Hoeneß mischt sich mit seiner Kritik am DFB aggressiv in einen Streit ein, der keiner ist. Der Auftritt des Präsidenten nährt die Sichtweise: Gut, dass bald November ist.
Sollte Uli Hoeneß tatsächlich ein Ziel verfolgt haben, hat er es nicht einfach nur verfehlt. Er hat sich angestellt, als hätte man ihm eine Waffe in die Hand gegeben, ihm die Augen verbunden, auf dem Drehstuhl kräftig angeschubst und dann gesagt: Jetzt triff! Hoeneß feuerte am späten Mittwochabend eine Salve ab, die alles und jeden traf – nur nicht das Ziel.
Ein Torwart ist immer unzufrieden
Er kritisierte den DFB im Allgemeinen, Joachim Löw speziell und Marc-Andre ter Stegen explizit. Der Grund: Jene Leistungsgesellschaft, für die im deutschen Fußball keiner symbolhafter steht als Hoeneß selbst. Ter Stegen hatte sich unerhörter Weise nach dem vergangenen Länderspiel unzufrieden über seine Situation geäußert. Er würde gerne häufiger im Nationaldress im Tor stehen. Manuel Neuer und ter Stegen können beide mit einigermaßen vernünftigen Argumenten für sich in Anspruch nehmen, der beste Torwart Deutschlands zu sein.
Dummerweise lässt sich mit Doppel-Sechs und Flügelpaaren, nicht aber mit Zweier-Keeper spielen. Einer also ist immer unzufrieden – allerdings fällt diese Rolle seit Jahren ausschließlich dem Rückhalt des FC Barcelona zu. Ter Stegen hat sich nicht despektierlich über Neuers Leistung geäußert, sondern schlicht festgestellt, dass die Situation unbefriedigend ist. Hoeneß’ Sichtweise, dass ter Stegen aber doch bitte keine Ansprüche anzustellen habe, verquert das Prinzip Profifußball.
Hoeneß fordert die Presse auf, Partei für Neuer zu ergreifen
Dass der Präsident dazu auch noch den Bundestrainer angreift, weil dieser nicht mäßigend in eine – ausschließlich von Bayern-Verantwortlichen – Diskussion eingreift, ist absurd. Neuer hat die WM gespielt, obwohl er zuvor lange Zeit verletzt war. Er stand auch seitdem in den wichtigen Partien im Tor. Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft sollte nicht mehr an Vertrauensbeweisen benötigen.
Schließlich forderte Hoeneß auch noch die süddeutsche Presse aus, Partei für Neuer zu ergreifen. Schließlich würde es die westdeutsche ja auch für ter Stegen machen. Vielleicht war das gedankenlos geschwätzt. Das wäre zwar reichlich eigenwillig, kann aber passieren. Sollte sich Uli Hoeneß aber Gedanken über seine Wortwahl gemacht haben, müsste über ein arg seltsames Verhältnis bezüglich journalistischem Wirkens geredet werden.
Hoeneß hat mit seiner Salve vor allem sich selbst getroffen. Die Symptome mehren sich, dass sein für November angekündigter Rückzug die richtige Wahl ist.
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