Das „Vorendspiel“
Vor dem Gipfel zwischen Dortmund und Bayern verzichten beide Klubs auf die lauten Töne. Ausgangslage verheißt Nervenkitzel: Eine Serie wird enden
Dortmund Erster gegen Zweiter, Meister gegen Rekordmeister, juveniles Kollektiv gegen routiniertes Starensemble – der Gipfel zwischen Borussia Dortmund und Bayern München wird zum Kampf um die Vorherrschaft im deutschen Fußball. Rund einen Monat vor dem Pokalendspiel stehen sich die beiden Topklubs heute (20 Uhr/Sky) auch in der Bundesliga in einer Partie mit Finalcharakter gegenüber.
TV-Übertragungen in über 200 Länder und 450000 Kartenbestellungen dokumentieren das immense Interesse. „Es treffen zwei Mannschaften aufeinander, die klasse Fußball spielen. Deswegen können die Fans im Stadion und an den Bildschirmen ein großes Spiel erwarten“, prophezeite Bayern-Trainer Jupp Heynckes am Tag vor dem gehypten Duell. Der 66-Jährige hat seit Beginn seiner Trainerkarriere im Jahr 1979 schon viel erlebt, aber bei den Fragen zum Spitzenspiel huschte auch Heynckes das eine oder andere Lächeln über das Gesicht. „Je näher die Anstoßzeit kommt, steigt auch die Spannung. Das ist bei den Spielern, bei den Offiziellen und auch beim Trainer gleich“, sagte der Bayern-Trainer, der aber an eine Entscheidung in der Meisterschaft erst am letzten Spieltag glaubt.
Die Ausgangslage verheißt Nervenkitzel. Erstmals seit Einführung der Drei-Punkte-Regel haben nach dem 29. Spieltag zwei Teams 63 Punkte und mehr auf dem Konto. Die um drei Zähler besseren Dortmunder sind in der Bundesliga seit 23 Spielen ungeschlagen, den Münchnern gelangen wettbewerbsübergreifend neun Erfolge in Serie. Nicht zuletzt deshalb erwartet Christian Nerlinger einen großen Festtag für Fußballfans. „Es treffen die beiden überragenden Mannschaften der Saison aufeinander“, kommentierte der in Dortmund geborene Münchner Sportdirektor.
Selbst der ansonsten nicht zum Überschwang neigende BVB-Präsident Reinhard Rauball sprach von einem „Vorendspiel“ – und die Spieler freuen sich sowieso. „Für solche Spitzenspiele spielt man Fußball“, frohlockte Bayern-Kapitän Philipp Lahm. Der größere Druck lastet auf Verfolger FC Bayern. Im Falle einer Niederlage würde der Abstand zur Borussia auf sechs Punkte anwachsen. Noch nie hat der Tabellenführer einen solchen Vorsprung nach dem 30. Spieltag seit Einführung der Drei-Punkte-Regel noch verspielt.
Von solchen Rechenspielen hält BVB-Coach Jürgen Klopp jedoch wenig: „Natürlich ist es unser Ziel, am Mittwochabend mit sechs Punkten vorn zu liegen. Aber ich kann nicht erkennen, dass es eine Vorentscheidung wäre.“ Im Falle einer Niederlage droht der Borussia jedoch der Verlust der am 20. Spieltag eroberten Tabellenführung.
„Die stehen genauso unter Druck wie wir“, hob Heynckes hervor und verwies auf die Premiumqualität in seinem Team. „Natürlich muss sich Dortmund auch viele Gedanken über unser Spiel machen. Wenn ich sehe, was wir für Fußballer im Mittelfeld haben oder vorne, dann würde mir das schon Kopfschmerzen bereiten.“ Auf die im Vergleich zum Vorjahr leiser gewordenen bis fast schon verstummten Kampfansagen aus München reagierte Rauball gelassen: „Durch vermehrtes Aufpusten der Backen wird man nicht glaubhafter. Ich bin lange genug im Geschäft und habe verstanden, dass man am Mikrofon keine Punkte bekommt.“ Der Respekt der Münchner vor dem aufstrebenden Gegner ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Schließlich gingen die letzten drei Partien gegen den BVB verloren. Vier Siege in Serie über die Münchner gelangen bisher nur Werder Bremen unter der Regie von Otto Rehhagel in den Jahren 1991 bis 1993.
Rechtzeitig zum Megahit meldete sich BVB-Jungstar Mario Götze zurück. „Mario ist ein Ex-Langzeitverletzter. Er hat keine Probleme mehr“, sagte Trainer Klopp am Dienstag. Allerdings berief der Coach den von einer Schambeinentzündung genesenen Nationalspieler nicht in den Kader für das Bayernspiel.
So wollen sie spielen
Dortmund Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer – Kehl, Gündogan – Blaszczykowski, Kagawa, Großkreutz – Lewandowski
FC Bayern Neuer – Lahm, Boateng, Badstuber, Alaba – Luiz Gustavo, Kroos – Robben, Müller, Ribéry – Gomez
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