu lassen und entsprechend Gewalt, etc. entgegenzuwirken, die bei versteckter Tätigkeit eher gegeben ist als bei gesetzlich zulässiger Tätigkeit.
Die Heuchelei daran ist ja, dass der deutsche Gesetzgeber Sexarbeiter niemals gut geschützt und in die Ecke eines Freiberuflers gedrängt hat, vorsätzlich nicht für angenehme Arbeitsbedingungen gesorgt hat. Die Moralapostel, die sich über Prostitution entrüsten, leben ganz zufällig meist in festen Beziehungen. Es gibt nun mal Menschen, die schüchtern, extrem unattraktiv oder krank sind, keinen Partner finden, also am besten lebenslang auf körperliche Nähe verzichten. Und im übrigen, wenn jemand einen 30 jahre jüngeren Partner heiratet, weil sein Vermögen ihn/sie attraktiv macht, ist das dann legale Prostitution oder muss das auch verboten werden?
Was passiert beim "Nordischen Modell" ? Die Freier machen Sexurlaub in armen Ländern, wo niemand auf die Menschenrechte Rücksicht nimmt, also wird das menschliche Elend nur exportiert und sogar verschlimmert.
Prostitution muss zu einem normalen unselbständigen Tätigkeit mit Anspruch auf Arbeitslosen- Renten und Krankenversicherung werden. Jede(r) Prostituierte(r), der als Arbeitnehmer registriert ist, genießt einen ganz anderen Schutz, als jemand der dann zum Schwarzarbeiter wird.
Sieht man wieder absoluteter Populismus Schmarren der UNION. Das Ganze wird nur damit in andere Länder verlegt! Also die UNION sollte doch bitte erst mal ihr Hirn einschalten und das Ganze zuende denken. Vielleicht helfen ja auch mal etwas Info aus Schweden über die Folgen eines solchen Gesetzes abzufragen!
Prostitution hat es schon im Altertum gegeben. Selbst in Ländern in denen sie formell verboten ist, gibt es sie wie z.Bsp. USA. Wenn man sie verbietet wandert das Ganze in den Untergrund endgültig ins kriminelle Milieu. Der Plan wird wohl eine Eintagesfliege werden. Aus Schweden fliegen eben die Männer in die Baltischen Staaten... .
Das Spektrum der Sexarbeit ist breiter als der Horizont von Volker Ullrich und Dorothee Bär. Fragen Sie z.B. mal Menschen mit schwerer Körperbehinderung...Unbenommen, dass die bisher liberale deutsche Gesetzgebung in Kombination mit der Bewegungsfreiheit in der EU nicht gut zusammen geht.