Keine Schanz
Der ERC Ingolstadt steckt in der Herbstkrise. Warum ist das so? Eine Spurensuche.
Fünf Pleiten aus sechs Partien, nur drei von 18 Punkten, abgerutscht vom zweiten Tabellenplatz auf Rang sechs. Das Papier mit den nackten Zahlen lässt sich drehen und wenden wie man will, um eine Erkenntnis wird man beim ERC Ingolstadt derzeit nicht umher kommen: die Panther stecken in einem Tief. Was läuft falsch? Wir haben die Baustellen analysiert:
Defensivverhalten: Die einstige Festung der Schanzer ist löchrig geworden. Hinten wirkt der ERCI oft orientierungslos, was den Gegnern zuletzt einfache Tore nach Abstaubern oder Querpässen ermöglichte. „Wir müssen unseren Goalies mehr helfen“, sagt Tyler Kelleher. Das Deckungsverhalten der Stürmer in der eigenen Zone bezeichnet Trainer Doug Shedden als „schrecklich“. Ein Blick in die Statistik spricht Bände: Stellten die Panther mit nur 33 Gegentreffern nach 16 Spieltagen zwischenzeitlich die beste Verteidigung der Liga, ist ein Gegentorschnitt von 4,3 aus den vergangenen sechs Begegnungen schlicht inakzeptabel.
Auch im Aufbau zeigt Ingolstadt - gerade unter Druck momentan Schwächen. „Die meisten Teams spielen die Scheibe gegen uns tief und gehen dann nach“, erklärt Shedden. „In dieser Situation haben wir zurzeit oft einen ‘Fremdgänger’ in den Reihen. Das führt dazu, dass wir den Puck nicht schnell genug raus bringen.“
Systemtreue: Doug Shedden hat eine präzise Vorstellung von modernem Eishockey: Das unorthodoxe Pressing (genannt: 1-3-1-Forecheck) soll die neutrale Zone abdichten wie einen Pfropfen. Beim Umschaltspiel seiner auf Tempo ausgelegten Mannschaft hilft ein Verteidiger als vierter Stürmer aus. Setzt jeder dieses System um, braucht sich der ERCI vor keinem Team zu verstecken. Tanzt aber auch nur ein Akteur aus der Reihe, sind die Panther konteranfällig, Sheddens offensive Spielweise wird dann zum Bumerang. Das geschah zuletzt immer häufiger.
„Wir verlieren die Scheibe viel zu oft an der blauen Linie und lassen den Gegner dann schnell umschalten, weil wir in der Rückwärtsbewegung nicht die richtigen Leute abholen“, sagt Shedden, der auch weiß, dass sich Trainerkollegen – gerade in Zeiten von Videoanalysen bereits in der Drittelpause - – mittlerweile auf sein System eingestellt haben.
Disziplin: Der ERCI leistet sich zuweilen unnötige Strafen, so etwa Thomas Greilingers Beinstellen in der Verlängerung gegen Iserlohn, das letztlich zur Niederlage führte. „Zu Beginn der Saison war unsere Disziplin fantastisch. Davon sind wir ein wenig abgerückt. Eishockey dreht sich nicht mehr darum, wer härter ist“, kritisiert Shedden. Hinzu kommt, dass das Unterzahl seines Teams ligaweit das statistisch drittschlechteste ist.
Kopfsache: „Wenn du ein paar mal nicht gewinnst, dann läuft alles ein wenig schwerer“, sagt Greilinger. Das merkt man dem gesamten Team an: Zu Beginn der Saison trafen alle Reihen durchgehend, hielt vor allem Reimer sensationell, wurden auch Partien gewonnen, die nicht ganz so fein anzuschauen waren. Der ERCI stand mit Platz zwei deutlich über dem Soll, kurzum: alles lief perfekt. Aktuell spielen die Panther nicht zwingend schlecht, aber die Leichtigkeit ist ein wenig verschwunden, die Torhüter derzeit kein großer Faktor und Top-Scorer Mike Collins seit sechs Partien torlos. Auffällig: in den vergangenen sechs Partien geriet Ingolstadt stets mit 0:1 in Rückstand. Nicht selten folgte die Brechstangen-Taktik: zu viele Einzelaktionen, zu wenig Miteinander. „Aus welchem Grund auch immer sind wir nach der Pause ein wenig eingerostet“, sagt Shedden. „Wir müssen wieder härter arbeiten als der Gegner.“
Gegner: Gegen die Fischtown Pinguins erwartet die Panther heute (19.30 Uhr) ein Sechs-Punkte-Heimspiel. Bremerhaven rangiert drei Zähler hinter dem ERCI auf Platz sieben. Fehlen werden Tim Wohlgemuth (U-20-WM), Darin Olver (Rücken) und auch Vili Sopanen, von dem sich der Verein gestern trennte.
Personal: Streift sich Colton Jobke heute zum letzten Mal das Panther-Dress über? Der Probevertrag des Verteidigers läuft heute aus. Angesprochen auf den Verhandlungszwischenstand, blieb der Verein schmallippig: „Nichts Neues.“
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